Im Spiel die sozialen Muskeln trainieren

Am Freitag traf man sich in der Märthalle zum ersten Basler «Social Muscle Club». Was in Berlin schon eine Institution ist, muss sich hier noch etablieren – denn schliesslich wusste zu Beginn noch keiner so recht, was er darunter zu verstehen hatte. Wir habens uns angesehen.

Was steht denn hier? An Tischen werden Wünsche und Angebote ausgetauscht. (Bild: Olivier Christe)

Am Freitag traf man sich in der Märthalle zum ersten Basler «Social Muscle Club». Was in Berlin schon eine Institution ist, muss sich hier noch etablieren – denn schliesslich wusste zu Beginn noch keiner so recht, was er darunter zu verstehen hatte. Wir habens uns angesehen.

Der «Social Muscle Club» begann in Berlin als Privatparty mit acht Personen und wuchs bald zu einer bekannten Grösse im Berliner Kulturleben. Alle zwei Monate trafen sich je länger je mehr Leute, die zusammen einen Abend rund um das Thema «Geben und Wünschen» verbrachten. Auf Berlin folgte Bristol – und seit Freitag auch Basel.

Was einen beim ersten Abend im Basler «Social Muscle Club» erwartet, weiss vor Beginn niemand so recht in der Märthalle. Nachdem beim Eintritt die Sitzplätze nach Geburtsdatum verteilt worden sind, finden sich alle Zuschauer am Tisch ihres jeweiligen Sternzeichens ein. Wer sich darauf eingestellt hatte, einen Abend im Kreise altbekannter Freunde zu verbringen, wurde schon mal überrascht.

Während wir darauf warten, dass es anfängt, spielt eine Coverband («Los Incluidos») für uns Lieder auf Nachfrage. Die Musiker haben sich während ihrer Zeit in der Sonnhalde Gempen kennengelernt, eine Institution für Menschen mit Begleitungsbedarf, und sie treten heute noch zusammen auf.

Beteiligung erwünscht!

Dann passiert alles ganz schnell: Zwei Schauspielerinnen geben nach einer Begrüssug von Beni Wyss und Beni Mathis eine Einführung in das Programm. Die Beteiligung jedes Einzelnen ist für einen gelungenen Abend erwünscht. Das hört sich vielleicht im ersten Moment etwas abschreckend an, stellt sich mit der Zeit aber als sehr befreiend heraus.

Das Prinzip ist einfach: Jeder, der möchte, trägt mit einem Wunsch und einem Geschenk, welches er anderen machen will, zum Abend bei. Beides wird auf Zettel geschrieben und anschliessend in zwei Runden am Tisch per Los gezogen und verteilt. Wer Freude an einer Kopfmassage hat, Instrumentunterricht oder eine Karriereberatung sucht, kann hier sein Glück finden.



Einer der Gäste erhält eine Kopfmassage.

Einer der Gäste erhält eine Kopfmassage. (Bild: Olivier Christe)

Mit der Zeit richtet sich der Blick über die Runde am Tisch hinaus. Eine Frau zum Beispiel wünscht sich 60 Sekunden lang Ruhe – und so hält der ganze Saal eine Minute lang inne, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Nachdem dieser Moment vorüber ist und wie gewohnt weitergeplaudert wird, merke ich, wie laut die es unterdessen geworden war.

Die Fremden, mit denen man zu Beginn des Abends zusammengesetzt worden war, sind mittlerweile vertraut geworden, der Umgang ist überraschend herzlich. Bevor sich die letzte Tausch-Runde an unserem Tisch zu Ende neigt, haben wir alle unsere Adressen ausgetauscht und uns zu einem Grillfest im Juni verabredet – um die Geschäfte zu besiegeln, sozusagen.

Keine Garantie auf Wunscherfüllung

Es gibt mehrere Durchläufe, unterbrochen von Theater oder Performances. Falls jemand nach dem zweiten Durchlauf noch nicht wunschlos zufrieden ist oder ein Geschenk noch auf einen Empfänger wartet, gibt es die Chance, in der dritten Runde zum Erfolg zu kommen. Der Reihe nach werden die offenen Gebote an alle gestellt. Trotzdem: Die Garantie, dass jeder Wunsch oder jedes Angebot umgesetzt weden kann, gibt es nicht. Man darf aber sagen, dass nichts unversucht bleibt, im Rahmen des Möglichen alle glücklich zu machen.



Eins, zwei, drei! Fertig ist das Sandwich!

Eins, zwei, drei! Fertig ist das Sandwich! (Bild: Olivier Christe)

Ein Abend im «Social Muscle Club» ist viel mehr als zweieinhalb Stunden Unterhaltung. In einem möglichst freien Rahmen wird allen Teilnehmern die Möglichkeit geboten Theater zu schauen oder selbst Teil davon zu werden und ihre sozialen Muskeln zu trainieren.

Es ist eine Mischung aus Performance, Restaurantbesuch und sozialem Experiment, bei dem jeder mit dem, was er am liebsten tut oder am besten kann, mitmacht. Neben absurden, leicht anarchistischen Szenen beim Sandwichbau-Wettrennen in der Pause (unter Anleitung der Gastronautischen Gesellschaft Basel) kommt es auch zu sehr intimen Momenten, zum Beispiel wenn jemand, der sich eine Runde Zuhören ergattert hat, preisgibt, dass sie das dringend braucht, um sich von einem Geheimnis befreien zu können.

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Der nächste «Social Muscle Club» findet am 13. Juni im Rahmen des Wildwuchsfestivals in der Kaserne statt (während dieser Zeit kann man dort vom 5. bis 14. Juni das «Social Muscle Restaurant» in Zusammenarbeit mit den Gastronauten Basel besuchen).

In der Markthalle findet der «Social Muscle Club» am 28. August und am 6. November wieder statt.

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