Die neue Vergabepraxis der Ateliers auf dem Kasernenareal stösst doch noch auf Widerstand: An einer Anhörung ergriffen die alten Künstler das Wort und plädierten für mehr künstlerische Freiheiten. Die betroffenen Jungen sassen still daneben.
«Siebzigjährige auf die Strasse zu stellen, ist ein Todesurteil», stand schwarz auf gelb auf dem Blatt, das vor der öffentlichen Anhörung im Unternehmen Mitte verteilt wurde. Es ging um die Künstlerateliers in der Klingentalkirche auf dem Kasernenareal, die ab 2018 neuen Vergabe-Kriterien unterliegen werden. Die Künstler in den 33 Ateliers müssen sich zu neuen Konditionen frisch bewerben, ohne Garantie, dass sie weiterhin ein Atelier erhalten. Der Kanton wünscht sich eine stärkere Altersdurchmischung und damit auch fairere Konditionen.
Fair finden diese Umwälzung aber vor allem die älteren Künstler nicht. Obwohl seitens der Ateliersgenossenschaft im Vorfeld wenig Protest zu vernehmen war, waren im Raum viele unzufriedene Gesichter zu sehen. Kritikpunkt waren nicht nur der gefühlte Rausschmiss der jetzigen Kunstschaffenden und eine als Bevormundung empfundene Einmischung des Kantons, sondern auch die angekündigten Befristungskonditionen: «Ein Atelier nur zwei bis fünf Jahre lang benutzen dürfen und dann wieder umziehen müssen, ist eine enorme Belastung für einen Künstler», sagte Stephan Jon Tramèr, der mit vielen anderen Künstlern an die Anhörung gekommen war.
Die Jungen applaudieren nicht
Tramèr verglich die Situation mit dem Schicksal des Atelierhauses am St. Alban-Rheinweg: 2006 war das Haus der GGG in der Breite von ähnlichen Änderungen betroffen und die dort eingemieteten Künstler erhielten im Rahmen der Neuausrichtung die Kündigung. Eigentlich genau das, was jetzt auch mit der Klingentalkirche geschehe, meinte er. Für die älteren Künstler, die teilweise seit über 40 Jahren auf dem Kasernenareal arbeiteten, werde es nicht nur schwierig sein, einen neuen Platz zu finden, sie würden mit der Umstrukturierung auch ein Stück über lange Jahre aufgebauten Lebensraum verlieren. Tramèrs Ausführungen folgte grosser Applaus.
Applaus, den nicht alle teilten: Die jungen Künstler applaudierten selten nach den Kommentaren der Älteren und hielten sich während der Anhörung mit Aussagen zurück. Bis auf den kurzen Kommentar einer jungen Frau («Kunst darf doch nicht bewertet werden») ergriff kein junger Künstler das Wort. Trotzdem wandten sich die älteren Künstler an ihre jüngeren Kollegen: «Die neue Generation soll eine Initiative starten!», klang es optimistisch aus verschiedenen Ecken. Alles applaudierte – ausser die Jungen.
Skeptisch gegenüber befristeten Mietverhältnissen
Woher dieses Desinteresse? «Desinteresse ist das nicht», sagt im Nachhinein Florian Graf, der selbst als einer der Jungen an der Anhörung sass. Ihn habe die fehlende Einbringung der jungen Künstler nicht überrascht, doch der Grund dafür sei nicht fehlendes Interesse: «Junge Künstler sind froh, wenn sie überhaupt einen Atelierplatz in der Kaserne bekommen, und dann halten sie sich mit Kritik lieber zurück, wenn es hart auf hart kommt.»
Ein Atelier in Basel zu bekommen, sei sehr schwierig, da ist Graf mit Tramèr einer Meinung. Auch was die befristeten Mietverhältnisse betrifft, ist Graf eher skeptisch: «Als Künstler ist es stressig, stets das Atelier wechseln zu müssen. So kommt man nirgends richtig an.»
Dabei seien die Konditionen der neuen Mietverhältnisse noch nicht in Stein gemeisselt, sagte Philippe Bischof, Leiter der Abteilung Kultur. Ob nur einige Monate, mehrere Jahre oder ganz individuelle Lösungen – all das stehe noch zur Debatte. Die Verwaltung werde sich mit Vertretern der Genossenschaft zusammentun und das Konzept diskutieren, um so einen gemeinsamen Weg zu finden, sagte Bischof.
Wohin mit der Bewerbung?
Wieso hörte man nichts von den anderen jungen Künstlern, von jenen, die keinen Atelierplatz in der Klingentalkirche haben? Graf zuckt mit den Schultern. «Für die wird es so eventuell doch besser werden.»
Wie schwierig es im Moment ist, an einen der begehrten Atelierplätze auf dem Kasernenareal zu kommen, hat Graf am eigenen Leib erfahren: Als er sich für ein Atelier bewerben wollte, musste er zuerst herausfinden, an wen er sich richten sollte. «Ein Ding der Unmöglichkeit», sagt er. Nur dank den Leuten im Klingental habe er dies herausfinden können. Und als er schliesslich seine Bewerbung verschickt habe, sei keine Antwort zurückgekommen. Er hoffe, dass dies mit der neuen Vergabepraxis etwas anders ausfallen werde.