«Ich sammle Kunst nicht für mich»

Ingvild Goetz sammelt seit 40 Jahren Kunst, vor allem Werke der Arte-Povera-Bewegung. Das Kunstmuseum Basel zeigt diese nun in einer Ausstellung.

Neugierige Kunstsammlerin: Ingvild Goetz. (Bild: imago)

Ingvild Goetz sammelt seit 40 Jahren Kunst, vor allem Werke der Arte-Povera-Bewegung. Das Kunstmuseum Basel zeigt diese nun in einer Ausstellung.

Es gibt unangenehmere Termine als eine Begegnung mit Ingvild Goetz. Die Kunstsammlerin, jüngst mit dem Bundesverdienstkreuz geadelt, versprüht so gar nichts von der Eitelkeit, die den Kunstadel bisweilen umgibt. Ihre Mission ist nicht die Selbstdarstellung, sondern die von kritischer Neugier getriebene Erforschung und Vermittlung ihrer Kunst. Dafür nimmt sie sich Zeit, dafür beschäftigt sie Experten, dafür besitzt sie eine Bibliothek mit 6000 Titeln.

Begonnen hat alles 1972 als Galeristin im Umfeld von Fluxus und Feminismus. So wurde der Grundstein einer Sammlung gelegt, die man seit 1993 in München besichtigen darf. Der auf 5000 Werke angewachsene Bestand aus Arte Povera, Young British Artists, Fotografie und oft politisch gefärbter Video- und Medienkunst liest sich wie ein Kontrapunkt zur saturierten Noblesse der Münchner Kunstschickeria.

Frau Goetz, Ausschnitte aus Ihrer Sammlung sind in unterschiedlichen Museen zu Gast. Welchen Stellenwert hat das Basler Gastspiel im Kontext Ihrer Ausstellungstätigkeit?

Die Ausstellung «Arte Povera. Der grosse Aufbruch» liegt mir sehr am Herzen, weil die Arte-Povera-Kunst ein früher Schwerpunkt meiner Sammlung ist. Sie markiert quasi den Beginn meiner Leidenschaft, Kunstwerke nicht nur nach Gusto zu erstehen, sondern gezielt nach Gruppen und Themen zu sammeln. Inhaltlich und emotional war ich der Arte-Povera-Bewegung sehr verbunden, denn die Künstler waren aus meiner Generation, sie waren von ähnlichen Dingen wie ich umgetrieben, über uns schwebte der gleiche Zeitgeist. Meine damalige Offenheit gegenüber einer neuen, ungewöhnlichen Kunstform habe ich mir bis heute erhalten.

Wie kam die Kooperation zustande?

Bernhard Mendes Bürgi sprach mich an. Er kennt die Arte-Povera-Sammlung sehr gut, denn ein Grossteil der Werke wurde bereits vor fast 15 Jahren in einer Wanderausstellung gezeigt. Da meine Sammlung auch eine der umfangreichsten weltweit ist, hatte er ein besonderes Interesse für meine Schätze.

Ist der Eindruck richtig, dass Sie vermehrt Ausstellungen in Kooperation mit Museen anstreben?

Auf der einen Seite gibt es natürlich Museen, denen ich schon seit vielen Jahren verbunden bin. Sie kennen meine Sammlung gut und wir sind in regem Kontakt. Sie kommen also im Normalfall auf mich zu. Ausserdem ist meine Sammlung sehr umfangreich, es gibt verschiedene Schwerpunkte und Sammlungsbereiche. Kooperationsausstellungen und grosse Leihgaben gab es schon immer.

Welche Sammlungspolitik betreibt die Sammlung Goetz?

Der Mehrwert dieser Kooperationen ist natürlich, dass meine Kunst und somit die Künstler viel Aufmerksamkeit bekommen – sie erfahren eine breite Öffentlichkeit und können in ganz neuen Kontexten gezeigt werden. Ich sammle Kunst nicht für mich, sondern möchte andere Menschen daran teilhaben lassen. Das funktioniert durch eigene Ausstellungen in meinem Museum in München, aber eben auch durch Leihgaben an andere Häuser.

Sind das einmalige Projekte oder schicken Sie vorgefertigte Ausstellungen auf Tournee?

Nur wenige Ausstellungen gingen auch auf Tournee. Ein Beispiel ist die Arte-Povera-Ausstellung von 1997. Sie wurde in Bremen, Nürnberg, Köln, Wien und Göteborg gezeigt, später auch bei mir in München.

Bisher kooperieren Sie vor allem mit dem Haus der Kunst in München, mit dem Sie eine enge Partnerschaft eingegangen sind. Markiert die Ausstellung in Basel den Beginn eines ähnlichen Modells?

Nein, diese Ausstellung bleibt vorerst ein einmaliges Projekt. Es wird keine langfristige Partnerschaft angestrebt.

In München werden die laufenden Kosten geteilt, die Einnahmen erhält das Haus der Kunst. Gilt das auch für die Kooperation mit dem Kunstmuseum Basel?

Nein, das gilt nicht für Basel. Die Kosten werden allein vom Kunstmuseum Basel getragen. Allerdings waren meine Mitarbeiter über ein Jahr in die Vorbereitung der Ausstellung und ebenso in die Katalogarbeit involviert.

Neugierige Sammlerin: Ingvild Goetz. Foto: imago

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 07.09.12

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