Mister Paradiesvogel

Mit seiner Party-Agentur Flamingofarm ist Nic Plésel eine der umtriebigsten Figuren des Basler Nachtlebens geworden. Ein Porträt.

Start-Up-Boss in Starterjacke: Partykönig Nic Plésel (Bild: Basile Bornand)

Mit seiner Party-Agentur Flamingofarm ist Nic Plésel eine der umtriebigsten Figuren des Basler Nachtlebens geworden.

Es gibt sie noch, diese seltenen Momente, wo man sich in einem alten MTV-Videoclip wähnt: Nic Plésel braust in seinem roten Flitzer vor der Basler Kunsthalle heran, setzt sein strahlendstes Lächeln auf, bevor er sanft die Tür zur «Campari Bar» aufstösst. «Du hier?! An deinem freien Abend?», entfährt es der Bardame erfreut, während sie den schlanken Hünen elegant durch den Hinterausgang lotst. Einige Handschläge später wird er im Séparée an einen Tisch geleitet – und sofort stehen mehrere Gäste zum Anstos­sen Schlange.

Doch hier endet sie, die Analogie zum alten Popstar-Mythos: Statt Zigarre und Schampus bestellt Plésel ganz spar­tanisch ein Ginger Ale. Er, der von vielen als «Partykönig von Basel» bezeichnet wird und seine Firma Flamingofarm nach dem Vorspann von «Miami Vice» benannt hat, schaut selber fast nie fern, raucht nicht, trinkt nicht und nimmt sowieso keine Drogen. «Das hat mich in meiner Jugend nie gereizt und tut es bis heute nicht», sagt der 33-Jährige.

Bookings statt Baustellen

Umso mehr faszinierte ihn die Musik – die karibischen Rhythmen aus Martinique, der Heimat seines Vaters, genauso wie der europäische Metal, den ihm seine Brüder vorspielten. «Ich bin in zwei Welten aufgewachsen», erinnert er sich. «Möglicherweise ist das der Grund, dass mein musikalischer Horizont heute so weit ist.»

Noch während seiner Ausbildung zum Elektromonteur begann er Mitte der 1990er-Jahre seine DJ-Karriere, legte als PP Voltron Jungle und Drum’n’Bass auf. Er merkte: «Sobald es um Musik geht, brennt in mir dieses innere Feuer – und ich muss irgend­etwas daraus machen.» Statt auf dem Bau zu arbeiten, wechselte Plésel nach dem Lehr­abschluss daher ins Musikbüro des Sommer­casinos, zwei Jahre später wurde er (zuerst mit Nicole Wyss und Yves Moshfegh, dann mit Heinz Darr) Co-Musikleiter der Kaserne.

Eine steile Karriere, die mit dem Wechsel an der Spitze des Kulturhauses unerwartet ins Stocken geriet: Die neue Leiterin Carena Schlewitt suchte den Neuanfang und kündigte 2008 den Vertrag mit dem Sonnyboy. «Es war schwierig, klar», gibt Plésel zu: «Aber ich musste die Entscheidung akzeptieren. Heute hege ich keinen Groll mehr gegen die Kaserne.» Für ihn war damals schon klar: Es gibt kein Zurück in einen herkömmlichen Job. «Ich hatte immer diesen Traum, mich selbstständig zu machen, es aus eigener Kraft zu schaffen.»

Im Sommer 2008 gründete der Jung­unternehmer seine «Flamingofarm»: eine Eventfirma mit ureigenem Gesicht – nämlich dem von Nic Plésel. Er ist trotz unzähliger Pseudonyme und trotz aller Engagements als DJ, Musiker, Produzent, Veranstalter und Manager mittlerweile so sehr mit seiner Firma verschmolzen, dass viele ihn nur noch «Mister Flamingofarm» nennen. Warum? Während die meisten Agen­turen auf grosse Namen und trendige Newcomer setzen, verzichtet Plésel auf hippe Headliner.

Rollschuhe und Rodigan

Lieber setzt er bei seinen Partys auf Stilvielfalt und extravagante Mottos, organisiert Rollschuhdiscos im Retrogewand oder feiert (heuer zum 11. Mal) den Morgestraich mit seinem Freund und Mentor, dem legendären Londoner Reggae-DJ David Rodigan. «Am Anfang konnte ich mir keine teuren Acts leisten und heute scheint es mir gar nicht mehr wichtig», sagt Plésel. «Ich will lieber von der Musik über das Styling bis zur Deko einen speziellen Vibe kreieren, ein perfektes Partyerlebnis bieten.»

Wenn alles stimmt, dann läuft auch er zur Höchstform auf, gibt gern den exzentrisch groovenden Gastgeber und dreht mit seinen Rollerskates eine Extra-Runde durch den Club. «Solche Momente machen mich extrem glücklich», schwärmt Plésel.

Die freigesetzte Energie giesst der Work­aholic wiederum sofort in neue Projekte, neue Musik, neue Partykonzepte. Doch was ist das Erfolgsgeheimnis des Paradiesvogels? «Ich glaube, ich habe einfach selber ein grosses Herz für alle möglichen Kreaturen. Würde ich meinen Job nicht lieben, könnte ich das auch nicht authentisch rüberbringen.»

Authentisch heisst bei ihm: im Geiste der Videoclips und TV-Serien seiner Kindheit, mit Handschlag und breitem Grinsen – und dem Fernziel einer eigenen Flamingofarm im warmen Miami.

 

Quellen

www.flamingofarm.ch

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 24.02.12

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