Hans-Peter Wessels: «Die politische Kultur hat stark gelitten»

Hans-Peter Wessels nervte sich 2015 hauptsächlich über den Begriff Dichtestress und ein bisschen auch über den Nachbarkanton – in Sachen Kulturpolitik. Dafür freute er sich über neue Impulse am Theater Basel und die Marlene-Dumas-Ausstellung in der Fondation Beyeler.

Baudirektor Hans-Peter Wessels freut sich für 2016 vor allem auf eines: die Eröffnung des Kunstmuseum-Erweiterungsbaus.

Hans-Peter Wessels nervte sich 2015 hauptsächlich über den Begriff Dichtestress und ein bisschen auch über den Nachbarkanton – in Sachen Kulturpolitik. Dafür freute er sich über neue Impulse am Theater Basel und die Marlene-Dumas-Ausstellung in der Fondation Beyeler.

Was war Ihr kulturelles Highlight 2015?

Das Filmfestival Locarno – für mich eine entspannende Mischung von Kultur- und Badeurlaub. Dieses Jahr genoss ich das Festival zum ersten Mal eine ganze Woche lang. Mein Basler Highlight war die Marlene-Dumas-Ausstellung in der Fondation Beyeler. Die Bilder der südafrikanischen Künstlerin sind atemberaubend.

Der kulturelle Tiefpunkt 2015?

Die politische Kultur hat stark gelitten. Positionen, die vor Kurzem noch als rassistisch oder totalitär galten, sind in der Schweiz zunehmend salonfähig geworden. Dieser Niedergang der politischen Kultur bedroht das schweizerische Demokratiemodell, das auf den Ausgleich der Interessen bedacht ist, Minderheiten schützt und einen möglichst breiten Konsens sucht.

Der albernste Trend?

Der inflationäre Gebrauch des Begriffs Dichtestress. Als ob jemand in der Schweiz unter hoher Dichte leiden müsste. Hinter dem Geschwätz vom Dichtestress steckt eine irrationale Angst. Eine Angst vor dem Verlust einer idyllischen Heimat, die es schon längst nicht mehr gibt.

Was haben Sie verpasst?

Die meisten Floss-Konzerte, weil ich im Sommer oft weg war. Und leider auch das Gässli Film Festival im Gerbergässlein.

Haben Sie etwas vermisst?

Starke Stimmen im Kanton Baselland, die sich Gehör verschaffen für den Erhalt unserer gemeinsam getragenen Kulturinstitutionen.

Hat Sie etwas positiv überrascht?

Ich war überrascht, wie schnell die Handschrift des neuen Direktors Andreas Beck am Theater Basel spürbar geworden ist. Die Erneuerung tut gut. Das Theater Basel ist spannender geworden.

Ihr grösster Fehler 2015?

Was die Kultur betrifft, habe ich mir zu wenig Zeit zum Lesen genommen. Dabei meine ich nicht die TagesWoche und schon gar nicht Regierungsakten. Sondern reichhaltige Romane und fesselnde Krimis.

Ihr Jahr in einem Lied zusammengefasst?

«Säg kes Wort» von Troubas Kater. Ein Hammersong aus Bern:

Ihr Youtube-Video des Jahres?

Ein Film von Basel Tourismus zeigt Basel von seinen schönsten Seiten in nur 65 Sekunden:

Wofür haben Sie viel Geld ausgegeben – und hat es sich gelohnt?

Ich verbrachte ein paar Tage in Krakau, der europäischen Kulturhauptstadt des Jahres 2000. Die Schönheit der Stadt, die Frische und der Reichtum an Kultur haben mich beeindruckt. Die Innenstadt – selbstverständlich autofrei – ist unglaublich lebhaft.

Worauf freuen Sie sich im 2016?

Auf den Erweiterungsbau des Kunstmuseums. Das ist eines der bemerkenswertesten Gebäude, die mein Departement für Basel bauen darf. Derzeit laufen die letzten Arbeiten, bevor wir den Bau übergeben und das Kunstmuseum mit dem Einrichten beginnt im Hinblick auf die Eröffnung im April.

Was wären Ihre Wünsche an Basel fürs kommende Jahr? 

Dass sich das Leben im öffentlichen Raum wie in der Rheingasse und anderswo weiter so positiv entwickelt wie im letzten Sommer, dass sich das «Clubsterben» als Fata Morgana entpuppt und Clubs in neuen Lokalitäten öffnen und dass das Open-Air-Cinema auf dem Münsterplatz einen neuen Hauptsponsor findet.

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