Fast Spielfilmlänge hatte die Debatte des Basler Kantonsparlaments über die Filmförderung. Am Ende stimmte die Mehrheit für eine substanzielle Erhöhung von 300’000 auf 900’000 Franken pro Jahr. Basel-Stadt muss jetzt darauf hoffen, dass die neue Baselbieter Regierungsrätin Monica Gschwind nicht noch die Handbremse zieht.
Filmreif war sie nicht immer, die Debatte im Grossen Rat. Dramatisch? Ein bisschen. Komisch? Eher unfreiwillig. SVP-Grossrat Heinrich Ueberwasser nutzte seine Redezeit, um seinen Sonntagabend aufzuarbeiten, vom «Tatort Nürnberg» zu schwärmen und von Guy Morin einen «Tatort Basel» zu wünschen.
Weitaus substanzieller, so substanziell wie die Beiträge, die verhandelt werden sollten, äusserten sich immerhin die meisten anderen Volksvertreter zum Thema. In Spielfilmlänge (wie Joël Thüring treffend feststellte) debattierten die Grossrätinnen und Grossräte über Sinn und Unsinn einer Verdreifachung der Kantonssubventionen. Statt 300’000 Franken (bisher) sollen künftig 900’000 Franken der Filmszene zugutekommen. Das die Absicht des Regierungsrats und der Mehrheit der Bildungs- und Kulturkommission.
Auch bürgerliche Politiker sprachen sich für mehr Subventionen aus
Das Finale offenbarte schliesslich, dass 60 Volksvertreter dafür waren, 30 dagegen. Dass sich gleich zwei Drittel im Grossen Rat für die substanzielle Erhöhung der Filmförderung entschieden, zeichnete sich im Laufe des Morgens ab. Denn auch bürgerliche Politiker äusserten ihre Sympathien für die Basler Filmschaffenden. Einigen, wie etwa SVP-Grossrat Roland Lindner, war an einer Infoveranstaltung klargeworden, dass es sich bei Filmproduzenten um KMU handle, um Leute, die Risiken eingehen und mit ihrer Arbeit echt etwas bewegen würden. Was Philipp Cueni, der im Vorfeld als Schnittstelle zwischen Filmszene und Politik geweibelt hatte und die Debatte auf der Tribüne mitverfolgte, sicherlich mit Genugtuung erfüllte.
Und mit Michael Koechlin bekannte ein LDP-Mitglied am Rednerpult ganz klar Farbe: Der frühere Kulturchef sprach sich für die Erhöhung aus, es gelte, ein «krasses Missverhältnis im Bereich der Kulturförderung zu korrigieren». Damit widersprach er der Empfehlung seiner Fraktionschefin Christine Wirz von Planta, die dafür plädierte, dass sich Basel kulturpolitisch auf seine «jahrzehntelangen» Stärken besinnen soll. Damit meinte sie Orchester, Museen, Theater. Das Filmschaffen rückte sie in die Nähe der Jugendkultur – und offenbarte damit ein eher rückwärtsgewandtes Kulturverständnis.
Thüring und Bernasconi streiten über Nutzen der Kreativwirtschaft
Dass der Film in der Region mehr gefördert werden müsse, damit hätte sich sogar Joël Thüring (SVP) abfinden können. Als Vertreter der Kommissionsminderheit aber war für ihn klar, dass vor allem Baselland aufstocken müsse. 350’000 Franken pro Halbkanton, das wäre in seinen Augen gerecht und ausreichend gewesen. «Mehr würde für unseren Kanton einen massiven Subventionsanstieg bedeuten. Eine Aufwertung – quasi ein Hollywood en miniature – wäre damit aber trotzdem nicht möglich», sagte Thüring.
