Kanufahren mit Peter Doig

Peter Doig gehört zu den ganz grossen zeitgenössischen Malern. Zu Recht, wie die eindrückliche Ausstellung in der Fondation Beyeler zeigt.

(Bild: Stefan Bohrer / ©)

Peter Doig gehört zu den ganz grossen zeitgenössischen Malern. Zu Recht, wie die eindrückliche Ausstellung in der Fondation Beyeler zeigt.

Das Jahr 2014 neigt sich definitiv dem Ende zu, es ist Zeit, etwas zurückzudenken. An all die Ausstellungen, die ich sehen durfte, und es waren doch einige sehr gute darunter – nur schon hier in der Region wohlgemerkt. Gerhard Richter in der Fondation Beyeler, wo mich auch die Courbet-Ausstellung positiv überraschte, «For Your Eyes Only» im Kunstmuseum – wunderschön inszeniert, oder Charles Ray, der sich gleich in zwei Häusern ausbreiten konnte. Aber auch Ariel Schlesinger und Sarah Oppenheimer im Kunsthaus Baselland. Und und und…

Eines der absoluten Highlights aber kam für mich ganz zum Schluss: Peter Doig in der Fondation Beyeler. Die Schau eines Malers, der einem breiten Publikum noch nicht bekannt ist – keiner der grossen Klassiker, den die Fondation sonst gerne auf ihre Plakate druckt. Und genau darum frisch und einen Besuch wert.

Ein Unbekannter ist Doig deswegen aber nicht. Seine Bilder erzielen Höchstpreise an Auktionen, hängen in den grossen Museen. Der gebürtige Schotte, der in Trinidad aufwuchs und heute zumindest teilweise wieder da lebt, wird von Ausstellungshäusern umschwärmt, und so freut man sich beim Haus in Riehen doppelt, dass man diese Ausstellung zeigen kann.

Trügerische Klarheit

Was der 59-jährige Künstler malt, kann nicht so einfach beschrieben werden. Zwar sind es ganz alltägliche Motive, die man rasch erkennt: Eine Figur auf einer Eisfläche, ein Haus, zwei Pingpong spielende Männer oder eine Figur in einem Kanu. Doch verschwindet die Klarheit beim Betrachten. Der Blick verliert sich in der Farbe, in Details. Regt unsere Phantasie an, wenn wir uns Zeit lassen zum Abschweifen.

Es mag klischiert klingen, wenn man hier auf das Motiv des Kanus verweist, das leise und sanft durchs Wasser gleitet, das uns an andere Ufer bringt. Das Doig so oft gemalt hat, dass sein Auftauchen als Motiv nicht mehr überrascht. Es sei ein Symbol für Freiheit, sagte der Maler in einem Interview. Grenzenlosigkeit, die oft träumerisch wirkt in diesen grossen farbigen Bildern. Die auch melancholische Züge aufweisen kann, in der Leere, die in vielen seiner Gemälde anzutreffen ist und die Einsamkeit suggeriert. Und schon sind wir beim nächsten Klischee.

«100 Years Ago (Carrera)»: Eine Idylle, die trügt.

«100 Years Ago (Carrera)»: Eine Idylle, die trügt. (Bild: © Peter Doig / ProLitteris)

Manch ein Gemälde wirkt zuerst idyllisch. «100 Years Ago (Carrera)» etwa. Da sitzt eine langhaarige Figur in einem roten Kanu, das sich fast über die gesamte Bildbreite erstreckt. Türkisblaues Wasser, im Hintergrund eine Insel. Es folgt der zweite Blick, der auf der Insel ein gebautes Bollwerk erkennt – Doig hat eine ehemalige Gefängnisinsel gemalt. Auch die Figur im Kanu irritiert: Lange Haare und ein schwarzes Kleid, doch es ist ein Mann – mit Schnurrbart? Plötzlich kippt die Idylle ins Unheimliche. Auch das nicht unüblich für Doigs Schaffen.

Im Spiegel der Traum

In «100 Years Ago» findet sich noch ein anderes Stilmittel, das Peter Doig gerne braucht: Die Spiegelung, meist in einer Wasseroberfläche. Manchmal ist sie klar, wie in «Milky Way», wo jeder Stern der Milchstrasse auf der Wasseroberfläche erkennbar bleibt. Manchmal aber, da zeigt die Spiegelung ganz etwas anderes, zum Beispiel in «Swamped», wo die dunklen Bäume an einem Seeufer in der Reflektion gelb und rot sind und regelrecht leuchten.

Im Gemälde «Reflection (What Does Your Soul Look Like)» sind nur noch die Füsse einer Gestalt sichtbar, die an einem Ufer steht. Es scheint Schnee zu liegen, doch im Wasser findet sich eine fast goldene Welt: Rote Baumstämme und gelbes Licht, eine phantastische Landschaft. Bäume und Schnee – weitere Konstanten in Doigs Œuvre. Das bekannteste Werk etwa, «Blotter», das eine Figur zeigt, die auf einer Eisfläche steht, die von einer dünnen Wasserschicht überzogen ist. Blaue Jacke und rotes Stirnband. Es mag eine Erinnerung an einen LSD-Trip sein, wie wir schon gelesen und gehört haben.

Doch ist unwichtig, was tatsächlich dahinter steht. Wir bleiben davor stehen und lassen uns hineinziehen. Suchen das Unsichtbare im Sichtbaren. Es ist überall.

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«Peter Doig», Fondation Beyeler, bis 22. März. Die Fondation Beyeler hat auch über die Festtage geöffnet.

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