«Poltergeist»: Hausgemachter Spuk

Der Gruselklassiker «Poltergeist» aus dem Jahr 1982 wurde neu verfilmt. Grund genug, das Original würdig auszugraben.

Was Hitchcocks «Psycho» für die Dusche, ist Tobe Hoopers «Poltergeist» für den Fernseher: Der Horrorfilm aus dem Jahr 1982 verwandelte einen vermeintlich harmlosen Gebrauchsgegenstand in einen nie versiegenden Quell des Grauens – bis zum Aufkommen der Smartphones, aber das ist eine andere Geschichte.
Es fängt ganz beschaulich an: Die All-American-Familie Freeling lebt in einer Neubausiedlung, die drei Kinder sind wohl geraten, vor dem Haus heben die Bagger eine Grube für den neuen Pool aus. Und abends, wenn die Brut schläft, vergnügen sich die Eltern mit einem Joint und Ronald Reagans Biografie im Bett – typische Vertreter der Baby-Boomer-Generation eben, mit ihren harmlosen Vergnügen.

«Sie sind hier!»

Doch rauscht in der Nacht nach Sendeschluss dieser Grossbildschirm-Fernseher weiter und weckt die Jüngste der Freelings, Carol Anne. Sie beginnt ein Gespräch mit jemandem, etwas, das hinter dem undurchdringlichen Vorhang der rasenden Bildpunkte auf sie zu warten scheint – und dann ist das blonde Mädchen («Sie sind hier!») plötzlich verschwunden. Ein Team von Parapsychologen rückt an und überbringt den Freelings die schlechte Nachricht: Ein Poltergeist hat ihre Tochter in seine Gewalt gebracht.

Tobe Hooper, der Mann, der «The Texas Chainsaw Massacre» (1974) veranstaltete, ist als Regisseur für dieses auf maximale Wirkung getrimmte Spezialeffekt-Spektakel ausgewiesen. Doch wer das Kleingedruckte nicht liest, wird «Poltergeist» für ein Werk von Steven Spielberg halten, der das Drehbuch mitverfasste, produzierte und – gerüchtehalber – mehr als die Hälfte davon selber drehte. Die Parallelen zu Spielbergs Science-Fiction-Film «E.T. the Extra-Terrestrial», der nur eine Woche nach «Poltergeist» startete, sind jedenfalls unübersehbar.

Folgerichtig ist «Poltergeist» zwar kein Blutbad, doch sollte man den Film wegen seines gelegentlichen Humors und einiger übersinnlicher Niedlichkeiten nicht für allzu familienfreundlich halten. Der wahre Horror steckt eben nicht in Bäumen oder Clownpuppen, die lebendig werden, sondern im Fundament des Lügengebäudes, das sich die vermeintlich heile Vorstadt aufgebaut hat.


Schon besetzt: Mama Freeling (JoBeth Williams) nimmt ein Bad mit den Vormietern.

Zum Finale treiben modrige Leichname im regennassen Pool, weil die Häuser der Siedlung – Spoiler-Alarm! – auf einem ehemaligen Friedhof stehen. Aus Kostengründen wurden die Särge im Boden belassen.

Das Böse bricht nicht in die Suburbia ein, die Vorstadt selber vergiftet mit ihrer Gier nach Besitzstand und normierter Exklusivität das Leben der Bewohner. Was sich in «Poltergeist» mit einem Rumoren ankündigt, ist – überspitzt und neudeutsch gesagt – die Subprime-Krise, die 2007 zum Finanzcrash führte. Der Spuk, er ist hausgemacht.

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