Kunstkredit-Ausstellung: Ein neuer Blick auf altbekannte Künstler

Zwei Ankäufe und acht Werkbeiträge: Diese vergab der Kunstkredit Basel-Stadt in diesem Jahr. Die ausgezeichneten Künstler und Künstlerinnen dürfen ihre Arbeiten nun in der Kunsthalle zeigen.

Stefan Wegmüller beschäftigt sich mit Sprache, gut sichtbar.

(Bild: Karen N. Gerig)

Zwei Ankäufe und acht Werkbeiträge: Diese vergab der Kunstkredit Basel-Stadt in diesem Jahr. Die ausgezeichneten Künstler und Künstlerinnen dürfen ihre Arbeiten nun in der Kunsthalle zeigen.

Die Herausforderung ist jedes Jahr dieselbe: Die Werke der vom Kunstkredit Basel ausgezeichneten Künstler und Künstlerinnen so zu inszenieren, dass es trotz fehlendem rotem Faden möglichst sinnig ist, sich der Besucher zurechtfindet und unterhalten fühlt, und dass der Einblick in das Schaffen der Prämierten kein allzu selektiver, sondern ein repräsentativer ist.

Jetzt also ist es wieder so weit. In der Kunsthalle Basel hat Samuel Leuenberger die Herausforderung angenommen, eine Ausstellung mit insgesamt zehn Kunstschaffenden zu kuratieren. Zwei Ankäufe des Kunstkredits – Manon Bellet und Kilian Rüthemann – und acht Werkbeiträge galt es zu inszenieren. Zehn sehr unterschiedliche Œuvres.

Von Hannah Weinberger bis Markus Gadient

Leuenberger beginnt mit Hannah Weinberger. Die Vorhänge, die den ersten grossen Raum der Kunsthalle unterteilen, kommen uns bekannt vor. Tatsächlich verwendete die Künstlerin diese bereits in ihrer Einzelausstellung im Jahr 2012 im selben Haus. Die Filmprojektionen, die sie darauf wirft, sind allerdings neue – zumindest für Basel. Es sind Aufnahmen aus Los Angeles, die sie dort für eine Galerieausstellung schuf. Ein Einstieg in die Kunstkredit-Ausstellung aus Bild und Ton und dem Flüstern zweier Menschen, die uns an den Vorhängen vorbei in den Rest des Raumes geleiten.

Dieser gehört ganz Hagar Schmidhalter und Stefan Wegmüller. Es waren die Konzepte der beiden, die Samuel Leuenberger als passend für den einen Raum erschienen: Schmidhalter kommt vom Bild her, Wegmüller von der Sprache – bei beiden jedoch geht es ums Erforschen dieses Materials.

Schmidhalter hat eine Werkserie ausgewählt, die Fotos zeigt, die uns seltsam bekannt vorkommen: Diverse Rottöne, verschwommen. Das sei das, was passiert, wenn man den Finger beim Fotografieren vor die Linse hält, sagt Leuenberger. Die zweite Fotoserie vermischt Architektur mit dem Menschen. Oder mit Mode? Es ist ein Spiel mit Bildern aus einem Alvar-Aalto-Katalog und darauf collagierten Fotografien aus einer Modezeitschrift. Konstruierte Bilder.



Hagar Schmidhalters Werkserien – zumindest teilweise.

Hagar Schmidhalters Werkserien – zumindest ein Teil davon. (Bild: Karen N. Gerig)

Bei Stefan Wegmüller ist es das Konstrukt einer Sprache, das im Zentrum steht: Volapük. Eine künstliche Sprache, die im Jahr 1880 von einem Pfarrer geschaffen wurde – ähnlich des späteren Esperanto, doch mit klareren Regeln. Sie hätte die universelle Sprache werden sollen, was nicht gelang. Wegmüller stellt ihr die Computersprache gegenüber – ist dieser gelungen, was Volapük nicht geschafft hat?

Sprache spielt auch bei Dominique Koch eine grosse Rolle, wenn auch auf gänzlich andere Art und Weise. Bei ihr ist es das gesprochene Wort, in dieser Installation hier in Form eines Gesprächs zwischen zwei Protagonisten, das so nie stattgefunden hat. Stattdessen haben beide mit der Künstlerin geredet – und diese hat dann die Aufnahmen zu einem Dialog konstruiert.

Gewisse Ähnlichkeiten (bei aller Verschiedenheit) haben auch die beiden Werkankäufe. Manon Bellet schafft feine Zeichnungen, die entstehen, wenn sie irgendeinen metallischen Gegenstand erhitzt und damit auf hitzeempfindlichem Papier zeichnet. Drei Diaprojektionen fallen stärker auf: Sie sehen aus wie abstrakte Gemälde, werden sich jedoch im Lauf der Zeit verändern, da sich durch die Dauerprojektion das Dia erhitzt.