Seine Kontrahentin im Saal, Kommissionssprecherin Martina Bernasconi (GLP), betonte in ihrem Plädoyer, dass hier nicht einfach nur über eine Erhöhung abgestimmt werde – es gehe vielmehr um alles oder nichts. «Will Basel eigene Filme fördern oder nicht?» Bernasconi warnte vor dem Brain Drain, der Abwanderung eines Teils der Kreativwirtschaft. Und sie verwies auf den wirtschaftlichen Nutzen des Fördermodells: Jeder Subventionsfranken, den Basel hier investiere, fliesse wieder in die Region zurück. Auch Martin Lüchinger (SP) erwähnte die Hebelwirkung – und bemängelte die bisherige Förderung: «Es kann doch nicht sein, dass der Maximalbeitrag bei einem Spielfilm auf 50’000 Franken limitiert ist.»
Der wirtschaftliche Nutzen war für die bürgerliche Rechte fragwürdig, die Bedeutung dieser Kreativwirtschaft sei nicht nachgewiesen, auch mit mehr Geld würde aus Basel kein Hollywood, so die Meinung der stramm bürgerlichen Räte. Einige Votanten versuchten die geschlossen auftretende Linke zusätzlich in Verlegenheit zu bringen, indem sie auf das Sparpaket verwiesen. Und auf die anstehende Demonstration heute Mittwoch. «Sie dürfen draussen den Staatsangestellten erklären, warum in Zeiten des Sparens das ohnehin hohe Kulturbudget erhöht wird!», mahnte Luca Urgese (FDP).
Eine Stärkung des Standorts
Osi Inglin (CVP) wies darauf hin, dass die zusätzlichen 600’000 Franken im laufenden Jahresbudget eingestellt und so auch vom Grossen Rat verabschiedet worden seien. Die Kritiker hätten damals keinen Antrag gestellt, diesen Betrag zu kürzen.
Inglin erwähnte zudem – wie auch Regierungspräsident Guy Morin – die anstehende Verschiebung von SRF Kultur von Zürich nach Basel, die sich im Gundeli niederlassen wird. Eine Chance, so wie die Stärkung der Filmszene auch.
«Immer wieder hören wir die Klage, dass Basel kaum im Fernsehen vorkomme», sagte Morin. «Wenn die Filmproduktion fortzieht, dann würden auch Inhalte, Bilder, Botschaften abwandern.»
Dass der Return on Investment doch gerade auch freisinnigen Geistern gefallen sollte, darauf pochte Ruedi Rechsteiner (SP) in einem auffallend flammenden Plädoyer. «Zürich ist nicht rot-grün regiert, weshalb also investiert man dort Millionen in den Film? Weil dort ein merkantiles Verständnis vorhanden ist», sagte Rechsteiner. Und wandte sich an den liberalen Flügel: «Herr Urgese, Sie wollen nicht Geld nach Basel holen, das in Zürich ist? Ich aber will genau das!»
Jetzt sind das Baselbiet und die Filmer in der Pflicht
Und mit ihm wollte das also zwei Drittel der Grossrätinnen und Grossräte. Die Basler Filmlobby Balimage zeigt sich erfreut über das Resultat – und nimmt sich selbst in die Pflicht: «Es liegt jetzt an uns Filmemacherinnen, mit guten Projekten die Fördergremien zu überzeugen. Die Basler Filmszene wird sich engagieren, damit man in vier Jahren eine positive Bilanz ziehen kann.»
Ein kleines Fragezeichen bleibt dennoch, wie Guy Morin eingestand. Zwar muss im Baselbiet nicht der Landrat über den Baselland-Anteil abstimmen (bisher 200’000, neu 350’000 Franken), da die Filmsubventionen Teil der Kulturvertragspauschale sind. Das Geld sei bereitgestellt. Doch noch scheint ungewiss, wie sich die neue Regierungsrätin Monica Gschwind, die auch für kulturelles.bl verantwortlich sein wird, dazu verhält. Als nächstes wird das Filmfördermodell ausgearbeitet, im Herbst dann voraussichtlich verabschiedet. Sollte die Baselbieter Regierungsrätin aber nicht mitziehen, müsste Morin neu verhandeln.