Ab 2018 herrscht in den kantonalen Ateliers auf dem Kasernenareal ein neues System. Die heutige Genossenschaft wird es dann nicht mehr geben. Damit müsse man sich abfinden, sagt ihr Präsident, Rolf Jucker.
«Wir werden nicht protestieren.» Rolf Jucker, Präsident der Ateliergenossenschaft Basel, winkt ab. Er sieht keinen Sinn darin, gegen den Regierungsbeschluss, die Ateliergemeinschaft in der Klingentalkirche aufzulösen, zu kämpfen. Dass der Kanton Basel-Stadt dies plant, war vergangenen Dienstag öffentlich bekannt gegeben worden. Jucker wusste davon schon länger: «Wir führen seit einem Jahr Gespräche mit den Verantwortlichen beim Kanton.» Überraschend kam der Entscheid für ihn und die betroffenen Künstler somit nicht, wenn auch die Details noch nicht ganz ausgehandelt waren.
Diese Details sehen wie folgt aus: Die Mietverträge der Ateliergenossenschaft mit den Künstlern – die heute in den Ateliers in der ehemaligen Klingentalkirche arbeiten – werden vom Kanton übernommen und tel quel weitergeführt. Sie werden frühestens Ende 2017 aufgelöst. Bis dahin will der Kanton im Zuge des Gesamtumbaus des Kasernenareals die Klingentalkirche minimal sanieren. Die Mietzinse werden ab 2018 um das Vierfache angehoben, von heute 19.50 Franken pro Quadratmeter und Jahr auf künftig 80 Franken. Die neuen Mietverhältnisse werden auf fünf Jahre befristet sein. Ein Gremium wird die Kunstschaffenden für die Ateliers auswählen – erwünscht sind einerseits eine Altersdurchmischung, andererseits die Möglichkeit zu Synergien.
Die heutigen Mieter dürfen sich auch nach dem Umbau wieder für ein Atelier bewerben, ohne Garantie, dass sie eines erhalten, und zu den neuen Konditionen. Jucker macht keine Freudensprünge über den Beschluss: «Aber wir wären blauäugig gewesen, hätten wir geglaubt, dass dieser Tag nie kommt», sagt er. «Es ist ein politischer Entscheid. Man will dort künftig etwas anderes als nun da ist – das muss man akzeptieren.»
Entgegenkommen erreicht
In den Verhandlungen, die man in den letzten Monaten geführt habe, habe man jedoch einiges Entgegenkommen erfahren, sagt Jucker: «Wenn man die Auflösung des heutigen Modells als unausweichlich ansieht, so sind wir mit der jetzigen Lösung nicht unbedingt unglücklich.» Ursprünglich hätte der Kanton einen «Clean cut» vorgehabt: Die Mietzins etwa hätten schon per 1. Januar 2015 erhöht werden sollen, und auch die dreijährige Übergangsfrist sei nicht so geplant gewesen: «Wir sind also mit gewissen Vorstellungen durchaus auf Verständnis gestossen. Und wir werden weiter Gespräche führen, das ist klar.» So ist Jucker sich beispielsweise sicher, dass es Härtefälle geben wird, für die man eine Lösung werde suchen müssen.
Die Ateliergenossenschaft feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum. Kunstschaffende hätten Anfang der Sechzigerjahre die ausgediente und leerstehende Kaserne mit Zustimmung des Kreiskommandanten in Beschlag nehmen können, «besetzt quasi», sagt Jucker. Daraus sei dann nach und nach eine Gemeinschaft von Künstlerinnen und Künstlern entstanden. Bald sei von verschiedenen Basler Institutionen und auch dem Kanton die Ateliergenossenschaft Basel gegründet worden, welche den Kirchenflügel der Kaserne gemietet hat und an die Künstler untervermietet. «Die Genossenschaft hat einen hohen Altersdurchschnitt, das ist unbestreitbar», sagt Jucker in Anspielung auf vielgehörte Kritik. «Aber sie ist so gewachsen und zu mehr als einer Gemeinschaft, fast einer Familie, einem Dreigenerationenhaus, geworden.»
Schade um Selbstverwaltung
Die Abkehr vom Genossenschaftssystem empfindet er als schade, gerade auch die damit verbundene Form der Selbstverwaltung: «Sie nimmt die Betroffenen anders in die Pflicht.» Ob das System mit einem externen Gremium, das künftig die frei werdenden Atelierplätze vergeben soll, sinnvoller sei, weiss er nicht. «In einem Atelierhaus soll man sich wohlfühlen, es soll eine Gemeinschaft herrschen», erklärt er. Und wer wisse besser, wer in so eine Gemeinschaft passt, als diejenigen, die sich schon da befinden? Man habe dem Kanton unterschiedliche Lösungen vorgeschlagen, habe damit aber nicht überzeugen können.
«Auch uns ist es ein Anliegen, dass im Haus gearbeitet wird.»
«Das Image des Atelierhauses ist in der Öffentlichkeit wohl leider zu wenig positiv», gibt Jucker zu. «Wir hatten unsere Privilegien, das stimmt – den tiefen Mietzins etwa. Wobei man sich auch einmal den minimalen Ausbaustandard des Gebäudes vor Augen halten muss», fügt er an. Es seien aber nicht alle Vorwürfe gerechtfertigt. So sei das Problem der Überalterung natürlich existent, aber seit Jahren werden nur junge und jüngere Künstler aufgenommen, und gerade vor einigen Wochen habe man fünf junge Künstler und Künstlerinnen aufgenommen. Und dass manche Ateliers ungenutzt seien, stimme auch nicht: «Es gab eine Zeit, wo das zutraf. Heute werden diese untervermietet und zum Teil gemeinsam mit älteren Künstlern genutzt. Auch uns ist es ein Anliegen, dass im Haus gearbeitet wird.»
Trotzdem bringe es nichts, jetzt zu klagen. «Wir müssen in die Zukunft schauen», sagt Jucker. Und dies tut man auf verschiedenen Ebenen. Zuerst einmal wird die Genossenschaft im Dezember mit einer Jubiläumsausstellung der Künstlerinnen und Künstler in der Kunsthalle noch ihr Jubiläum feiern. Und sonst? «Suchen wir auch nach anderen Möglichkeiten – sprich: nach anderen Mietobjekten», sagt Jucker. Vielleicht ist der Kanton ja dabei behilflich.