Das Literaturmagazin «Das Narr» bringt eine Doppelnummer mit Erzählungen junger Autorinnen und Autoren heraus: Es ist ein Reiseführer der literarischen Art, oft mit Basler Lokalkolorit angereichert. Am Samstag, 17. Oktober, wird in der Kunsthalle Vernissage gefeiert.
Das narrativistische Literaturmagazin «Das Narr» bringt mit «16/17» zum dritten Mal eine Doppelnummer heraus. Nach den bisherigen Sonderausgaben «KochLesBuch» und «Narrgenda» steht jetzt ein Reiseführer der literarischen Art an. Dieser will keine touristischen Sehenswürdigkeiten anpreisen, sondern erzählt Geschichten, die eine Stadt wie Basel hervorbringt und in sich trägt.
So werden die Leser auf eine Reise mitgenommen, die auch den einen oder anderen Um- und Irrweg beinhaltet. Der Untertitel des Buches lautet denn auch: «Der Ort, in dem ich leben will, wenn ich nicht in einem Bob Dylan-Lied leben kann.» Verfasst wurden die Geschichten von insgesamt 15 Autoren, von denen Noëmi Lerch, Adam Schwarz, Benjamin von Wyl, René Frauchiger, Doris Wirth und Daniel Kissling an der Vernissage in der Kunsthalle (Sa, 17.10., 18 Uhr) lesen werden.
Junge Autoren wollen etwas wagen
Im Gegensatz zu den «regulären» Heften bewegen sich die Sonderausgaben entlang einem vorher festgelegten Thema und benötigen entsprechend mehr Aufmerksamkeit in der Vorbereitung. Man merkt es dem Heft an, während man es liest. Das Magazin richtet dieselben Ansprüche an sich selbst, die es an die Texte stellt.
Eine schöne Sprache alleine reicht nicht, auch der Plot muss stimmen: «Ein Text ist dann gut, wenn man als Leser mitgeht», erklärten die Macher schon 2012 im «NZZ Campus». Gesucht sind junge Autoren, die etwas wagen und dabei dennoch Erkenntnisse vermitteln können. Sie wollen damit «die Lücke zwischen Schublade und Verlag schliessen.»
Kraftorte im 4057 und Luftpost nach Liestal
Klingt vielversprechend, ist es auch. Hinter «Das Narr» stecken René Frauchiger, Lukas Gloor und Daniel Kissling. Die Texte bekommen sie jeweils zugeschickt – und seit den Anfängen 2011 werden es mit jeder Ausgabe mehr. Sie können inzwischen auf ein dichtes Netzwerk zurückgreifen, das sich regelmässig trifft: «Wir sind erstaunt darüber, wie viele Leute schreiben.» Damit steige aber auch der Aufwand, der vollständig ehrenamtlich bewältigt werde. Die Narr-Ziehväter geben das Magazin selbst heraus. Finanziert wird es meist durch Fördergelder und Verkaufseinnahmen.
«Eine Stadt erleben, heisst Geschichten erleben, eine Stadt erlebt zu haben, heisst Geschichten erzählen zu können», steht es im Buch, das auf 224 Seiten eine ganze Menge solcher Erzählungen auftischt. Es geht um Atemanhalten und Türspione, eine Strasse in Teheran, die erste Luftpostlinie, die Basel und Liestal verband, und Kraftorte im 4057.
Manche werden die Schauplätze mit eigenen Erinnerungen verbinden, es ist ein Buch für Basel-bereits-Kenner wie auch geneigte Anfänger, und selbst an der Rheinstadt gänzlich Desinteressierte gehen nicht leer aus. Ein Superheld spürt das Verlangen nach goldenen Leggings, der vermeintliche König vom Claraplatz packt aus, Kaiserinnen und Könige der Rheingasse, sowie jene vom Zolli. Es sind nicht die Löwen, sondern die Pinguine, weil Königspinguine. Die sind latent wasserscheu. «…keiner getraut sich reinzuspringen. Ist der erste jedoch einmal drin, kommen alle schnell hinterher.»
Das Narr erlebt selbst den Pinguin-Effekt: Waren die 250 Exemplare des ersten Hefts in Kürze ausverkauft, werden pro Auflage inzwischen vier mal so viele gedruckt. The times they are a-changin‘. Der Anlass in der Kunsthalle ist eine neue Plattform und es ist Zeit, dem Projekt die Aufmerksamkeit zu widmen, die es verdient. Das Buch ist eine Wucht.
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Vernissage: Kunsthalle, Basel. 17. Oktober, 18 Uhr.
Eine zweite Lesung zu dieser Ausgabe findet am 19.11. in der Buchhandlung Labyrinth statt.