Vor fast vierzig Jahren forderte der Reggae-Musiker Peter Tosh mit seinem Album die Cannabis-Legalisierung. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass er Recht haben könnte. Am 19. Oktober würde er 70 Jahre alt.
Medizinisches Cannabis? Das kannte er längst. Denn während die medizinische Nutzung von Cannabis in manchen Staaten erst in den letzten Jahren anerkannt und gesetzlich erlaubt worden ist, sang Peter Tosh schon vor fast vierzig Jahren: «It’s good for the flu, it’s good for asthma, good for tuberculosis, even umara composis.»
Welches Leiden Tosh mit dem letztgenannten Begriff vorschwebte, konnte bisher nie eindeutig geklärt werden, die Kernbotschaft aber ist nicht zu überhören: «Legalize It!»
Toshs Solodebüt und sein wahrscheinlich bekanntester Song waren 1976 indes nicht nur Empfehlungen für die Arztstuben, sondern traten ein für die totale Liberalisierung des Marihuanakonsums: «Doctors smoke it, nurses smoke it, judges smoke it, even the lawyers too» lautet eine weitere Zeile des Songs, und natürlich nahm er auch seine eigene Kaste nicht aus: «Singers smoke it, and players of instruments too», bekennt er gleich am Anfang des Songs.
Als «Legalize It» erschien, war an Liberalisierung indes nicht zu denken. In den 70er-Jahren begegneten sowohl die westlichen Staaten als auch Jamaika Cannabis einzig mit Repression. Tosh selbst wurde nach einem Konzert in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston, als er sich auf der Bühne einen Joint anzündete, verhaftet und im Gefängnis von der Polizei verprügelt.
Musikalisch wurde die Platte rasch ein Meilenstein des Roots-Reggae, den Tosh in den 1960er-Jahren mit Bob Marley, Bunny Wailer und Junior Braithwaite als The Wailers entwickelt hatte. Mit ihrem Album «Catch a Fire» startete die Band 1973 international durch, das aus dem Ska hervorgegangene «Get Up Stand Up» gehörte bald zu ihren grössten – unter anderem von Tosh mitgeschriebenen – Hymnen.
Tosh war stets die politisch explizitere Reggaestimme
Tosh verliess 1974 The Wailers und machte unter eigenem Namen weiter. Bob Marley schunkelte sich zwar zu Weltruhm empor und blieb bis heute das Gesicht des Reggae, Tosh aber war stets der explizitere politische Songwriter. Neben «Legalize It», noch heute das Manifest der Legalisierungsbewegung, hat Tosh auf späteren Platten wie «Equal Rights», «Bush Doctor» oder «No Nuclear War» für Themen wie soziale Gerechtigkeit, postkoloniale Ausbeutung und massive Aufrüstung der Weltmächte prägnante Zeilen gefunden.
Obwohl manche dieser Platten «Legalize It» in Sachen Verkaufszahlen übertrafen, bildet sein Solodebüt mit dem markanten Coverbild sein eigentliches Vermächtnis. In der Gegenwart scheint sich seine Hauptbotschaft, dass eine Legalisierung des Krauts gegenüber der totalen Repression einige Vorteile biete, langsam durchzusetzen: die USA, lange Jahre eifrigste Verfechterinnen des «War On Drugs», haben mittlerweile in mehreren Bundesstaaten Marihuana legalisiert. Tosh hat diese Entkriminalisierung nicht mehr miterlebt. Wie Bob Marley erlitt auch er einen frühen Tod: 1987 wurde er in seinem Haus in Kingston bei einem Raubüberfall erschossen.