Lichtspiele: F***! Der Actionfilm «Safe» besticht nicht durch die Eloquenz der Akteure.

Eine kleine Analyse des im US-Film omnipräsenten «Four-Letter-Word» – anlässlich von Jason Stathams neustem Action-Knaller.

Jason Statham (links) spricht die Faustsprache vorzüglich. (Bild: zvg (RialtoFilm))

Eine kleine Analyse des im US-Film omnipräsenten «Four-Letter-Word» – anlässlich von Jason Stathams neustem Action-Knaller.

Eskimos haben tausendmal so viel Schnee und doch nur dreimal so viele Wörter dafür wie wir, nämlich – drei. Die US-Amerikaner hingegen kennen nur ein einziges: Fuck! Gut, damit meinen sie natürlich nicht Schnee, sondern eigentlich alles – nur selten aber das, was die Bibel tausendfach mit «erkennen» umschreibt. Da das «Fuck» in gewissen Filmen ähnlich häufig wie Schnee bei Eskimos vorkommt, habe ich für Sie versucht, die gefühlten 2300 «Fucks» in «Safe» auseinanderzuhalten:

Das geschwungene «Fuck». Von Männern ausgestossen, heisst es untrüglich: «Das ging aber jetzt schief!», mit dem Zusatz «Und du bist schuld daran!». Bei Frauen sollte man «Fuck» eher mit «Ich wusste, dass das schiefgeht!» übersetzen. Hustet es eine Frau einer Frau zu, heisst es etwa: «Was machen wir hier noch?» Während es unter Männern bedeuten kann: «Lasst es uns geniessen!»

«Fuck» scheint im Amerikanischen fest mit Katastrophe konnotiert. Aber auch Konflikte löst der Amerikaner gerne mit dem einen Wort: Wo die Engländerin früher mit ihrer Platzkarte in der Hand einem unerlaubt auf ihrem Sessel sitzenden Herrn im Kino vielleicht noch wortreich zuhauchte: «Würde der Herr eventuell die Güte haben, mir den Platz zu überlassen?», setzt eine Amerikanerin heute mit der einfachen Frage: «What the fuck?» ihren Anspruch auf den nummerierten Platz geradlinig durch. «Fuck» kann Baffsein ausdrücken ebenso wie Bestürzung, Erstaunen, ja schiere Fassungslosigkeit. Ist nicht das «Fuck» von Jason Statham ein Musterbeispiel für die krasse Erkenntnisnot, in die ein Mann geraten kann, als er eine Knarre im Allerwertesten («Fuck»!) explodieren lässt («Fuck­you!»)?

Womit wir bei der Steigerungsform des «Fuck» angekommen sind, dem «Fuck­you». Es wird im Film sinnstiftend als Gesprächs­eröffnung verwendet, kommt aber auch gerne als Beendigung eines Gedankenaustausches zum Einsatz, wo es, etwas lauter vermeldet, meist kurz vor dem Übergang zur Faustsprache (gemeint ist hier nicht Goethe) zur Anwendung kommt. Auf den Superlativ von «Fuck», das «Fockthemotherfocker», will ich hier nicht eingehen. Es fasst aber gut zusammen, was ich von «Safe» halte.

Sollten Ihnen in dieser Kolumne zu viele «Fucks» vorkommen, lade ich Sie ein — gegen meine eisernen Prinzipien verstossend —, in die deutsch synchronisierte Fassung zu gehen: Dort heisst jedes dritte Wort? Richtig. Nicht Schnee … Gerade eben das richtige Wort für «Safe».

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 22.06.12

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