Der Techno-Veteran Sascha Funke schafft mit seiner Frau Julienne Dessagne als «Saschienne» Club-Hits für Frischverliebte – heute Abend live zu hören im Basler Hinterhof.
Es klingt wie eine klassisch-musikalische Liebesgeschichte: «Als die ersten Noten unserer Musik ertönten, haben wir unsere Reise ins Unbekannte angetreten, völlig ausser Acht lassend, dass wir irgendwann einmal unseren Wolken-Zweisitzer mit der Welt da draussen teilen müssen», schreiben Sascha Funke und Julienne Dessagne im Begleittext zu ihrem ersten gemeinsamen Werk – und tönen dabei wie zwei verknallte Teenager.
Allerdings steckt hinter dem Projekt Saschienne nicht einfach irgendein Musiker-Paar: Sascha Funke gilt als einer der grossen Techno-Veteranen Deutschlands, als gefeierter Held der leiseren Töne im oft brachialen Business – und auch seine Ehefrau, die Multiinstrumentalistin, Sängerin, Tänzerin und langjährige «Soma»-Labelverantwortliche Julienne Dessagne, ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt.
Trotzdem hat sich mit der Entstehung von «Saschienne» für die beiden alten Hasen fast alles verändert: Denn genauso wie der Name des Duos bereits darauf hinweist, dass da zwei zu einem zusammenwachsen, dass die Summe hier mehr als die Teile ergibt, so übertrifft auch die Resonanz auf das gemeinsame, musikalische Baby alle vorherigen Solo-Errungenschaften des Paares.
In Frankreich sprang der Funke über
Dabei entstanden die ersten gemeinsamen Skizzen mehr oder weniger zufällig im Flitterurlaub in Frankreich, wo die beiden spontan mit Haushaltsgegenständen zu musizieren begannen. «Wir haben nicht geplant, zusammen Musik zu machen, sondern einfach aus Spass an der Freude begonnen», erinnert sich das Duo: «Das hat uns dann solch grossen Spass bereitet, dass wir einfach nicht mehr aufhören wollten: Die Harmonie war von Beginn an gegeben.»
Mehr als das: Mit ihrem im März erschienenen Debütalbum schafften Dessagne und Funke das seltene Kunststück einer perfekten Balance zwischen Intimität und Club, steigerten sich laufend von kurzen, zarten Akkord-Skizzen zu epischen Breakdowns, und transformierten damit ihre ureigenen, privaten Regungen in feinsinnige, zwischen Hoffnung und Furcht mäandernde Tracks, so dass die Funken auch beim abgebrühtesten Feierbruder übersprangen. Kein Wunder, gilt «Unknown» bereits jetzt als heisser Anwärter auf das beste elektronische Album des Jahres.
Dass Funke sich mit grossen Emotionen auskennt, ist dabei eigentlich nichts Neues – bewies er doch bereits 1999 mit «Campus», seinem Einstand beim Kölner Kultlabel Kompakt, sein Gespür für feine Zwischentöne, und schuf 2008 mit der Hymne «Mango» auf dem «Berlin Calling»- Soundtrack den legendären, einzigen Gegenpol zu Paul Kalkbrenners Haudrauftechno. Doch danach wurde es ruhig um den melancholischen Maestro.
Nun, 13 Jahre nach seinem Erstling, hat der Techno-Produzent die Freude am experimentellen Musizieren wiederentdeckt, und vermag damit an seine bisherigen Meisterwerke anzuknüpfen. Dies verdankt er laut eigener Aussage voll und ganz seiner Ehefrau Julienne: «Sie hat mir eine Tür geöffnet, die ich nie gesehen habe, und hinter der sich die Begeisterung und die Freiheit verbergen, die es mir erlauben, in völlig neue Richtungen zu gehen.» Und Dessagne ergänzt: «Es ist ein schönes Gefühl, die Musik zusammen zu kreieren, die ganzen Ideen gegenseitig auszutauschen. Trotz unseres unterschiedlichen Backgrounds schaffen wir es im Studio alles zu einer Sache zu vereinen: Es ist nie langweilig!»
Eine Band der fragilen Bande
«This Unknown keeps us together, brings us closer», singen die beiden dazu passend auf «Unknown», ihrem epischen Titeltrack, der einen seltenen Einblick in die fragilen Gefühle einer jungen, grossen Liebe ermöglicht – so fragil, dass man sich unweigerlich fragt, wie diese intimen Bande vom trauten Heimstudio auf die Band-Bühne transportiert werden können.
Lässt sich der «Wolken-Zweisitzer» also überhaupt in die Club-Realität transformieren? «Wir sind glücklich mit dem Feedback», antworten Funke und Dessagne nonchalant: «Wenn wir live spielen und sehen, wie die Leute einzelne Songs wiedererkennen, ist das ein tolles Gefühl. Obwohl wir eigentlich gar nichts erwartet haben: Denn das, was wir zu sagen haben, sagen wir durch die Musik – daher sind wir ganz einfach froh, wenn es die Menschen trifft und berührt.»
Heute Freitag können Liebhaber elektronischer Klänge im Basler «Hinterhof» live Zeuge der Zuneigung zwischen Sascha und Julienne werden – Danach verziehen sich Saschienne bereits wieder an ihren Lieblingsort: Die Zweier-Wolke. «Wir haben das Glück, uns diesen Monat in unserem Ferienhaus in der Bourgogne wieder voll und ganz neuen Produktionen widmen zu können», freut sich das Paar: «Wir sind voller Ideen und können es kaum erwarten, weitere Saschienne-Geschichten zu schreiben.» Die Reise ins Unbekannte dürfte also bald um einige musikalische Kapitel reicher sein.
- Hinterhof, Basel. Münchensteinerstr. 81. Freitag, 5. Oktober, 23 Uhr.