Mit dem Vorstadttheater, dem Theater im Teufelhof und dem Häbse-Theater feiern dieses Jahr gleich drei Basler Kleinbühnen einen runden Geburtstag. Obschon oder gerade weil diese Häuser ganz unterschiedliche Programme anbieten, stehen sie für eine Szene, die sehr lebendig und lebensfähig daherkommt.
Auf ins Theater! Zum Beispiel ins Vorstadttheater. Dort werden viele Erinnerungen wach, kann man sich doch bereits seit vierzig Jahren von den intelligent verspielten Eigenproduktionen im ältesten institutionalisierten Kinder- und Jugendtheater der Schweiz mitreissen lassen.
Oder ins Theater im Teufelhof, das sich vor 25 Jahren als Basler Spielstätte für literarisches Kabarett positioniert hat. Denselben runden Geburtstag feiert auch das Häbse-Theater, das sein Publikum mit einem ganz anderen Programm anlockt – vom Haus selber als «Unterhaltungstheater» bezeichnet. Dort trifft man auf Zuschauerinnen und Zuschauer, die vielleicht auch ins Fauteuil gehen – in das 1957 eröffnete Urgestein der Basler Kleintheaterszene, das aber eigentlich jünger ist als die 1892 gegründete Baseldytschi Bihni. Letztere konnte erst in den 1960er-Jahren eine eigene Spielstätte beziehen.
Neben dem Theater Basel, dem grossen subventionierten Dreispartenhaus, buhlen zahlreiche weitere Theater mit so vielen Produktionen um ihr Publikum, als ob sie die einzigen Bühnen auf dem Platz wären. Und obschon die allermeisten Kleintheater keine Subventionen erhalten, kommen dennoch alle über die Runden – je nachdem, wo man nachfragt, «sehr gut», «gut» oder «irgendwie».
15 Kleintheater
Gemessen an der bescheidenen Grösse der Stadt finden sich in Basel ausgesprochen viele Kleinbühnen. Wie viele? Der staatlich subventionierten Genossenschaft zur Förderung Basler Kleintheater gehören 19 Institutionen an, die nach Angaben der gemeinsamen Promotionsplattform zusammen rund 300’000 Zuschauerinnen und Zuschauer pro Jahr verzeichnen – das sind einige mehr als das Theater Basel mit seinen knapp 170’000 Zuschauerinnen und Zuschauern in der Spielzeit 2012/13. «Dabei sind aber auch die Kuppel, die Gare du Nord, das Sud und die Kaserne, die ja nicht eigentlich Kleintheater sind», schränkt Philippe Bischof, Leiter der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ein. «Ich erachte eine Zahl von 15 für angemessen.»
Aber auch 15 Kleintheater sind viele. Zu viele für Basel? «Das können nur die Theater selbst sagen», meint Bischof. Der Kanton subventioniere einzig das Vorstadttheater, alle anderen finanzierten sich, abgesehen von punktuellen Beiträgen aus dem Swisslos-Fonds (mit Beiträgen zwischen 30’000 und 90’000 Franken), privat und seien daher auch von einer möglichen kulturpolitischen Steuerung unabhängig, ergänzt der Kulturbeauftragte. «Aber ich habe den Eindruck, dass erstaunlicherweise die meisten der Kleintheater ganz gut durchkommen, rege besucht sind und damit auch ihre Bedeutung in der Stadt haben.»
Nischen besetzen
Wichtig im Überlebenskampf ist, dass die vielen Basler Kleintheater alle ihre speziellen Nischen besetzen können, um sich gegenseitig nicht das Wasser abzugraben. Entsprechend wichtg ist es für die Häuser, neben der Produktion ihrer Eigenproduktionen, Gastkünstler möglichst fest an die eigene Bühne zu binden.
Damit diese von den anderen Bühnen nicht weggeschnappt werden? In Basel sei dies nicht Sitte, meint Caroline Rasser, Ko-Leiterin des Theaters Fauteuil: «Die Theater hier haben alle ihre Nischen, sodass man nicht gross über den Hag fressen muss.» Und wenn verschiedene Theater, wie bei den Vorfasnachtsveranstaltungen, einmal im Jahr doch im selben Teich fischen, dann scheint das Bedürfnis des Basler Publikums danach so gross zu sein, dass sich jedes Haus über ausverkaufte Vorstellungen und Einnahmenüberschüsse freuen kann.
Erfolg mit Vorfasnachtsveranstaltungen
Auf die Erfolgskarte Vorfasnachtsveranstaltungen setzen nämlich mehrere der Basler Kleintheater: Das Häbse-Theater mit dem «Mimösli», das Förnbacher-Theater mit dem «Ridicule», das Kindertheater Arlecchino mit dem «Fasnachtsbändeli» und die Theater Fauteuil und Tabourettli, die dieses Jahr mit dem traditionellen «Pfyfferli» und der «Wirrlete» gleich zwei Vorfasnachtsveranstaltungen auf dem Programm hatten.
Das «Pfyfferli» ist mit 68 ausverkauften Vorstellungen die meistgespielte Vorfasnachtsveranstaltung und damit ein sicherer Wert im Spielplan sowie eine der finanziellen Stützen des Theaters Fauteuil. Das Wort «Cashcow» hört Rasser aber ganz und gar nicht gern. «Dahinter steckt extrem viel Arbeit, von leicht verdientem Geld kann da keine Rede sein», betont sie.
Aber das Urgestein der Basler Kleintheaterszene, das seine zwei Bühnen mit 400 Vorstellungen pro Spielzeit unter Dauerbespielung hält, verdient damit Geld. Ebenso mit den traditionellen Märchenproduktionen, die in bis zu 70 Vorstellungen für ein volles Haus sorgen, und den hauseigenen Dialektkomödien, die 40 bis 50 Mal gespielt werden. «Mit diesen Einnahmen können wir andere Produktionen quersubventionieren, das eröffnet uns Freiräume bei der Programmierung.»
