Das Festival Wildwuchs in Basel zeigt ab dem 1. Juni, was sein Name verspricht.
Wie sag ichs, ohne zu brüskieren oder im Sprachsumpf der politischen Korrektheit zu versinken. «Verrückt» geht sicher zu weit. «Behindert» wäre wohl richtig, blendet aber aus, dass sich Künstlerinnen und Künstler hier explizit nicht behindern lassen wollen. «Normal» oder nicht? Aber war ist schon normal an zeitgenössischer Kunst, die den Anspruch hat, innovativ zu sein.
Die Rede ist vom Festival Wildwuchs, das am Donnerstag, 1. Juni, seinen Auftakt erleben wird. Mit Künstlerinnen und Künstlern mit und ohne geistige oder körperliche Behinderung. Aber eben, das Wort Behinderung fällt nicht, die Rede ist offiziell und politisch korrekt-fremdsprachlich von «Inklusion» und «Exklusion». Oder vom «Innen und Aussen», wie das Festival-Motto lautet.
Wildwuchs hat sich in seinen acht Ausgaben vom Nischenanlass zum A-Festival entwickelt, das sich entlang der gesellschaftlichen Norm-Grenze in viele Nischen vorwagt und Themen von Ein- und Ausschluss aufnimmt, die sich nicht nur auf Behinderung im gesundheitlichen Bereich beschränken. Es geht auch um die Grenze zwischen Kulturen mitten unter uns, wie zum Beispiel der Audio-Walk «Widerhall an der Grenze» von Isabelle Stoffel und Recycled Illusion aufzeigen wird.
Fulminanter Auftakt mit «Ashed»
Wildwuchs hat sich inzwischen soweit etabliert, dass das Festival auch Produktionen zeigt, die zu den Highlights der renommierten internationalen Festivalszenen zählen. Dazu gehört die südafrikanische Unmute Dance Company des Choreografen Andile Vellem, der selber gehörlos ist. In seiner Truppe vereinigt er nicht behinderte Tänzer und Tänzer, die zum Teil schwere körperliche Handicaps aufweisen.
Die Unmute Dance Company zeigt zum Festivalauftakt ihre Produktion «Ashed», in der die vermummten Körper der Performer zu geheimnisvoll-düsteren Szenerien vereinigt werden. Die Company ist bereits im Mai nach Basel gereist, um in einem Workshop die Zusammenarbeit zwischen «behinderten» und «nicht behinderten» Tänzern zu erforschen.
Workshop mit Alessandro Schiattarella
Beteiligt war und ist der Basler Choreograf Alessandro Schiattarella, dessen persönliches Schicksal beinahe schon einen sinnbildlichen Charakter für diese Grenzüberschreitungen zwischen der körperlichen Unversehrtheit und Versehrtheit hat. Eine seltene Nervenkrankheit stoppte Schiattarellas Karriere als Mitglied renommierter Ballett-Compagnien. Den Tanz auf und vor der Bühne als Choreograf hat er aber nicht aufgegeben.
Einen Einblick in den Austausch zwischen der Unmute Dance Company und Alessandro Schiattarella erhält man am 2. Juni, um 16 Uhr, im Rossstall der Kaserne Basel.
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Festival Wildwuchs, 1. bis 11. Juni in der Kaserne Basel, im Theater Roxy Birsfelden und im Stadtraum.