Im Rausch des Geldes: Superflex zeigen die euphorisierende Wirkung des Bankensystems

Die dänische Künstlergruppe Superflex räumte vor zehn Jahren die Basler Kunsthalle leer. Jetzt sind sie zurück und widmen sich in der Galerie Von Bartha dem Bankensystem und der Euphorie. Wie das zusammengeht? Ganz einfach.

Rasmus Nielsen, Jakob Fenger und Bjørnstjerne Christiansen (v.l.) sind Superflex. Auf Fengers T-Shirt zu lesen: «If value then copy», einer der Leitsprüche der Künstlergruppe. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Die dänische Künstlergruppe Superflex räumte vor zehn Jahren die Basler Kunsthalle leer. Jetzt sind sie zurück und widmen sich in der Galerie Von Bartha dem Bankensystem und der Euphorie. Wie das zusammengeht? Ganz einfach.

Die Welt ist voll von Referenzen. Und am liebsten wird auf etwas verwiesen, das wertvoll ist. In der Hoffnung, dass etwas vom Wert auf das Selbstgemachte oder -gedachte abfärbt. Kein Wunder, kommt dem Copyright heute eine so immense Bedeutung zu.

Die dänische Künstlergruppe Superflex kann davon ein Lied singen – oder ein Kunstwerk daraus machen. Im Jahr 2002 kreierten Rasmus Nielsen, Jakob Fenger und Bjørnstjerne Christiansen in Thailand eine Biogaslampe für all die Leute, die keinen Zugang zu Elektrizität haben. Und wurden nach ihrer Rückkehr nach Kopenhagen verklagt. Denn sie hatten für ihre Lampe das Design der Lampe PH5 ihres Landsmannes Poul Henningsen kopiert.

Eine thailändische Familie im Licht einer PH5-Biogaslampe von Superflex.

Eine thailändische Familie im Licht einer PH5-Biogaslampe von Superflex.

Fragen in Bezug auf Original und Kopie stellten sich den drei Dänen aber schon vorher. Und heute noch. In der Galerie Von Bartha, die Superflex nun eine Einzelschau ausrichtet, wird das Thema anhand eines Werks aufgegriffen, das man schon von draussen sieht. Hier schwebt ein Tuch in der Luft, oben gehalten durch den Wind eines Ventilators – eine Referenz an das Werk «Blue Sail» von Hans Haacke. Das Tuch ist zusammengenäht aus gefälschten Gucci- und Hermès-Tüchern, welche die Gruppe in Thailand erworben hat.

Was Superflex tun, darf man wohl der Appropriation Art zurechnen, die bewusst die Werke anderer Künstler kopiert. Superflex gehen aber noch einen Schritt weiter und bieten selbst Hand mit sogenannten «Tools», also Werkzeugen, die sie jedermann und -frau zur Verfügung stellen. Auch die Referenz an Hans Haacke ist so ein Tool, das den Namen «Supercopy» trägt und schon zu mehreren weiteren Arbeiten führte.



«Supercopy» nach Hans Haacke: Gefälschte Hermès-Tücher schweben in der Luft.

«Supercopy» nach Hans Haacke: Gefälschte Hermès-Tücher schweben in der Luft. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Konsequenterweise entstammt deshalb auch das Werk, das am Anfang dieser mit «Euphoria Now» betitelten Schau stand, dem Kopf eines anderen und ist somit eine Kopie. Brion Gysin entwarf vor rund 50 Jahren die sogenannte «Dreamachine»: Ein zylinderförmiger Aufsatz mit Schlitzen, der sich über einer Lampe dreht, hat zur Folge, dass das Licht in stroboskopähnlichem Flackern in die Umgebung geworfen wird. Steht man mit geschlossenen Augen länger davor, soll man in einen Zustand versetzt werden, der der Wirkung von LSD nicht unähnlich ist.

Augen zu und die Wirkung von LSD empfinden.

Wer sich von einer Lampe in Trance versetzen lässt, wird möglicherweise auch von nicht-alkoholhaltigem Wodka betrunken. Soll zumindest an der Vernissage passiert sein, an der Superflex genau das servierten, schwört Jakob Fenger. Ihr «Non alcoholic Vodka» schmeckt dank Chili und anderen Zutaten wie Wodka, ist aber keiner. Kreiert haben Superflex ihn für eine Ausstellung in Talinn, die in einem Museum stattfand, das an eines der grössten russischen Ghettos der Stadt grenzt. Die russische Minderheit in Estland kämpft wegen gesellschaftlicher Benachteiligung mit grossen Alkoholproblemen, was die Dänen mit ihrer Arbeit zum Thema machten.



