Ihr Hit «Je Veux» hat Isabelle Geffroy, alias ZAZ, zum neuen Chanson-Star gemacht. Im Interview erzählt die Französin von ihren Wurzeln und was sie sich von der Zukunft wünscht.
Früher machten Sie Strassenmusik am Montmartre in Paris, wenn das Geld Ende Monat knapp wurde. Mit ihrem Debut-Album «ZAZ» (2010) konnten Sie in ganz Europa Charterfolge feiern. Fehlt Ihnen der direkte Kontakte mit den Leuten auf der Strasse, das Laufpublikum, die ungezwungene Strassenatmosphäre heute nicht ein bisschen?
Nein, es fehlt mir nicht. Das war einfach eine Erfahrung, die ich neben vielen anderen gemacht habe und von der ich viel lernen konnte. Heute lebe ich anders und bin zufrieden damit. Ich habe ja nicht auf der Strasse angefangen Musik zu machen, sondern in einem Orchester. Zudem habe ich sehr viel Berufserfahrung: Vor zehn Jahren fing ich an, professionell zu singen. Ich sang an kleineren Festivals, in Pianobars, in Restaurants und auf Hochzeiten mit verschiedenen Formationen. Die Strasse war unser letzter Ort, bevor der kommerzielle Erfolg kam. Ich suchte Arbeit und fand keine, also habe ich angefangen.
Sie geben in Sibirien und Japan Konzerte. Wie ist es, vor einer Mehrheit von Menschen zu singen, die Ihre Texte höchstwahrscheinlich nicht versteht?
Ich denke, dass Musik an sich eine eigene Sprache ist. Man versteht sich auch so, es hat sehr viel Energie an den Konzerten, die universal verständlich ist. Oft ist es auch sehr lustig im Ausland, wenn die Leute mit mir Französisch singen.
Sie werden als die Sängerin betitelt, die dem franzöischen Chanson neues Leben und frischen Wind einhaucht. Könnten Sie sich in Zukunft vorstellen, auch vermehrt auf Englisch zu singen?
Im Moment rede ich kein Englisch, was das Ganze etwas schwierig macht (lacht), aber grundsätzlich kann ich mir schon vorstellen, mehrere Songs in Englisch zu singen.
Man liest über Sie, dass Sie sich sozial engangieren. Was genau tun Sie für eine bessere Welt?
Bald verkaufe ich T-Shirts auf meiner Internetseite – es ist noch nicht alles gut organisiert, aber an bestimmten Konzerten verkaufe ich die T-Shirts der «colibris»-Bewegung bereits. Diese Organisation, die ich finanziell unterstütze, setzt sich mit verschiedenen Projekten für eine nachhaltig ökologisch und humanere Gesellschaft ein. Sie entwirft ein anderes Modell der Gesellschaft und engangiert sich für Bildung, Agrikultur, Ökologie. Die Organisation hat ihren Sitz in Paris. Wenn jeder einen kleinen Teil beisteuert, dann können wir die Welt verändern.
Ihnen ist es wichtig, einen Unterschied zwischen Ihnen als ZAZ, als Künstlerin, und Ihnen als Privatperson Isabelle Geoffroy zu machen. Was sind die Unterschiede zwischen den beiden?
ZAZ ist nie müde, beliebt beim Publikum. Isabelle ist nicht die öffentliche Person, der Name ist intimer. Es wichtig für mich, diesen Unterschied zu machen, denn wenn ZAZ irgendwann nicht mehr existiert, gibt es Isabelle immer noch.
Sie werden oft mit der Grand Dame des Chanson, Edith Piaf, verglichen und haben auch schon Chansons von ihr interpretiert. Piaf hatte ein sehr hartes Leben – Armut, Krankheit, Alkohol, Affären und Schicksalschläge. Können Sie sich mit diesem Vergleich identifizieren?
Edith Piaf war eine grosse Sängerin und Künstlerin, hatte grossen Erfolg auch im Ausland und machte Chansons weltbekannt. Es schmeichelt mir natürlich, mit so einer grosse Künstlerin verglichen zu werden.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Musik?
Was ich erlebe, verstehe, vom Leben analysiere, dies alles fliesst in meine Musik ein. Mein Leben.
Was bedeutet für Sie das Singen? Freiheit?
Für mich ist das Singen ein Werkzeug, um zu kommunizieren, mich auszudrücken und zu kanalisieren, was ich erlebe. Auch das nicht-berufliche Singen ist wichtig, im dem Sinne, dass man die eigene Stimme findet und für seine Ansichten einsetzt.
In ihrem Hit «Je veux» singen Sie, dass Sie es nicht auf das Geld abgesehen haben, auf Klischees pfeifen. Haben Sie nicht Angst, genau solche irgendwann zu bedienen?
Nein, ich habe schon viel länger als Sängerin gearbeitet, als mein kommerzieller Erfolg dauert, für den ich natürlich sehr dankbar bin. Das Singen ist meine Arbeit. Ich habe keine Angst, dass ich irgendwann etwas mache, was ich nicht will. Mein Antrieb ist nicht, möglichst viel Geld zu machen, sondern das zu leben, was ich liebe. Ich bin nicht gegen Geld, jeder braucht es, um Miete und Rechnungen zu bezahlen. Aber mein Ziel und mein jetziges Glück ist, das zu machen, was ich wirklich will: Musik.
- ZAZ spielt am 21.7. am Stimmenfestival in Lörrach auf dem Marktplatz, 20 Uhr.