Nicht nur schwarze Zahlen
Für Helmut Förnbacher, Leiter des gleichnamigen Theaters und der nach ihm benannten Company, schreibt mit seiner Vorfasnachtsveranstaltung nach eigenen Angaben keine schwarzen Zahlen. «Finanziell kann ein Kleintheater wie meines in einer Stadt, die ein solch reichhaltiges Kulturangebot hat, nicht funktionieren», sagt er. Entsprechend sei er auf ein Bühnenensemble angewiesen, das keine horrenden Gagen verlange.
In der Baseldytschi Bihni erhalten die Schauspielerinnen und Schauspieler gar keine Gage. Und nach wie vor verzichtet die Laienbühne auf fixe Eintrittsgelder, sondern lässt das Publikum nach den Vorstellungen frei entscheiden, wie viel es für den Theaterbesuch bereit ist zu zahlen. Neben dieser Kollekte sorgen die Mitglieder des Trägervereins dafür, dass das Theater überleben kann: Mit Aktivmitgliedern, die sich als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzen lassen, sowie mit Passivmitgliedern, die das Haus mit Mitglieder- und Gönnerbeiträgen unterstützen. «Bezahlt sind bei uns nur die Regisseurin, der Bühnenbildner und die Putzfrau», sagt Remo Gallacchi, der vor knapp einem Jahr das Vereinspräsidium übernommen hat.
Ein solides Fundament und viel Engagement
Allen Kleinbühnen in Basel ist gemein, dass sie von theaterverrückten Menschen geleitet und bespielt werden, die sich mit sehr viel Engagement für ihre Häuser einsetzen. In vielen Fällen sind auch nach Jahrzehnten noch die Gründer beziehungsweise die Gründerfamilien am Ruder. Dass aber gleich bei zwei der jubilierenden Institutionen, beim Vorstadttheater und beim Theater im Teufelhof, der Leitungs- oder Generationenwechsel gelungen ist, deutet darauf hin, dass sich die Institutionen auch über die Pionierzeit hinaus etablieren konnten.
Sehr zur Freude auch von Philippe Bischof: «Was ich sehr wichtig finde an Kleintheatern und was ihre Rolle ausmacht, ist die Tatsache, dass sie mit populären theatralen Formen viele Menschen anziehen, die nicht unbedingt in die anderen Theaterhäuser gehen», sagt er. «Damit leisten sie ihren Beitrag zu einer lebendigen Theatertradition und zur Kulturstadt Basel.»
Die Tageswoche stellt die drei jubilierenden Bühnen in kurzen Porträts vor. Wir beginnen mit dem Vorstadttheater (40 Jahre), gefolgt vom Theater im Teufelhof und dem Häbse-Theater (beide 25 Jahre).
Kleintheater – Zahlen und Fakten (eine Auswahl)
Theater Fauteuil und Tabourettli |
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Gründungsjahr: |
1957 (Tabourettli: 1971) |
Zuschauerplätze: |
Fauteuil: 220, Tabourettli: 180 |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
400 |
Durchschnittliche Auslastung (Eigenproduktionen): |
90% |
Zuschauerzahl: |
80’000 |
Staatliche Unterstützung: |
Swisslos-Fonds BS: CHF 90’000, BL: CHF 30’000 für eine Eigenproduktion |
Internet: |
www.fauteuil.ch |
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Häbse-Theater |
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Gründungsjahr: |
1989 |
Zuschauerplätze: |
350 (mit Konsumationsmöglichkeit) |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
150 |
Durchschnittliche Auslastung: |
80% |
Zuschauerzahl: |
45’000 |
Staatliche Unterstützung: |
Swisslos-Fonds BS: CHF 50’000 Defizitgarantie für Musicalproduktion |
Internet: |
www.haebse-theater.ch |
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Theater im Teufelhof |
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Gründungsjahr: |
1989 |
Zuschauerplätze: |
100 |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
90-100 |
Durchschnittliche Auslastung: |
50-60% |
Zuschauerzahl: |
4500 |
Staatliche Unterstützung: |
Swisslos-Fonds BS: CHF 40’000, BL: CHF 50’000 an die Jubiläumsaison |
Internet: |
www.theater-teufelhof.ch |
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Vorstadttheater Basel |
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Gründungsjahr: |
1974 |
Zuschauerplätze: |
90-100 |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
100 |
Durchschnittliche Auslastung: |
65-72% |
Zuschauerzahl: |
6200 |
Staatliche Unterstützung: |
je CHF 240’000 Subventionen von BS und BL |
Internet: |
www.vorstadttheaterbasel.ch |
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Förnbacher-Theater |
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Gründungsjahr: |
1998 (Theater), 1980 (Company) |
Zuschauerplätze: |
150 |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
200 |
Durchschnittliche Auslastung: |
— |
Zuschauerzahl: |
«ca. 10% der Zuschauerzahl des Theaters Basel» |
Staatliche Unterstützung: |
Swisslos-Fonds BS: CHF 80’000, BL: CHF 40’000 an eine Eigenproduktion |
Internet: |
www.foernbacher.ch |
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Baseldytschi Bihni |
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Gründungsjahr: |
1996 (Kellertheater im Lohnhof), 1892 («Dramatische Gesellschaft») |
Zuschauerplätze: |
142 |
Anzahl Vorstellungen/Spielzeit: |
60-70 (Eigenproduktion) |
Durchschnittliche Auslastung: |
50% |
Zuschauerzahl: |
— |
Staatliche Unterstützung: |
keine |