Lies den Linus!

Nicht weniger als «Die 13 schönsten Geschichten der Welt» verspricht der Kölner Autor Linus Volkmann im Untertitel seines neusten Buchs. Ein bisschen übertrieben. Aber das Spiel mit der Subversion ist ja auch Bestandteil seines feinen Humors.

Hätte Terry Gilliam nicht treffender illustrieren können: «Lies die Biber», ins Bild gesetzt von Ole Kaleschke. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Nicht weniger als «Die 13 schönsten Geschichten der Welt» verspricht der Kölner Autor Linus Volkmann im Untertitel seines neusten Buchs. Ein bisschen übertrieben. Aber das Spiel mit der Subversion ist ja auch Bestandteil seines feinen Humors.

«Lies die Biber», der Titel irritiert schon mal ungemein. «Lies die Biber» nennt Linus Volkmann seine neueste Buchveröffentlichung, seine neunte (oder haben wir uns verzählt?) und man weiss nicht, ob der Titel «Lies die Biber» jetzt sehr debil oder sehr drohend gemeint ist. Vermutlich beides.

Denn Linus Volkmann ist zum einen ein sehr schlauer Beobachter der Popkultur, wie man seiner täglichen Arbeit für das Musikmagazin «Intro» entnehmen kann (keiner schreibt so ernsthaft lustig übers Dschungelcamp!)  Zum anderen ist er einer, der eben diese Popkultur herrlich zu persiflieren weiss. Ist ja auch nicht einfach, mit 41 Jahren noch immer so zu tun als sei alles gleich aufregend wie mit 14.

Die Ironie ist da ein schönes Mittel zum Selbstschutz, zur Balance zwischen Retro und Gegenwart, zwischen Hanni und Rihanna, wie wir nicht nur von Hipster-T-Shirts her wissen, sondern längst auch aus Texten und Büchern, zu denen Linus Volkmann beigetragen hat und die wir keinesfalls missen möchten. Zuletzt etwa lasen wir mit grossem Vergnügen «Wie sehr muss man sich eigentlich noch verstellen um ENDLICH NATÜRLICH rüberzukommen?»

Alles auf die Karte Grunge gesetzt

Die erste seiner neuen Geschichten handelt von Super-Lupo, einem ewigen Studenten, der in den Neunziger-Jahren alles auf die Karte Grunge gesetzt hatte. «Er wollte Deutschlands coolster Slacker werden», schreibt Volkmann. «Auf der einen Seite ist ihm das auch gelungen, auf der anderen Seite hiess das jetzt Hartz 4. Und der Begriff des Slackers hatte es ja nicht mal ins neue Jahrtausend geschafft.»

Komisch. Tragisch auch, denn Super-Lupos trifft man in Aussenbezirken an jeder Ecke: «Mittlerweile war man nicht mehr der Allergrösste, wenn man den ganzen Tag bloss Musik hörte, faul rumlag und Selbstgedrehte rauchte», stellt Super-Lupo  fest und hofft, via Dating-Seite seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Ob das gutgeht?

Linus Volkmann:
«Lies die Biber»,
152 Seiten,
Ventil Verlag. Lesung: Freitag, 3.10.14, Bar Alpenblick, Basel, 20 Uhr. 

Volkmann trifft mit seinen liebevollen Satiren wunderbar tief ins Herz der Popkultur. Anti-Helden haben es ihm angetan, ihnen hat er in den vergangenen Jahren immer mal wieder eine Plattform gegeben, von der virilen Schinken-Omi bis zum verpennten Super-Lupo.

Die neuen Kurzgeschichten hatte er sich ursprünglich für Lesungen ausgedacht – und jetzt in einem Band vereint. «Ein überfälliges Helden-Musthave. All die Leute zusammen in eine Geschichte bringen und gucken, was dann passiert», das sei sein Ziel gewesen, verriet er dem Campusradio Dresden. «Die Figuren sind ja einzeln schon so skurril. Und nun als Team. Wow!»

Nicht alle Charaktere vermögen gleichermassen zu begeistern. Eine Story über das Teenie-Mädchen «King Hörnchen» liest sich in der Tonalität sehr klischiert, sie langweilt schliesslich auch. Fast schon, als sei es eine Satire auf männliche Autoren, die sich über den Slang von Teeniemädchen mokieren. Vielleicht ist das ja subversive Absicht. Auf jeden Fall ist es ordentlich überstrapaziert und trashig.

In Bed with Rihanna

Von allen Kurzgeschichten fast die lustigste ist jene, die sich Linus Volkmann über Linus Volkmann ausgedacht hat. Er fliegt in die USA, um die Starsängerin Rihanna zum Interview zu treffen: «Durch den semi-transparenten Stoff des Overalls konnte man ihren BH sehen – also wenn sie einen getragen hätte», erinnert er sich. Volkmann wird folgedessen von Rihanna verführt und endet als ihr  Toyboy stets zu Diensten in Malibu. Ganz schön abgefahren und sehr, sehr lustig, die Zehn-Seiten-Satire auf die Promiwelt und Boulevardmedien.

Man kann sich wunderbar vorstellen, wie gut sowas auch bei seinen Lesungen ankommen muss. Wer ihn schon bei einem Gastspiel erlebt hat, weiss, dass Volkmann ein Garant für grossartig-lustige Leseshows ist. Bis es soweit ist (Bar Alpenblick, 3.10.14, 20 Uhr) überbrücken wir mit diesem Video: Es zeigt Linus Volkmann als hübsch eingekleideten Verkaufsanimateur. Herrlich.

Nächster Artikel