Wodka ohne Alkohol: Den Rausch kann man trotzdem haben.

Wodka ohne Alkohol: Den Rausch kann man trotzdem haben. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Es sind oftmals soziale Strukturen, die Superflex mit ihren Arbeiten hinterfragen. Aber genauso oft auch ökonomische, die im besten Fall mit den gesellschaftlichen in Zusammenhang stehen. Eine neue Arbeit, die für diese Ausstellung entstanden ist, nimmt fast eine ganze Wand ein. Dicht gedrängt stehen darauf die Namen von Banken, die seit 2008 Bankrott angemeldet haben oder von anderen Banken oder Staaten aufgekauft wurden. Und weil Superflex so gerne andere Arbeiten kopieren, ist auch diese Wand angelehnt an etwas Bestehendes – in diesem Fall das Vietnam Veterans Memorial in Washington D.C. Es ist eine lange Liste, bei deren Betrachtung man laut Fenger auch daran denken sollte, dass hinter jedem Banknamen Menschen stehen, die dort gearbeitet haben.

Hanf aus der Deutschen Bank in Frankfurt

Die Bankbranche sei eine wunderliche Branche, meint Fenger. Die hohen Werte, die dort gehandelt werden, die Macht, die der Geldmarkt hat, haben einen euphorisierenden Effekt auf die Arbeitenden, der aber gleichsam illusionär ist. Es ist ein Tunnelblick, ein Blick mit Scheuklappen, der zu dieser falschen Überschwänglichkeit führt und negative Aspekte der Branche ignoriert. Denn es ist ein System, dass immer wieder Gefahr läuft zu kollabieren, wie die lange Liste der bankrotten Banken zeigt.



Eine ganze Wand voller Namen von Banken, die bankrott gegangen sind.

Eine ganze Wand voller Namen von Banken, die bankrott gegangen sind. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Die euphorisierende Wirkung des Handels mit grossen Summen und die daraus resultierende Macht thematisieren Superflex weiter anhand von Blumentöpfen aus dem 3D-Printer, welche den Gebäuden der bekanntesten und grössten Banken nachempfunden sind und aus denen psychotrope Pflanzen wachsen – aus den zwei Türmen der Deutschen Bank in Frankfurt beispielsweise Hanf. Und zu guter Letzt sind die Ausstellungsplakate, die in Anlehnung an die «Apocalypse Now»-Filmplakate mit dem Ausstellungstitel «Euphoria Now» bedruckt sind, ganz in den Farben der Schweizer Banknoten gehalten.



Hanfpflanze, die aus der Deutschen Bank herauswächst.

Psychotrope Pflanzen und Banken – Superflex hat Gemeinschaften entdeckt, wie diese Hanfpflanze zeigt, die aus der Deutschen Bank herauswächst. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Überlegungen, die Superflex anstellen, sind nicht kompliziert, auch wenn sie komplexe Systeme analysieren. Ausgehend von immer ähnlichen Gedanken formulieren die drei Künstler immer neue Arbeiten auf spielerische Weise, oft auch mit einer gehörigen Portion Subversion. Es lohnt sich, sich mit den einzelnen Werken etwas genauer auseinanderzusetzen, damit diese deutlicher zur Geltung kommt.
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«Superflex: Euphoria Now», Galerie Von Bartha, Kannenfeldplatz 6, Basel. 25. April bis 11. Juli. Vernissage Freitag, 24. April, 18–20 Uhr.

Superflex @ Basel
Die dänische Künstlergruppe hatte in Basel schon einmal einen grösseren Auftritt: Vor zehn Jahren präsentierten sie in der Kunsthalle Basel ihre «Supershow». Dafür leerten sie die Räume der Kunsthalle und gaben jedem Besucher zwei Franken dafür, dass er durch die Räume schritt und sich Gedanken machte über die Institution. Die Kunsthalle wurde in einer kleinen Broschüre vor allem dahingehend befragt, wie sie als Wertsteigerungsmaschine funktioniert. Denn ein Künstler oder eine Künstlergruppe, der oder die dort ausstellt, erhält eine grössere Aufmerksamkeit und ihr Wert damit eine höhere Einschätzung. Das hat sicher auch für Superflex funktioniert.

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