Guy Ritchie lässt die Bombe platzen

In «The Man from U.N.C.L.E.» gibt Guy Ritchie vier Jahre nach «Sherlock Holmes» sein Regie-Comeback. Die Spionagekomödie gibt alles, was der Kalte Krieg zu bieten hat: Altnazis in Rente, Wettrüsten um die Bombe und eine Menge «gute Ami, böser Russe»-Klischees.

Ilya Kuryakin (links) und Napoleon Solo (rechts): dynamisches Duo im Namen der Verbrechensbekämpfung.

(Bild: © 2015 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

In «The Man from U.N.C.L.E.» gibt Guy Ritchie vier Jahre nach «Sherlock Holmes» sein Regie-Comeback. Die Spionagekomödie gibt alles, was der Kalte Krieg zu bieten hat: Altnazis in Rente, Wettrüsten um die Bombe und «Ami vs. Russe»-Klischees.

Guy Ritchie hatte gute Chancen darauf, eine steile Karriere als Regisseur hinzulegen. Sein Debüt gab der Engländer 1998 mit «Lock, Stock and Two Smoking Barrels». Der Streifen war an den Kassen und beim Publikum ein voller Erfolg und revolutionierte, rückblickend betrachtet, den englischen Gangsterfilm. Er vereinte tarantinoesque Elemente mit der Rohheit der britischen Kleinkriminellenszene und führte vor, was zu Merkmalen eines typischen Guy-Ritchie-Films werden sollte: schnelle Schnitte, mehrere ineinandergreifende Handlungsstränge, hektisches Narrativ, ein Erzähler aus dem Off und ein unerwarteter, humorvoller Schluss.

Zwei Jahre darauf folgte in derselben Tradition «Snatch», für den Brad Pitt sich einen dermassen unverständlichen irischen Akzent zulegte, dass man sich sehnlichst Untertitel wünschte. Wie Ritchies Erstling erlangte auch «Snatch» Kultstatus, Kritiker bemängelten allerdings, dass sich die beiden Filme in Handlung und Erzählweise zu sehr ähnelten.

Im Bett mit Madonna

Dann wendete sich das Blatt, und zeitgleich mit seinem Anbandeln mit Madonna ging es für Ritchie künstlerisch abwärts. Seine Karriere stagnierte, er machte eher als Accessoire seiner Ehefrau Schlagzeilen. Nach der Heirat im Jahr 2000 drehte er vorwiegend Filme mit und für seine Madonna: das Musikvideo zu «What It Feels Like for a Girl», einen Werbe-Kurzfilm für BMW sowie die unvergessen schlechte Rom-Com «Swept Away», die zeigte, dass Ritchie besser bei seinen Knarren und Diamanten bleiben sollte. Der Weg nach unten setzte sich mit «Revolver» und «RocknRolla» fort.

Zuletzt drehte er «Sherlock Holmes»-Filme, allerdings nicht die besseren aus Britannien, sondern die mauen aus Hollywood. Mit mässigem Kritikererfolg. Die ehemalige Hoffnung für den europäischen Actionfilm schien in einer Sackgasse angelangt zu sein.

Vier Jahre später ist Ritchie zurück hinter der Kamera und widmet sich endlich wieder seinem Lieblingsstoff, dem Crime-Genre. «The Man from U.N.C.L.E.» ist ein Reboot der gleichnamigen US-TV-Serie aus den 60ern.

Warme Bruderschaft im Kalten Krieg

Die Engländer hatten ihren MI6 und James Bond, die USA erfanden als Antwort darauf U.N.C.L.E. (United Network Command for Law and Enforcement), Napoleon Solo und Ilya Kuryakin. Der Amerikaner und der Russe waren Geheimagenten einer globalen Organsiation und retteten mit ihrer Kompetenz, Schlagfertigkeit und Coolness während 105 Episoden die Welt vor dem sicheren Untergang. 

Der Film ist eine Neuadaption des Stoffes für die Kinder der Generation Y, die nicht mit dieser TV-Serie aufgewachsen sind. KGB-Kuryakin (Armie Hammer) und CIA-Solo (Henry «Superman» Cavill) sind keine Freunde, die sich im geheimen Hinterzimmer einer New Yorker Schneiderei ihre Aufträge abholen. Vielmehr werden sie für ihren ersten gemeinsamen Auftrag zwangsverpartnert und müssen erst noch lernen, sich zu mögen. Eins bleibt aber gleich: Es geht um das Überleben der Menschheit! Ein faschistischer Verein um Victoria Vinciguerra will durch den Bau einer Atombombe die beiden Supermächte USA und die UdSSR lahmlegen. Die zwei Spione Napoleon Solo und Ilya Kuryakin haben den Auftrag, dies zu verhindern und die Bombe zu entschärfen. Die Suche führt sie vom Berlin der DDR-Zeit nach Rom.



In der Höhle der Löwin: Victoria Vinciguerra ist die Rädelsführerin eines Altfaschistenclubs.

In der Höhle der Löwin: Victoria Vinciguerra ist die Rädelsführerin eines Altfaschistenclubs. (Bild: © 2015 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

So weit, so klassisch: Das ist der Stoff, aus dem zahlreiche Agentenfilme wie die Bond-Filme oder «Mission Impossible» gemacht sind. Guy Ritchie schafft es, aus dem zugegebenermassen leicht überstrapazierten Schema (verschollener Nazi-Wissenschafter hilft einer fanatischen Bewegung beim Atombomben-Wettrüsten) eine Spionenkomödie zu machen, die unterhält.

Der Film ist nicht ganz so hektisch wie «Lock, Stock and Two Smoking Barrels» und weniger gewalttätig als «Snatch», trotzdem trägt er eindeutig Ritchies Handschrift. Ungewohnt stylisch für einen Ritchie-Film liegt der Schwerpunkt der Produktion auf Kleidung und ausstatterischen Details. Vespas und Mode sind wichtiger als eine akkurate Darstellung der sozialen Lage während des Kalten Kriegs. Ost- und West-Berlin wirken kulissenhaft, das Rom, in dem sich die Protagonisten auf die Suche nach der Bombe machen, könnte genausogut aus einem Fellini-Film stammen. In einer leuchtend farbigen Bilderbuchversion der Swinging Sixties spionieren und prügeln sich die Geheimagenten durch die Welt. Weniger gentleman-like als James Bond, dafür ohne klamaukige Gadgets und mit cooleren Sprüchen. Der Schlagabtausch zwischen dem «Cowboy», wie Kuryakow den Amerikaner nennt, und «Peril», wie dieser liebevoll vom Ami angesprochen wird, ist so schnell wie die Schnittfolge zwischen den Szenen.

Der Soundtrack überzeugt, so wie bei Ritchies ersten Filmen. Auch hier macht sich Tarantinos Einfluss bemerkbar.



Geheimdienstler beim gemeinsamen Spionieren.

Geheimdienstler beim gemeinsamen Spionieren. (Bild: © 2015 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

Die Suche nach der Bombe führt die beiden Spione Solo und Kuryakin auf nächtliche Erkundungstouren in Satellitenfabriken, Rennbahnen und auf eine abgelegene Insel. Bei wilden Verfolgungsjagden, Plot-Twists und Verwirrspielen um Personen kann Ritchie zeigen, was er kann: einem doch eher flachen Drehbuch Spannung verleihen. Momoll, ein gelungenes Comeback.

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«The Man from U.N.C.L.E.» läuft ab dem 13. August in den Deutschschweizer Kinos.

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