Nach 30 Jahren in Schaffhausen stellen die Hallen für Neue Kunst den Betrieb ein: Die Gründer Urs und Christel Raussmüller verlegen ihre Collection nach Basel.
Schaffhausen ist um eine Kulturinstitution ärmer. Die Hallen für Neue Kunst schliessen nach genau 30 Jahren die Tore. Das führende Museum für die Kunst der Umbruchszeit nach 1965 geht der Kunstwelt aber nicht verloren. Die Gründer Urs und Christel Raussmüller wollen die «Hallen» in Basel «in veränderter Form mit neuen Perspektiven zur Geltung bringen», schreibt die Raussmüller Organisation in einem Communiqué. Der Entscheid sei nach «sorgfältigen Erwägungen und nach Gesprächen mit Stadt und Kanton» gefallen, heisst es weiter.
In einem persönlichen Statement auf der Website der Organisation begründen die Raussmüllers den Schritt: «Nach 30 Jahren kultureller Wirkung erweisen sich die Schwächen des institutionellen Fundaments als so einschränkend, dass die Zukunft der ‹Hallen› am Standort Schaffhausen nicht mehr gewährleistet werden kann.»
Der unmittelbare Auslöser für die Verlagerung seien ein Urteil des Schaffhauser Obergerichts in einem Prozess auf Herausgabe des Beuys-Werks «Das Kapital Raum 1970–1977» und dessen Folgen, schreibt das Paar weiter. Die Raumskulptur – «das Herzstück der Hallen» (Zitat: NZZ am Sonntag) – wurde im Februar 2014 nach langem Justizkampf drei Kunstsammlern zugesprochen.
Das Beuys-Werk: Das Kapital Raum 1970-1977. (Bild: Raussmüller Organisation)
Konkurs der Stiftung
Die Entscheidung hatte aber weitere Folgen. Die Stiftung für Neue Kunst wird Konkurs anmelden müssen, weil sie Gerichtsgebühren von 180’000 Franken und eine Parteientschädigung von 210’000 Franken erstatten muss. Die Mitarbeiter können nicht weiter angestellt werden, seit Anfang Jahr ist das Museum deshalb nur auf Anfrage besuchbar, berichtete die «NZZ am Sonntag».
Die Betroffenen sehen das Urteil anders. «Das Kapital Raum 1970–1977» sei «bekanntlich der künstlerischen Zusammenarbeit von Joseph Beuys und Urs Raussmüller zu verdanken, der zu diesem Zweck nicht nur einen adäquaten Raum, sondern mit den Hallen für Neue Kunst eine ganze Institution schuf.» Nachdem das Gericht nun das Eigentum am Beuys-Werk aber «drei Personen ohne Kaufbeleg zugesprochen» habe, sehen Urs und Christel Raussmüller keine Grundlage für weitere «freiwillige Leistungen».
Schritt nach Basel kein Zufall
Schon länger unterhalten Urs und Christel Raussmüller in Basel einen Arbeitsort. «Dort haben wir ein geeignetes Gebäude, um Kunstwerke zu lagern, die nicht in Schaffhausen oder anderswo ausgestellt sind, sie konservatorisch und kunstwissenschaftlich zu bearbeiten, sowie institutionelle Konzepte zu entwickeln und Publikationen vorzubereiten», sagen sie in einem Interview auf der Website.
Im sogenannten «Raussmüller Basel» sollen nun Museum und Arbeit zusammengeführt werden «mit dem Ziel, eine langfristige Fortsetzung unserer Aktivitäten zu gewährleisten. Nach 30 Jahren engagierter Leistung in Schaffhausen ist die Zeit gekommen, unserem Werk eine gesicherte Zukunft zu geben», lassen sich die Raussmüllers im Interview zitieren. Der Schritt sei schmerzhaft einerseits, «denn die Hallen haben wir mit viel Hingabe errichtet, betrieben und auch gelebt».
Aber es sei auch ein konstruktiver Schritt: «Der Umzug nach Basel wird durch den Umstand gefördert, dass die alte Schaffhauser Textilfabrik den klimatischen Anforderungen einiger der lang ausgestellten Kunstwerke nicht auf Dauer gewachsen ist. Der angestrebte Museumsstandard hätte hohe Investitionen in das städtische Gebäude bedingt sowie voraussichtlich eine Volksabstimmung erfordert – mit entsprechender zeitlicher Verzögerung und ungewissem Ausgang.»