Kleine Szene mit grosser Kraft

Von Celtic Frost bis Zeal & Ardor – eine kurze Geschichte des einheimischen Extrem-Metal.

Swiss metal band Celtic Frost, Berlin, 20 November 1989 (KEYSTONE/CAMERA PRESS/Ed Sirrs)

(Bild: Ed Sirrs)

Zeal & Ardor mögen der letzte Schrei sein, doch Metal made in Switzerland geniesst schon seit Jahrzehnten weit über die Landesgrenzen hinaus einen ausgezeichneten Ruf. Mit Celtic Frost aus Zürich gab es bereits Mitte der Achtzigerjahre eine Band, die ganze Subgenres des Heavy Metal mitprägte. Die Gruppe um Tom Gabriel Fischer war düsterer, härter und experimenteller als die meisten Zeitgenossen und wurde dadurch zum Vorbild für die norwegischen Black Metaller und den Gothic Metal, der ab den Neunzigern entstand. Auch Genregrössen wie Sepultura zollten den Pionieren aus der Schweiz Tribut.

Selbst Nirvana hörten im Tourbus gerne Celtic Frost. Als Nirvana-Drummer Dave Grohl seine Jugendidole für das Metal-Projekt Probot ins Studio lud, war nebst Lemmy Kilmister auch Tom Gabriel Fischer dabei. Auch die Metal-Ästhetik prägten Celtic Frost. Mehrere ihrer Albumcover schmückten Motive von HR Giger. Seit 2008 führt Fischer das Erbe von Celtic Frost mit einer neuformierten Band unter dem Namen Triptykon weiter. Und das mit Erfolg: Letztes Jahr spielte die Truppe beim weltgrössten Metal-Festival in Wacken im Hauptabendprogramm.

Harte Ostern
Schweizer Metal in der Kaserne
Wir stellen ihnen einige der Bands vor, die Sie am Ostersamstag live erleben können.

Schweizer Präzisionsarbeit trugen später Coroner in die Metal-Welt hinaus. Das Zürcher Trio machte sich einen Namen mit Thrash Metal, der nicht nur auf Tempo und Härte, sondern auch auf technische Raffinesse setzte. Nach der Trennung 1995 spielte Gitarrist Tommy Vetterli eine Zeitlang bei Stephan Eicher und der deutschen Thrash-Institution Kreator. 2011 reformierten sich Coroner, noch dieses Jahr soll ein neues Album erscheinen.

Pulver: der Pionier der Basler Szene

In Basel hatte es harter Metal stets schwer. Doch einen Mann kümmerte das nie: V.O. Pulver. Mitte der Achtziger startete er seine Karriere mit Carrion, die sich bald in Poltergeist umbenannten. Knapp zehn Jahre später folgte Gurd, zu Beginn mit Gitarrist Thomas Baumgartner, der später mit Undergod dem Industrial Metal frönte.

Die Neunzigerjahre waren dann keine gute Zeit für harten Metal. Ein Grossteil der Anhänger von verzerrten Gitarren wechselte zum Grunge oder dem kurzlebigen Nu Metal. Pulver aber machte mit wechselnden Gurd-Besetzungen unverdrossen weiter sein Ding. Die Band blieb dem Thrash Metal treu, wobei auch Platz für zeittypische Crossover-Elemente war. 

Daneben baute Pulver sein Little Creek Studio auf. Er produzierte Platten für lokale wie internationale Bands und arbeitete dabei auch mit Zatokrev, der Band um Fredy Rotter. Und weil eine Hand die andere wäscht, erschien das letzte Gurd-Album «Fake» 2014 auf Rotters Label Czar of Crickets. Am Samstag werden die mittlerweile als Kultband gehandelten Gurd das diesjährige Czar Fest in der Kaserne abschliessen. 

