Das Kunstmuseum hat die «Happy Hour», den Gratiseinlass kurz vor der abendlichen Schliessung, gestrichen. Das behaupten Mitarbeiter – das Museum widerspricht. Die Geschichte einer kurvenreichen Recherche.
Das Basler Kunstmuseum hat klammheimlich den freien Eintritt kurz vor Feierabend gestrichen. Seit der üppigen Eröffnungssause werden die Schilder vor dem Eingang nicht mehr aufgestellt, die auf die «Happy Hour» hinweisen. Weder im kantonalen Museumsführer findet sich ein Hinweis auf die Freistunde, noch auf der Website des Kunstmuseums. Angestellte berichten von Anweisungen, niemanden mehr gratis hineinzulassen.
Das war am Montag. Am Dienstag gilt das alles nicht mehr. Aber alles schön der Reihe nach, so wie es sich gehört:
Bei der Basler Regierung ist seit dieser Woche eine Anfrage der BastA!-Regierungskandidatin Heidi Mück hängig. Mück ärgert sich darin über die Streichung der «Happy Hour» im Kunstmuseum. Jenem Basler Kulturleuchtturm, der den Steuerzahler jährlich 17 Millionen Franken Unterhalt kostet und der für den Neubau nochmals 50 Millionen Kantonsgelder eingefordert hat.
Mück ärgert sich auch über ein feierliches Bekenntnis von Guy Morin, der an der Eröffnung versicherte: «Das Kunstmuseum ist nicht elitär, es gehört allen!» Sie ärgert sich, weil die Aussage nach der Streichung der Gratisstunde wie Hohn klingt.
«Die ‹Happy Hour› ist nicht abgeschafft worden.»
Montag Vormittag verlassen zwei Anfragen den Mailserver der TagesWoche. Eine in Richtung Philippe Bischof, Leiter Kultur unter Morin. Die andere an die Adresse von Kunstmuseums-Sprecher Michael Mathis. Darin wird die Frage gestellt, weshalb die «Happy Hour» abgeschafft wurde – und weshalb das Kunstmuseum nicht bei der Kulturlegi mitmacht, einem Rabattausweis für Menschen mit kleinem Portemonnaie, dem sich praktisch alle kulturellen Institutionen der Stadt angeschlossen haben.
Bischof antwortet kurz vor Mittag. Er stellt folgendes fest:
«Die ‹Happy Hour› ist nicht abgeschafft worden und sollte es auch nicht werden. Die Museumsdirektorenkonferenz hat im Gegenteil vor Kurzem beschlossen, dass die ‹Happy Hour› verstärkt beworben werden soll, unter anderem auf der Website museenbasel.ch. Dies wird zurzeit vorbereitet.»
Und er sagt zur Kulturlegi, es sei den Institutionen überlassen, ob sie dabei mitmachen wollen oder nicht.
Irritierte Mitarbeiter
Bischofs Antwort scheint die Story gekillt zu haben. Offensichtlich handelt es sich um Falschinformationen. Rückfrage bei den Mitarbeitern. Diese reagieren irritiert: Es habe ganz klar eine Weisung gegeben, dass der Gratiseintritt nicht mehr gelte.
Vielleicht schafft ja das Kunstmuseum Klarheit. Dort beginnt nach unserer Anfrage die Kommunikationsmaschine zu laufen. Bis 16 Uhr herrscht aber Funkstille. Nachfrage bei Sprecher Mathis, wann mit Antworten zu rechnen sei. «Das kann schon 19 Uhr werden, wir müssen die Antworten erst intern abstimmen und dann müssen sie auch noch bei mir über den Tisch.»
Kurz vor sieben trifft die Antwort ein. Zur Streichung der «Happy Hour» sagt Mathis:
«Im Kunstmuseum gilt der freie Eintritt in die Sammlung (Gegenwart, Neubau, Hauptbau) jeweils am Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag von 17.00 bis 18.00 Uhr. Der Begriff ‹Happy Hour› wird jedoch nicht verwendet.»
Die Story ist tot
Mathis‘ Antwort auf die Frage, weshalb das Kunstmuseum Menschen mit Kulturlegi aussperrt, fällt resolut aus: «Das Kunstmuseum akzeptiert selbstverständlich die Kulturlegi für den Besuch der Sammlung zum reduzierten Eintrittspreis.»
Die Geschichte ist definitiv tot…, obwohl es seltsam anmutet, für diese simple Aussage, dass alles beim Alten bleibe, einen ganzen Tag in Anspruch zu nehmen, Abklärungen zu treffen und die internen Aussagen in Einklang zu bringen.
Dienstagmorgen, die Geschichte ist nicht erschienen. Doch dann berichten Mitarbeiter von einem E-Mail, das sie soeben erhalten haben. Darin stehe, es gelte wieder der Gratiseintritt kurz vor Schliessung.
Auf der Website des Kunstmuseums steht nun auch plötzlich in fetter Schrift:
«Im Kunstmuseum Basel gilt freier Eintritt in die Sammlung jeweils am Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag von 17 bis 18 Uhr.»
Wundersame Dinge geschehen am St. Alban-Graben.
Überraschendes E-Mail
Und auch im Büro der Caritas beider Basel berichtet man von einem E-Mail. Die Caritas ist Betreiberin der Kulturlegi. «Das ist jetzt aber ein Zufall», wundert sich Karin Vonwil, Leiterin des Programms. Heute Dienstagmorgen habe sie eine Aufforderung der Besucherdienste des Kunstmuseums erhalten, sie solle doch eine Kopie der Kulturlegi einschicken, damit das Personal an der Kasse Berechtigte identifizieren könne.
Wie hoch die Ermässigung für Inhaber der Legi ist, weiss sie nicht. Der neue Vertrag, vermutet sie, ist auf dem Postweg unterwegs.
Alles lustiger Zufall, alles nur ein grosses Missverständnis? Das Kunstmuseum hat für Morgen Mittwoch Aufklärung in Aussicht gestellt.
BastA!-Frau Heidi Mück nimmts mit Humor: «Mein Vorstoss zeigt Wirkung, mehr kann man sich als Politikerin nicht wünschen.»