Kultwerk #38: Harry Potter

In der realen Welt wäre die Schulzeit noch nicht vorbei: Harry Potter wird diesen Sommer 15 Jahre alt.

Harry Potter und seine Eule Hedwig. (Bild: zVg)

In der realen Welt wäre die Schulzeit noch nicht vorbei: Harry Potter wird diesen Sommer 15 Jahre alt.

Am Schluss hatte er es geschafft: Der oberböse Fiesling Voldemort war besiegt, die Welt wieder licht und heil und er, der dies alles vollbracht hatte, erwachsen. ­Harry Potter, der ewige Zauberlehrling, war nach sieben Schuljahren, nach sieben Abenteuern und Hunderten von Buchseiten im Sommer 2007 endlich kein Novize mehr. Stattdessen brachte er als fast schon ergrauter Vater seinen Sohn zum Hogwarts-Express, auf dass dieser nun die Zauberkunst so richtig erlerne. Und Millionen Leser und Leserinnen weltweit heulten dicke Tränen, weil damit das Kapitel «Harry Potter» ein Ende nahm – zumindest in Buchform.

Gab es jemals um ein Buch einen solchen Kult wie um die «Harry Potter»-Bücher? Wir erinnern uns gut daran, denn so lange ist es noch nicht her: Nächtelang standen die Fans in Zaubererumhängen und mit spitzen Hüten verkleidet vor Buchhandlungen an, um zu den Ersten zu gehören, die einen Blick in einen jeweils neuen Band werfen konnten. Verkleidete Harrys fanden sich auch auf ­diversen Maskenveranstaltungen weltweit immer wieder. Zeitungen, Internetmedien und Fernsehen berichteten in ­regelmässigen Abständen tagelang von kaum etwas anderem. Kinder gaben Harry Potter als ihren Lieblingshelden an – Pippi Langstrumpf hatte ausgedient. Und: Endlich würden die Kinder wieder lesen und nicht nur vor dem TV rumgammeln, jubilierten einige Erwachsene. Freiwillig, mit Freude, und erst noch so richtig dicke Schmöker!

Doch nicht nur Kinder liebten (und lieben noch) den Jungen mit den runden Brillen­gläsern und der Narbe auf der Stirn. Zu Harrys Fangemeinde zähl(t)en wohl ebenso viele Erwachsene. Und manch einer, der über diesen Kommerzkult fluchte, warf ­irgendwann doch einen neugierigen Blick in eines der ­Bücher und fand sich möglicherweise gar doch bekehrt. Denn, seien wir ehrlich: ­Harry Potters Welt hat etwas Magisches. Da fliegen nicht nur Besen, sondern Eulen als Brief­träger durch die Lüfte. Häuser verschieben sich, um den Weg ins Reich der Zauberer freizugeben. Drachen sind nicht ausgestorben, ebenso wenig ­Einhörner. Es gibt Süssigkeiten, die – wenn man beim Aussuchen Pech hat – nach ­Erbrochenem oder Nasenpopel schmecken. Butterbier. Sprechende Hüte. Zaubertränke. Und vieles, vieles mehr.

Und, nicht zu vergessen, es gibt eine spannende Geschichte, die sich über sieben Bücher erstreckt. Und in ihrem Zentrum ­einen zu Beginn kleinen Jungen, der über die Jahre zum Helden wird. Für Kinder die perfekte Mischung. Da hätte es die Verfilmungen und den ganzen Konsumtand darum herum gar nicht gebraucht. Zumindest in dieser Hinsicht haben die (erwachsenen) Kritiker absolut recht.

In dieser Rubrik stellen wir jeweils ein Kultwerk vor, das in keiner Sammlung fehlen sollte.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 27.07.12

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