Rotter erinnert sich, dass sich die Szene früher regelmässig zu Partys und Konzerten im Stücki einfand: «Gurd haben damals einen richtigen Metal-Crossover-Push in Basel erzeugt. V.O. Pulver war die zentrale Figur in der Szene, und es erstaunt mich, dass dieser Mann in Basel nicht mit Anerkennungspreisen überhäuft wird.»



Zatokrev im Rossstall in der Kaserne.

Zentrale Figur: Fredy Rotter ist als Musiker und Label-Chef in der Basler Metal-Szene allgegenwärtig. (Bild: Eleni Kougionis)

Heute ist Fredy Rotter die zentrale Figur der regionalen Metal-Szene. Mit Zatokrev führt er eine international gefragte Post-Metal-Band an, und mit Czar of Crickets leitet er ein Label, auf dem neben allerlei Metal auch die ersten Releases der Pop-Preis-Gewinner Serafyn erschienen sind.

Zudem ist Rotter der Organisator des Czar Fest, das bereits zum zweiten Mal stattfindet und nach dem allerersten Auftritt von Zeal & Ardor am Freitag anderntags Schwermetall von Acts wie Palmer, Bölzer und eben Gurd auf die Kasernenbühne bringt.

Am letzten Czar Fest traten Schammasch auf. Die avantgardistische Black-Metal-Band schaffte mit ihrem letztjährigen Album «Triangle» den endgültigen Durchbruch. Das dreiteilige 100-Minuten-Werk führt mit unerhörter Härte, Musikalität und Bandbreite in tiefste Finsternis und darüber hinaus. Eine Zeitlang spielte auch Rotter bei Schammasch mit. Bei der letzten BScene teilten sich die beiden Bands die Rossstallbühne der Kaserne.

Zwei Basler Bands spielen auch am diesjährigen Roadburn-Festival. Das Woodstock des Extrem-Metals rollt dabei den roten Teppich aus: Die Shooting Stars von Zeal & Ardor bekamen gleich die beste Spielzeit, und Schammasch wurden vom Festival gebeten, «Triangle» erstmals integral aufzuführen

Daheim haben es die Metaller schwerer. 2015 war mit Zatokrev das erste Mal eine Metal-Band für den Basler Pop-Preis nominiert, im selben Jahr wurde Czar of Crickets der Label-Support zugesprochen. Auftrittsmöglichkeiten gibt es im näheren Umfeld aber – abgesehen vom Czar Fest und im Vorprogramm internationaler Acts im Prattler Club Z7 – bis heute wenige. Die eng vernetzte Metalszene lebte hier schon immer von Eigeninitiative und gegenseitiger Hilfe. 

Basler Metalfrühling

Wobei auch innerhalb der Szene manchmal Umwege nötig sind. Rotter weist darauf hin, dass Zatokrev, Schammasch und nun auch Zeal & Ardor allesamt zunächst fern der Heimat für Aufhorchen sorgten: «Schweizer Metal-Bands müssen normalerweise erst im Ausland Fuss fassen, bevor sich ein grösserer Teil der Schweizer Metalszene für sie interessiert.» 

Der aktuelle Rummel um gleich mehrere lokale Heavy-Bands scheint nun allerdings Folgen zu haben. «Ich hatte vor einigen Monaten ein Interview mit der ‹Badischen Zeitung›», erzählt Rotter: «Die erste Frage lautete: Wann wurde Basel eigentlich zur Metal-Stadt? Da habe ich definitiv begriffen, was hier abgeht. In der ganzen lokalen Musikszene ist ein richtiger Metal-Frühling zu spüren. Überall ist es am Brodeln.»

Vernetzung wird dabei weiter gross geschrieben: Bei Neo Noire, die Anfang Mai ihr Debütalbum veröffentlichen werden, spielt der allgegenwärtige Fredy Rotter zusammen mit Thomas Baumgartner (Gurd und Undergod, Sie erinnern sich) sowie David Burger, der derzeit vor allem als Manager von Zeal & Ardor gefordert ist.

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