Konzert für Orgel, Froschchor und 8 Autos

Im Oslo 10 steigt die Klangperformance «Bolidages» mit ungewöhnlicher Besetzung. Doch eines haben Frösche, Orgeln und getunte Autos gemeinsam: Sie wollen Macht demonstrieren.

Sieht aus wie eine Autoshow, ist aber eine Klangperformance – man beachte die Orgel. Aufführung von «Bolidages» in Belfort.

Im Oslo 10 steigt die Klangperformance «Bolidages» mit ungewöhnlicher Besetzung. Doch eines haben Frösche, Orgeln und getunte Autos gemeinsam: Sie wollen Macht demonstrieren.

Am 3. Mai findet beim Oslo 10 eine Veranstaltung statt, bei der schon die Aussicht darauf eine Geschichte ist.

Der Auslöser ist ein leidiger Umstand. Elektronische Klangkünstler müssen immer dafür Sorge tragen, dass eine gute Soundanlage am Ort ist, den sie bespielen wollen. Zumal Stéphane Montavon aus Delémont gern öffentliche Räume in Beschlag nimmt, um durch Beschallung einen neuen daraus zu machen.

Geräte, Kabel, Strom, furchtbar. Die Lösung liegt nah: Autos mit guter Anlage. Bewegt sich von selbst, hat eigenen Strom, macht ordentlich was her, perfekt. Also werden am Samstagabend acht getunte Autos von Tunern aus Belfort (F) auf dem Dreispitz einrollen und der Aktion ihren Namen geben: «Bolidages», französisch für Tuning.

Bei einem respektablen Fahrzeug ist jedes Teil das Resultat einer langen Auseinandersetzung. Einer der Tuner hätte bei einer Aufführung in Fribourg gerne einen Zaun um sein Auto gezogen. So heilig ist der Bereich.

Ein anderer hat einen grossformatigen Bildschirm in den Kofferraum eingebaut, damit er auf dem Parkplatz Playstation spielen kann. Zocken im Heiligtum, genau das interessiert Montavon.

«Das Auto ist Gott»

An einem frühen Vormittag bei selbstgedrehten Zigaretten führt der Jurassier in differenziertem Deutsch seine Gedanken aus. Was ihn interessiert ist Übermacht und die Demonstration davon. Deswegen wird er Orgelklänge durch die satten Bassrollen schicken. Bei einer Aufführung in Fribourg war eine historische, fest installierte Kirchenorgel am Start, auf dem Dreispitz wird es eine Hammondorgel sein, gespielt von Dominik Blum. «Das Auto ist Gott», sagt Montavon, und die Orgel ist es auch.

Stéphane Montavon beim Fröscheaufnehmen.

Stéphane Montavon beim Fröscheaufnehmen.

In der guten alten Zeit waren bei Tunern noch Dekorationen angesagt wie Teufel, Blitz und Flamme. «Alles Symbole des Übermenschlichen». Die Zeiten wandeln sich und mit ihnen die Demonstration von Macht. Heute ist matter Lack die angesagte Oberfläche, monochrom. Man übt sich in Understatement, ähnlich wie die Besitzer teurer Villen. Wo früher prächtige Fassaden waren, werden heute hohe Zäune gezogen.

Ebenfalls durch die Anlagen jagen wird Montavon Gespräche mit einem Theologen, einem Wissenschaftler und mit Tunern. Und einen Chor von Teichkröten. Da kriegt die schönste Teichkrötin, wer am mächtigsten «quak» macht. «Die Natur funktioniert genauso wie getunte Autos», sagt Montavon. Ein intellektueller Überbau, der es in sich hat, trifft bei «Bolidages» auf popige Schrillheit.

«Bolidages» findet im Rahmen von «Transborder» statt. Kulturhäuser auf den drei Seiten der Grenzregion D/F/CH haben sich zusammengetan um Künstler zu verbinden und ihnen eine grenzüberschreitende Plattform zu geben. Hier geht’s zur Transborderwebsite.

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«Bolidages»: Antoine Chessex: Composition
Gilles Lepore : Mise en Scène
Stéphane Montavon : Dramaturgie
Samstag, 3. Mai. 18 Uhr: Essen im Oslo 10, Oslostrasse 10, Münchenstein. 
20 Uhr: Start von «Bolidages», Helsinkistrasse 10.
Anschliessend noch mehr Essen und DJ Babyface im Oslo 10.

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