Ines Goldbach: «Ich muss endlich mal ein Spiel des FCB sehen»

Ines Goldbach, Direktorin des Kunsthaus Baselland, mag den Begriff «Kunstbanause» nicht und baut Ausstellungen viel lieber auf als ab. Ihr Kulturjahr 2014 im Rückblick.

Ines Goldbach, Direktorin des Kunsthaus Baselland, mag den Begriff «Kunstbanause» nicht und baut Ausstellungen viel lieber auf als ab. Ihr Kulturjahr 2014 im Rückblick.

1. Was war Ihr kulturelles Highlight 2014?

Ich war vor Kurzem in Wien, nur für einen Tag, um mir im Kunsthistorischen Museum die grosse Velázquez-Ausstellung anzusehen, die auf einmalige Weise herausragende Gemälde des spanischen Malers zusammenbringt. Der Mut, die Modernität, die ungebrochene Kraft und Frische dieser Malerei, die einige Hundert Jahre zurückliegt, ist immer wieder unglaublich. Sogenannte ‹Alte Kunst› kann so modern und zeitgenössisch sein…

2. Und der kulturelle Tiefpunkt?

Die Tiefpunkte waren eindeutig die Abbauten von vielen diesjährigen Ausstellungen im Kunsthaus, die für mich alle besonders waren. Angefangen mit Einzelausstellungen von Boris Rebetez, Karin Hueber, Felix Schramm und David Keating, dem Jahresprojekt von Bianca Pedrina, der «Ernte»-Ausstellung mit der Einzelschau von Martin Chramosta, der Sammlungsausstellung «Collecting» mit einem Einzelauftritt der Künstlergruppe breadedEscalope, die spektakulären Auftritte von Sarah Oppenheimer und Ariel Schlesinger sowie von Erik Steinbrecher und Toon Verhoef, bis zur aktuell laufenden «Regionale» im Kunsthaus und auf dem Dreispitz-Satelliten.

Das trifft mich jedes Mal hart, wenn all das, was hier von den Künstlerinnen und Künstlern mit so viel Energie geschaffen wurde und im Haus so grossartig zusammenkommt, wieder abgebaut, verpackt und abtransportiert wird. Es schreibt sich zwar alles in die Räume und in das Gedächtnis der Besucher ein, aber weg ist es dennoch.

3. Gabs einen albernsten Trend?

Ein Wort, das ich zwar nicht albern, aber seit Jahren merkwürdig finde, ist der Begriff des «Kunstbanausen». Es gibt immer wieder Menschen, die sagen, ich würde ja gerne in diese oder jene Ausstellung kommen, aber ich bin leider ein «Kunstbanause». Gibt es das, frage ich mich da? Kunst hat mit dem Leben zu tun und zeigt uns Dinge auf, die unser Leben bereichern können – ob wir denn in der Wirtschaft, der Politik oder der Bildung tätig sind. Wer offen für das Leben ist und sich neugierig Dinge ansieht, ist kein «Kunstbanause».

4. Was haben Sie verpasst?

Vieles natürlich. Ich würde herzlich gerne noch viel, viel mehr machen und besuchen – neben Kunstausstellungen, Gesprächen und Anlässen zum Beispiel Vorstellungen im Theater Basel, der Kaserne, dem Roxy, aber auch Lesungen und Konzerte. Leben heisst eben auch verzichten können und müssen…

5. Haben Sie denn etwas vermisst?

Ich habe das Gefühl, dass das Jahr 2014 wieder mal viel zu wenige Stunden hatte, als dass ich allen Einladungen hätte nachkommen könnte. Ich hoffe, dass das nächste Jahr sich dabei mehr anstrengt.

6. Und hat Sie etwas positiv überrascht?

Nachhaltig überrascht bin ich von der Offenheit, Neugier und Herzlichkeit, die mir hier täglich im Kunsthaus widerfährt und mir durch die Baslerinnen und Basler und viele Kolleginnen und Kollegen entgegengebracht wird. Das ist wunderbar!

7. Ihr grösster Fehler im 2014?

Ich habe es nicht ein Mal geschafft, im benachbarten Stadion ein FCB-Spiel live zu sehen – das muss sich ändern (lacht).

8. Ihr Jahr in einem Lied zusammengefasst?

Happy!

9. Ihr Youtube-Video des Jahres?

Ehrlich gesagt schaue ich mir so gut wie nie Videos auf Youtube an. Wenn Filme, dann brauche ich die Grossleinwand. Aber vor einiger Zeit hatte ich mir doch aus der Reihe ART21 ein paar kurze Künstlerbeiträge angesehen. Schön fand ich den zu Bruce Nauman: Einer der wichtigsten und erfolgreichsten Gegenwartskünstler und zugleich passionierter Pferdezüchter, der in wenigen Sätzen beschreibt, worauf es (in der Kunst) ankommt.

10. Wofür haben Sie viel Geld ausgegeben – und hat es sich gelohnt?

Für Kunst, Kinder und Kultur. Ob sich das gelohnt hat? Selbstverständlich!

11. Worauf freuen Sie sich im 2015?

Auf sehr vieles! Auf Begegnungen, auf unterschiedlichste Ausstellungen bei Kolleginnen und Kollegen, aber natürlich auch im eigenen Haus. Es ist jedes Mal aufregend und wunderbar zugleich, wenn aus Ideen und Plänen Werke und Ausstellungen entstehen.

12. Was wären Ihre Wünsche an Basel fürs kommende Jahr?

Dass wir weiterhin zusammen (kulturell) nach vorne schreiten: Es gibt doch kaum eine vergleichbare Stadt oder Region, die so viele gute, engagierte Kunst- und Kulturinstitutionen aufweisen kann, ob grösseren oder kleineren Formats, und vor allem so viele gute und sehr gute Kunstschaffende verschiedenen Jahrgangs. Und wenn wir alle mit unseren Häusern und Orten das Profil behalten, das wir haben, und dieses präzisieren, können wir weiterhin eine starke Gemeinschaft bilden und gemeinsam einen kulturellen Beitrag an die Gesellschaft leisten.

Wie formulierte eine befreundete Künstlerin es mal so treffend: Two heads are better than one! Also, auf ins neue Jahr!

Dossier: Kulturjahr 2014

Wie haben Kulturschaffende und -interessierte das Jahr 2014 erlebt? Wir haben sie gefragt.

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