Mandla Reuter verortet die Räume der Kunsthalle Basel neu

So hat man die Kunsthalle noch nicht wahrnehmen können. Mandla Reuter lässt die Besucherinnen und Besucher in seiner ersten Einzelausstellung in der Schweiz zwei Mal eintreten und hat auch einen «Notausgang» vorgesehen.

(Bild: Michael Würtenberg)

So hat man die Kunsthalle noch nicht wahrnehmen können. Mandla Reuter lässt die Besucherinnen und Besucher in seiner ersten Einzelausstellung in der Schweiz zwei Mal eintreten und hat auch einen «Notausgang» vorgesehen.

«Bin ich schon drin?» kann man sich im ersten Ausstellungsraum fragen, da man hier von zwei nigelnagelneuen Getränkeautomaten empfangen wird. Als Anschluss an den Eingangsbereich der Kunsthalle können hier tatsächlich Softgetränke für CHF 2.50 rausgelassen werden – und mit etwas Glück funktioniert dies auch. Denn sowohl die Automaten als auch die Deckenbeleuchtung der fünf Ausstellungsräume des Erdgeschosses sind als Lichtinstallation inszeniert, die nach einem Zufallsprinzip ein- und ausgeschaltet wird. Es entsteht also eine Interaktion zu den Besuchenden und diese nehmen durch die Beleuchtungsveränderungen eine der übersehenen Bedingungen des Ausstellens wahr.

Der zweite Raum ist mit dem verschmutzten weissen Teppich ausgelegt, den man schon von der Regionale 13 her kennt. Mandla Reuter konnte an der Jahresausstellung schon Raum 3 bespielen. Der Raum, der auf die Existenz eines von Mandla Reuter in L.A. gekauftes Grundstück verweist, wurde genau so belassen. Für das «sagen-umwobene» Grundstück hat Reuter in der Ausstellung neue Indizien ausgelegt: in der Plastiktüte unter dem grossen Findling befinden sich die Mittel zum Betreten des Grundstücks; die 14 Farbfotografien sind alle vom Grundstück aus aufgenommen. Doch ist dem nun wirklich so? Warum zweifeln, angesichts dieser erdrückenden Beweise? Für alle, die es genau wissen wollen, die Adresse lautet: 330 E Waldon Place.

Spaziergang durch den Kunsthalle-Garten

Im dritten Raum ist Schluss, die Tür ist zu und man muss die Kunsthalle verlassen, um die zwei hinteren Räume zu besichtigen. Durch den Haupteingang hinaus, nach links, geht es um den Bau herum, zum Eingang des Stadtkinos, der gleichzeitig der Zutritt zur Administration der Kunsthalle ist. Hier muss man klingeln, die Treppe hochgehen und steht dann in der Bibliothek der Kunsthalle. Von dort aus kann man die Ausstellungsräume von hinten betreten.

Es ist eine andere Ausstellung, die sich hier entfaltet. Mitten im Raum durchbricht ein riesiges Konstrukt aus Stahlträgern das Oberlicht, Cervino – auf Deutsch: Matterhorn – ist der Titel des Werkes. Seine Wurzeln hat es ebenfalls in L.A., genauer gesagt im Disneyland: Reuters hat sich von der Stahlkonstruktion einer Achterbahn, die dem Matterhorn nachempfunden war, inspirieren lassen. Fast ironisch ist im gleichen Raum ein Aufzug platziert. Er verweist auf ganz andere Weise auf das Gipfelstürmen, welches sich – auch in Basel – in einem Wettbauen immer höherer Wolkenkratzer artikuliert.

Duplizierte Orte

Mit einer Mischung von Einrichtungsgegenständen seines Ateliers und älteren Arbeiten bespielt Reuter weiter die Räume, so dass man sich im Lagerraum des Künstlers wähnt. Auch diese einzelnen Arbeiten beziehen sich auf konkrete Ausstellungsorte oder bekannte Orte. Die Werke funktionieren als Nacherzählungen von Ausstellungen des Künstlers oder thematisieren das Duplizieren von Orten. Der Trevi-Brunnen in Rom beispielsweise wurde in Las Vegas nachgebaut und mit kitschiger Beleuchtung inszeniert. Als Ausschnitt zeigt Reuter diesen im 35 mm Film «The Shell» und schafft damit eine weitere Duplizierung des Originals.

Es sind einige Orte, die Reuter so in dieser Ausstellung zur Sprache bringt: die Kunsthalle selbst, sein Grundstück in L.A., sein Atelier, seine vorhergehenden Ausstellungsorte sowie Orte, auf die er sich in einzelnen Werken bezieht. Damit lädt die Ausstellung dazu ein, darüber nachzudenken, wie ein Ort entsteht, wie ein Ort konstruiert wird und wann ein Ort existiert – physisch oder in der Imagination.

Der erwähnte «Notausgang» befindet sich übrigens hinter dem kolorierten, alten Stich der Versailler Gärten im ersten Ausstellungsraum. Hängt man das Werk ab und löst das ausgesägte Wandstück heraus, kann man in einen Stauraum der Kunsthalle einsteigen und von dort gelangt man – Achtung, liebe Damen – auf die Herrentoilette der Kunsthalle!

 

Der deutsche Künstler Mandla Reuter wurde 1975 in Südafrika geboren und lebt aktuell mit seiner Familie in Basel.
«Mandla Reuter»: Kunsthalle Basel, bis 10. März 2013.

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