Kilian Rüthemanns zartschmelzender Asphalt

Kilian Rüthemann liebt Materialien und ihre Eigenschaften. Im Kunsthaus Baselland beschäftigt der Künstler sich mit Schokolade und Asphalt. Was unterschiedlicher nicht sein könnte, hat erstaunlicherweise aber auch Gemeinsamkeiten.

Sanfte Überlappung: Asphalt auf Asphalt. (Bild: Karen N. Gerig)

Kilian Rüthemann liebt Materialien und ihre Eigenschaften. Im Kunsthaus Baselland beschäftigt der Künstler sich mit Schokolade und Asphalt. Was unterschiedlicher nicht sein könnte, hat erstaunlicherweise aber auch Gemeinsamkeiten.

Wer Arbeiten von Kilian Rüthemann kennt, der wurde vor wenigen Wochen wohl etwas überrascht. Denn mit der grossen Plane, die er für die Aussenfassade des Kunsthauses Baselland fertigte, begab sich der Künstler auf neues Gelände: Er, der hauptsächlich installativ im Raum arbeitet, hatte zur Fotokamera gegriffen und ein überdimensionales Bild geschaffen, bei dessen Betrachtung uns auch heute noch das Wasser im Mund zusammenläuft.

Zartschmelzende Schokolade läuft da von oben nach unten, wirft sanfte Wellen und sammelt sich schliesslich in einem süssen See. Und dabei waren jene, die eben Rüthemanns Werk kennen, gar nicht so sicher, ob das tatsächlich Schokolade ist. Oder halt eben doch braunes Kunstharz. Denn das Spiel mit Materialien, das Austesten derer Eigenschaften, das ist Rüthemanns Leidenschaft.



Schokolade oder keine Schokolade? Die von Kilian Rüthemann gestaltete Aussenfassade.

Schokolade oder keine Schokolade? Die von Kilian Rüthemann gestaltete Aussenfassade. (Bild: Karen N. Gerig)

Nun versichert Rüthemann: Es ist Schokolade, nichts als Schokolade. Nicht mal was beigemischt habe er. Und es sei kein Werbefoto, sondern er habe so lange rumgepröbelt, bis die Konsistenz der Süssigkeit perfekt war. Perfekt heisst in diesem Fall: Nicht zu flüssig, so dass die Wellen sich schön aufeinanderschichten und nicht gleich ineinander verschmelzen. Denn genau an jenem Punkt erhält das Bild skulpturalen Charakter: Dort, wo der Strahl der Schokolade auf die bereits geschichteten Wellen trifft und diese durch ihr Gewicht fast zum Kippen bringt.

Irgendwann, so weiss man, wird diese Schokolade ihren Aggregatszustand wieder verändern und hart werden. Und erst im Mund, beim Verzehr, wird sie wieder schmelzen.

Ein anderes Material sollte das nicht tun: Asphalt. Einmal ausgehärtet sollte er hart bleiben und nur durch Zerbröckeln wieder zu entfernen sein. Das kann Rüthemann im Kunsthaus Baselland in acht Monaten testen beziehungsweise prüfen. Denn für Teil zwei seines Aussenraum-Projektes «Run» hat er genau dieses Material verwendet: Den Vorplatz des Kunsthauses zieren ab sofort und bis Ende Jahr zwei Asphaltbahnen. Sie erinnern an ausgerollte Teppiche, die an einer Ecke übereinandergelegt sind.



Betreten erwünscht: Wie hier der Künstler sollen auch die Besucher nicht aussen rum, sondern darüber hinweg laufen.

Betreten erwünscht: Wie hier der Künstler sollen auch die Besucher nicht aussen rum, sondern darüber hinweg laufen. (Bild: Karen N. Gerig)

Leider habe man den ausrollbaren Asphalt noch nicht erfunden, witzelt Rüthemann, weshalb er um Hilfe beim Strassenbau ersuchen musste. Dabei sehen die beiden Bahnen genau so aus: als hätte man sie eben mal so locker von einer Rolle gelassen. Doch die zwei Bahnen, die in ihrer Dicke exakt der Dicke eines normalen Strassenbelags entsprechen, wurden zwar nicht mit einer Walze in Form gedrückt, aber doch mit einem Vibrationsstampfer. Das hat aber glücklicherweise zur Folge, dass der Asphalt nicht einfach nur plattgedrückt ist, sondern sich sanft an den Boden anschmiegt.

Jede Unebenheit nimmt er auf und dort, wo die beiden Platten sich überlappen, gibt es einen ganz weichen Übergang. «Vorher war mir gar nicht bewusst, wie uneben dieser Boden hier ist», sagt Rüthemann. Stimmt, zum Kunsthaus hin fällt er gar regelrecht ab. Und der Vorplatz wirkt auch plötzlich grösser. Nein, man habe die Bänkli nicht verschoben, versichert Direktorin Ines Goldbach. Das Moos, das darunter wächst, untermauert diese Aussage.

Dass sich in der Wahrnehmung Veränderungen ergeben, ist von Rüthemann ebenfalls gewollt. Neue Sichtweisen, die sich nicht nur in Bezug auf die verwendeten Materialien eröffnen, sondern auch auf den Raum, in dem sie sich befinden. Deshalb arbeitet der Künstler auch hauptsächlich installativ. Und deshalb ist diese Asphalt-Arbeit auch wieder eine, die sich besser mit seinem restlichen Werk verbinden lässt. Kunstbetrachter sind halt doch Gewohnheitstiere – wodurch sich der Künstler allerdings nicht davon abhalten sollte, auch wieder mal durch die Wahl eines neuen Mediums zu verblüffen.

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«Run» von Kilian Rüthemann, Kunsthaus Baselland. Bis 31. Dezember 2015.
 Vernissage Do, 23. April, 18.30 Uhr.

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