Keine Gemälde, auch wenns so aussieht: Dia-Projektionen auf Leinwand von Manon Bellet.

Keine Gemälde, auch wenns so aussieht: Dia-Projektionen auf Leinwand von Manon Bellet. (Bild: Karen N. Gerig)

Die Materialveränderung ist auch Ankauf Nummer zwei immanent: Kilian Rüthemanns Schaumstoff-Sarkophag musste neu gemacht werden, weil bei der letzten Version der Stoff zu bröckeln begann. Für sein zweites hier gezeigtes Werk hat er gleich ins Material des Hauses eingegriffen. Er hat ein Mausloch in die Wand gebohrt – allerdings eines, durch das auch ein Hund passen könnte.

Wäre man etwas kleiner, könnte man also hindurchkriechen in den letzten, grossen Raum der Ausstellung. Dann müsste man sich zuerst einmal umdrehen, um darüber die utopischen Architekturen von Florian Graf zu entdecken, in einer Serie von kleinformatigen Gouachen, Fotografien oder Zeichnungen, die man sonst nur selten sieht. Schliesslich erarbeitet Graf sonst lieber sehr grossformatige Skulpturen.



Selten gesehene Arbeiten von Florian Graf – und ein Mauseloch von Kilian Rüthemann.

Selten gesehene Arbeiten von Florian Graf – und ein Mausloch von Kilian Rüthemann. (Bild: Karen N. Gerig)

Grossformatig ist auch das Werk von Sandra Knecht angelegt, allerdings in anderem Sinne. Die Künstlerin hat ihren Werkbeitrag darauf verwendet, auf dem Klybeckareal im Hafen den «Chnächt» zu etablieren. Dort kocht sie, was sich servieren lässt: Tiere, die sie mit der eigenen Räuchermischung würzt, selbstgebrannten Schnaps und vieles mehr. In der Kunsthalle nun hat sie auf Tischen zusammengetragen, was sich so ansammelt dabei – vom Tierschädel bis zur Vanilleessenz.

Wie bei Florian Graf hat Kurator Leuenberger auch bei Jan Kiefer Werke ausgewählt, die man eher weniger gut kennt: Filme. Das handfeste Handwerk, das er ansonsten so gerne zelebriert, schimmert aber auch bei diesen teilweise durch; sei es in den mit Fingerfarben gezeichneten und abgefilmten Tieren oder in dem Laufband, das man aus Rudi Carrells Sendung «Am laufenden Band» kennt, und das der Künstler natürlich selbst gebaut hat.



Der Eber, das Markenzeichen des «Knecht» von Sandra Knecht, und dahinter ein Werk aus dem «Wildenstein-Zyklus» von Markus Gadient.

Der Eber, das Markenzeichen des «Knecht» von Sandra Knecht, und dahinter ein Werk aus dem «Wildenstein-Zyklus» von Markus Gadient. (Bild: Karen N. Gerig)

So wie Hannah Weinberger am Anfang der Ausstellung, so hat auch der letzte Künstler bereits in diesen Räumen ausgestellt. Markus Gadient beschliesst die Schau mit einigen Bildern aus seinem Wildenstein-Zyklus, die für einmal in neuem Zusammenhang gezeigt werden.

Der neue Blick war Samuel Leuenberger wichtig. Meist sind ja die Kunstschaffenden, die vom Kunstkredit geehrt werden, in der Region bereits bekannt. Und so kennt man auch viele ihrer Werke. Mit dem Fokus, nicht immer das Bekannteste zu zeigen, ist diese Schau aber wirklich gelungen – das findet auch Katrin Grögel, die Kunstkredit-Leiterin. Sie sei sehr zufrieden, auch grundsätzlich mit dem neuen Konzept. Und vor allem mit dem Bekenntis der Kunsthalle-Leitung, die Kunstkredit- und HGK-Masterausstellung, die gleichzeitig im Obergeschoss stattfindet, auch in den kommenden Jahren hier zu beherbergen.

Tatsächlich ist es ausserdem ein erfrischender Gewinn, dass externe Kuratoren sich seit dem vergangenen Jahr der Kunstkredit-Ausstellung annehmen. Schliesslich sind auch sie Teil der Kunstszene Basel – und kriegen so auch ein bisschen von der Kunstkredit-Ehrung ab.

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Jahresausstellung Kunstkredit Basel-Stadt, Kunsthalle Basel, 8. bis 15. November. Vernissage Sonntag, 8. November, 11 Uhr.

Gleichzeitig findet im Obergeschoss der Kunsthalle die Ausstellung der Masterarbeiten der HGK statt.

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