In die paradiesische Theater-Falle getappt

Die TheaterFalle Basel führt immer wieder auf neue Wege abseits der Bühnenkonvetion. Dieses mal gehts ins Paradies, wo man als Theaterwanderer so etwas wie die Erkenntnis gewinnen soll.

Der Apfel fällt manchmal ganz schön weit vom Stamm: Das Paradies in «Songlines» der Theaterfalle Basel.

(Bild: Dirk Wetzel)

Die Theaterfalle Basel führt immer wieder auf neue Wege abseits der Bühnenkonvetion. Dieses mal gehts ins Paradies, wo man als Theaterwanderer so etwas wie die Erkenntnis gewinnen soll.

Wer ins Paradies möchte, muss erst einmal ans Ende der Welt. Dieses befindet sich in diesem Fall am äusseren Rand des Dorfs Reigoldswil, da wo die Gondelbahn auf 1000 Meter über Meer zu den Wasserfallen führt. Ein kleines Paradies ist es schon, wenn durch den dichtbesiedelten sowie von weniger idyllisch wirkenden Industrie- und Gewerbearealen gesäumten Weg von der Stadt Basel in die schmucke Juralandschaft hinter sich hat.

Der Weg führt zu «Songlines», der ersten Episode einer mehrteiligen Theaterproduktion mit dem Titel «Elysium», «mit der die TheaterFalle neue Formen des Theatererlebens erfindet», wie es im Selbstbeschrieb der Produzenten heisst.

Nach der langen Anreise endlich an der Pforte zum Paradies angekommen, wird man dem Ort entsprechend von zwei Engeln in Empfang genommen. Zwei in weissen Fracks eingekleidete, geschlechtslose Wesen mit Glatze. Ein bisschen sehen sie aus wie eine bleiche Version von Eva und Adele, die Jahr für Jahr als lebendiges Kunstwerk an die Art Basel pilgern.

Drei Wege zur Erkenntnis

Sie weisen die tröpfchenweise eintreffenden Gäste auf die Wege der Erkenntnis und verteilen Äpfel. Drei Wege stehen zur Auswahl – leicht beschwerlich zu begehen sind sie alle, denn der Reiz der Landschaft auf den Wasserfallen ist nicht zuletzt durch ihre arge Hügeligkleit geprägt.

Es gibt also Adams Weg, den von Eva und als Drittes Kains Rundgang. Wir entscheiden uns für den letzteren. Die Begegnung mit Kain verspricht «Rauch, Feuer und Opfer», sagt die weisshaarige Zigeunerin am Scheideweg, die aus Tarotkarten lesend den Theaterspaziergängern die Zukunft voraussagt. Das klingt vielversprechend theatralisch (was es denn letztlich auch ist).



Kain kommt nach den Brudermord nicht mehr zur Ruhe.

Kain kommt nach den Brudermord nicht mehr zur Ruhe. (Bild: Dirk Wetzel)

Doch alleine schon der Name Kain besagt, dass wir uns bereits in der post-paradiesischen Zeit befinden. Also in den den trüben ersten Erdenstunden, als die aus dem Garten Eden vertriebenen ersten Menschen, Adam und Eva, miterleben mussten, wie sich ihre Söhne Kain und Abel die Köpfe einschlugen.

Skurrile Erscheinungen

Die Theater-Fallensteller bestücken ihre Wege der Erkenntnis mit allerlei skurrilen und auch handfesteren Szenerien und Figuren. Wir begegnen Adam und Eva in einer Art Zwischenphase zwischen Neadertaler und Golf spielenden Vertretern der Generation X. Wir sehen Wächter in alten Landjägeruniformen, die die Landschaft beobachten und sie mit Alphörnern beschallen. Und wir begegnen Kain, der mit Gott hadert, weil dieser ihm für den Totschlag an seinem Bruder Abel keine Absolution erteilen möchte.

Und wir wandern vorbei an weidenden Schafen, stoisch dreiblickenden Lamas und schnaubenden Pferden. Reicht das für den Erkenntnisgewinn?

Nun ja.

Eine Wanderung durch eine schöne Landschaft kann zum Nachdenken über den Sinn des Seins anregen. Die Begegnung mit den biblischen Figuren, die aus dem Paradies vertrieben wurden, lässt Assoziationen zu den aktuellen Flüchtlingsstömen zu. Aber diese muss man sich selber herholen, die Theatermacher schaffen diese inhaltliche Verknüpfung nicht explizit.

Sündenfall als musikalische Posse

Beim gemeinsamen Abendessen nach den Rundgängen ist unter den Theaterbesuchern denn auch eine gewisse Ratlosigkeit zu verspüren. «Was haben Sie an Erkenntnisse gewonnen?», wird man gefragt. «Weiss nicht so recht», lautet die Antwort. Aber es gibt ja noch den zweiten Teil des Abends. Dieses Mal an Ort und Stelle, auf einer Zuschauertribüne, die vor einer wunderbaren Natur-Arena aufgebaut ist.



Im Paradies begegnet man skurrilen Figuren.

Im Paradies begegnet man skurrilen Figuren. (Bild: Dirk Wetzel)

Jetzt sehen wir uns wirklich dem Paradies gegenüber, erleben wir den Höhepunkt der Schöpfung (die Erschaffung von Adam und Eva) und den berüchtigten Sündenfall. Die Theaterfalle präsentiert uns diese Schlüsselszene der Schöpfungsgeschichte als skurriles Satyrspiel mit viel Musik und originellen Slapstickszenen. Reicht nun dies für den Erkenntnisgewinn?

Ein bisschen vielleicht.

Aber «Songlines» ist ja erst die erste Episode einer ausgedehnten Theaterproduktionen mit vier Teilen und einem Prozess als Nachspiel. Für den wirklichen Erkenntnisgewinn bleibt also noch viel Zeit – der Abschluss der Serie wird erst 2018 erfolgen.

Und auch ohne erleuchtet zu werden, bereitet der Ausflug ins theatrale Paradies auf den Wasserfallen Spass.
_
TheaterFalle Basel: «Songlines». Auf den Wasserfallen. Weitere Vorstellungen am 26., 27., und 28. August sowie im September. Gutes Schuhwerk ist empfohlen.

Nächster Artikel