King Pepe greift nach Basel

Es gibt Berner Mundartrock, und es gibt King Pepe. Der bewegt sich mit seiner mittlerweile vierten Platte «70% Wasser» in seinem eigenen Kanal, wie es sich für einen Monarchen gehört. In Basel lädt er diese Tage zweimal zur Audienz – das erste Mal heute Abend im Parterre.

King Pepe macht sich fein für seine Auftritte in Basel.

Es gibt Berner Mundartrock, und es gibt King Pepe. Der bewegt sich mit seiner mittlerweile vierten Platte «70% Wasser» in seinem eigenen Kanal, wie es sich für einen Monarchen gehört. In Basel lädt er diese Tage zweimal zur Audienz.

«König des Absurden» nannte ihn neulich die Zeitung der Stadt, aus der heraus King Pepe seine Herrschaft begründete. King Pepe rückte mit einem neuen Album aus, seinem fünften, das den schönen Titel «70% Wasser» trägt. Und auch davon handelt: vom Menschen und davon, dass er eben hauptsächlich Wasser ist und deshalb liquide, flüchtig, farblos gar.

Absurd mag das Theater erscheinen, das der Mensch veranstaltet, um sich gegen seine Kontingenz aufzulehnen, Pepes Blick hingegen ist häufig ein melancholischer ob all der Tragik, bitter eingedenk all der Blödheit, und dann doch wieder: zärtlich.

Zweisamkeit – eine Illusion

Zweisamkeit ist eine Illusion, endlos nur die Dummheit, die Liebe eine Nichtigkeit. «Someone falls in love and someone from a tree» lautet eine der verstreuten englischen Zeilen der Platte, die schneidend die Sinnentleerung fassen: Ob einer der Liebe verfällt oder einfach nur vom Baum, was macht das schon. Kosmisch betrachtet.

In einer Ode an die Pussy-Riot-Frau Nadescha Tolokonnikova beseufzt er  – «Nadescha, Du chasch mini Chiuche ha» – die Künstlerexistenz derjenigen, dem es in der Sicherheit des Rechtsstaates oder auch nur des braven Bürgertums an kontroversem Potenzial und gesellschaftlicher Brisanz fehlt. Und in «I chume nid i Club» hört man eine fast mitleidige Szene, wie einer, der noch am Kater krankt, sich bereits vom nächsten Angebot verheissungsvoller Festnächte überreden lässt.

Sternstunden im Alltag, Ekstase im Trott, Magie in der Ödnis – wer kann es einem übelnehmen, sich davon verführen zu lassen? Nicht Pepe. «We all go the heaven in a little rowboat», löst er die Marter des scheinbar Ewigblöden auf. Per Nussschale ins Glück, immerhin.

Englisch oder doch lieber Bärndütsch?

Bern ist ihm bereits untertan, diesem König des träfen Worts, und nach und nach auch der Rest der Deutschschweiz. Die kommenden Tage tritt er gleich zweimal in Basel auf, einmal mit seiner Begleitband Le Rex, einmal im langjährig erprobten Duo mit seinem Multiinstrumentalisten Herwig the Engine, am Eröffnungsabend des Lyrikfestivals.

An letzteres Konzert wird sich eine Diskussionsrunde anschliessen, mit Fragen wie derjenigen, wie Musik und Text verschränkt sind, und ob manche Inhalte im Dialekt besser transportierbar sind als in der Hoch- oder Fremdsprache.

Simon Haris – so heisst King Pepe ausserhalb der Musik – Antwort erstaunt. Er, der plastische Sätze schraubt mit einem Alltagswortschatz, zu dem die Englischfetzen genauso dazugehören wie sein Schweizerdeutsch, schraubt und dennoch Entfaltungsraum für Tiefsinn offen lässt, sagt: «Bei mir ist die Musik stets am Anfang. Ansonsten würde ich einen Gedichtband herausgeben.» Der Mundart bedient er sich, weil er im Lied so konkret sein will wie im Gespräch. Oder man könnte sagen: weil er in derjenigen Sprache singen will, in deren Ausdrucksform er heimisch ist, wäre sie nicht das Berndeutsch.

Von der Tradition des berndeutschen Lieds grenzt er sich ab. «Ich habe ursprünglich sogar in Züridütsch gesungen, weil ich nicht in diesen Mundart-Katalog eingereiht werden wollte.»

Die Berner Troubadouren wie Mani Matter oder Bernhard Stirnemann sind ihm seit Kindheitstagen geläufig, seine Orientierung galt jedoch stets dem Osten der Schweiz: Baby Jail aus Zürich, Eugen aus Schaffhausen, Jack Stoiker aus St. Gallen. Bei denen also, wo stets eine Kratzspur Punk sich durch den Rock zieht. «Ich habe jedoch bald festgestellt, dass es blöde klingt, in Zürichdeutsch singen zu wollen, wenn man es nicht beherrscht. Und man kann das Feld in Bern auch nicht einfach Gölä überlassen. Einige müssen mal damit anfangen.»

Bloss nicht langweilen

Punk also. Den Ausschlussdrang wider Vereinnahmungen trifft man bei King Pepe noch immer an, auch wenn er seine Platten – im Unterschied zum Debut «Blöd im Chopf» nicht mehr komplett selbst produziert, nun mit Le Rex eine professionelle Blaskappelle (plus Schlagzeug) hinter sich weiss und bei «Der gesunde Menschenversand» anstatt im Eigenvertrieb verlegt wird – ein Spoken-Word-Verlag, ursprünglich. Man findet ihn bei Veröffentlichungen wie «Pepejazz» (2012), für die er alte Schellack-Platten zusammengeklaubt hat und über deren instrumentale Spuren kurze Lieder singt, oder bei seiner Ankündigung fürs nächste, bereits angeschobene Projekt, das – im Bruch mit den bisherigen Veröffentlichungen – sich an elektronischer Musik orientieren soll.

Und man findet ihn schliesslich immer wieder in seinen Texten, die sich trotz der konturierten Sprache selten auf nur eine Seite legen lassen. In Zeilen wie «Chönnti bitte mitcho, wenn Du mi verlahsch», wo sich die Hörer «offenbar nicht einig sind, ob man das nun hoffnungsvoll oder bemitleidenswert lesen soll», wie er erfahren hat.

Texte ohne doppelten Boden kommen nicht in Frage. «Ich will nicht langweilige Zeilen singen, nur damit jeder mitkommt. Texte sollen anregen und auch missverstanden werden. Mich überrascht immer wieder, wie dröge anderes ist.»

Überraschend? Keineswegs, denn so ist das eben mit einem King. Es kann nur einen geben.

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Parterre Basel, 16.1., 21 Uhr (mit Le Rex); Literaturhaus Basel, 23.1., 19.30 Uhr (mit Herwig The Engine)

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