Lichtspiele: Der Sinn im Ende

War nix mit dem Weltuntergang. Im Kino aber kommt die nächste Katastrophe bestimmt.

Soll es doch kommen, das Ende. Wir warten geduldig. (Bild: © Pathé Films)

War nix mit dem Weltuntergang. Im Kino aber kommt die nächste Katastrophe bestimmt.

Nun werden wir wohl oder übel weitermachen müssen. Eigentlich war es ja abzusehen: All die Weltuntergangs-Partys haben nichts gebracht. Der Weltentod konnte nicht herbeigeredet werden. Zwar gabs ein Ende (des Herbstes) und auch einen Neuanfang (des Winters). Aber der grosse Tod, der Sinn aller Endlichkeit, kommt weiterhin unvorhergesehen.

Wer die Welt untergehen sehen will, muss ins Kino gehen. Dort werden wir von Katastrophen nicht verschont werden: Schwarzenegger bereitet «Rollator 4» vor. «Twilight» wird die Girlies weiterhin auf das Liebesleben unter Untoten einschwören. Nur James Bond wird diesmal scheitern, an einem tödlichen Witz: Die Monty Pythons haben ihn schon vor Jahren angekündigt. Er wird die Prophezeiungen der Mayas in schwarze Schatten stellen. Ein Bösewicht, der Berlusconi verteufelt ähnlich sieht, will diesen Witz weltweit erzählen. Klar, dass Bond die Welt davor bewahren will: Bei dessen Pointe wird sich die Menschheit nämlich unweigerlich und auf der Stelle ausnahmslos endgültig definitiv unaufschiebbar totlachen!

Erst einmal steht aber ein anderes Ende (das des Jahres) bevor. Wir sollten uns also moralisch aufrüsten. Bei «Great Expectations» von Charles Dickens können wir uns die Frage stellen, ob ein Mensch mit Vernunft nur durch einen Raub zu viel Geld kommen könne und, umgekehrt, ob viel Geld einem Menschen dann nicht auch rasch die Vernunft rauben würde? Dickens’ Geschichten sind besonders zu Weihnachten beliebt, weil wir uns dann gern daran erinnern, dass wir vor Gott alle gleich sind oder besser wären, wären da nicht die leidigen Besitztümer (und eventuell kein Gott).

Derart moralisch gewappnet, können wir geruhsam dem nächsten Ende entgegensehen. Die nächsten Abschlusspartys sind zu Silvester angesagt. Um Mitternacht ist dann endgültig Schluss. Wir treffen uns dann wohl später alle im Stadtkino. Da zeigen sie im Januar noch einmal die herrlichsten Weltuntergänge.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.12.12

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