Skunk Anansie gingen bei ihrem ersten Gastspiel am Stimmen-Festival auf Tuchfühlung mit den Fans – und begeisterten die Zuschauer auf dem Lörracher Marktplatz.
20 Jahre zählt das Stimmen-Festival dieses Jahr, und fast genauso viele Lenze haben auch Skunk Anansie mittlerweile auf dem Buckel – da scheint es beinahe erstaunlich, dass es so lange dauerte, bis die eigentlich naheliegende Paarung zustande kam: Schliesslich verkörpert insbesondere die charismatische Frontfrau Skin dank ihrer unverwechselbaren Stimme die Festival-Philosophie mit Fokus auf aussergewöhnliche Gesangsvirtuosen nahezu perfekt.
Vermochte die Band, die in den 90er Jahren zu den weltbekanntesten Britrock-Acts zählte, nach ihrer Reunion mit dem letztjährigen Studioalbum «Black Traffic» auch nicht mehr an die Zeiten ihrer grössten Erfolge anzuknüpfen, so kann die Londoner Formation doch bis heute auf eine treue Fangemeinde zählen. Dies bewies der nach wie vor beachtliche Publikumsaufmarsch auf dem Lörracher Marktplatz gestern Donnerstagabend, welcher sich allerdings nicht bloss kultverdächtigen Evergreens wie «Hedonism» verdankt, sondern mindestens so sehr Skunk Anansies Ruf als exzellente Live-Combo.
Mit der unbändigen Energie einer Aerobic-Instruktorin
Und tatsächlich: Bereits in den ersten Sekunden ihres Stimmen-Auftritts beweisen die vier Briten eindrücklich, dass ihre Performance auch nach zwei Jahrzehnten kein bisschen an Power eingebüsst hat. Im Gegenteil: Derart druckvoll und wuchtig wie das Quartett hier loswirbelt, verblasst jede Erinnerung an die (an sich ansprechende) nostalgie-getränkte Psychedelika der Vorgruppe Birth of Joy sofort zu sepiafarbenen Schnappschüssen.
Unter der Leitung von Leadsängerin Skin, die in ihrem hautengen Glitzerdress wirkt wie eine Kreuzung aus Grace Jones und Aerobic-Instruktorin und sich bereits beim Opener bis zum äussersten Ende des schmalen Laufstegs vorturnt, dreschen ihre männlichen Bandkollegen von Beginn weg derart eindrücklich auf Gitarre, Bass und Schlagzeug ein, dass unter den Zuschauern sogleich ohrenbetäubender Jubel ausbricht.
Skins unbändige Energie und elektrisierende Bühnen-Ausstrahlung erwecken gemeinsam mit der nie versiegenden Kraft ihrer in allen Lagen stets glasklaren, durchdringenden Stimme schlicht den Gesamteindruck einer Naturgewalt, der es scheinbar spielend beinahe im Alleingang gelingt, über die ganze Dauer des über zweistündigen Konzerts die eigene, beinahe sirenenhafte Sogwirkung aufrechtzuerhalten.
Auf Tuchfühlung mit der Ausnahme-Performerin
Dass die Sängerin dabei auf eine überaus routinierte und bestens eingespielte, aber dennoch zum Dasein als Backing Band verdammte Truppe zurückgreifen kann, dass die Setlist ausnahmslos alle alten Skunk-Anansie-Hits umfasst, und das Quartett bis zur letzten der vier Zugaben die spielerische Intensität aufrechtzuerhalten vermag, trägt das ihre zum rundum geglückten Live-Erlebnis bei.
Den allermeisten Anwesenden dürfte allerdings trotzdem weniger das Gesamtpaket dieser eindrücklichen Show im Gedächtnis bleiben, sondern vielmehr jener Augenblick, als die Ausnahmesängerin sich nach einem Stagedive zunächst rücklings durch die Zuschauerreihen tragen lässt, um im Anschluss inmitten des Marktplatzes aufzutauchen und mit ihren Fans hier unerwartet direkt und ungeschützt auf Tuchfühlung zu gehen, während ihr Organ nach wie vor makellos und markerschütternd durch die Nacht donnert: Superstar Skin für einmal ein paar Sekunden lang ganz hautnah zu erleben – damit lässt der Auftritt von Skunk Anansie an diesem Abend wohl keinen Zuschauerwunsch unerfüllt.