Mit militärischer Sonderbewilligung – wie ein Basler Fussballteam nach dem 2. Weltkrieg ins Elsass reiste

Der F.C. Red Stars Basel reiste nach dem Ende des 2. Weltkriegs als erstes regionales Fussballteam ins Elsass. Im völlig zerstörten Hoenheim im Norden von Strassburg kam es zu einem eindrücklichen Freundschaftsspiel.

Der FC Schwarz-Weiss 1950.

Der F.C. Red Stars Basel reiste nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als erstes regionales Fussballteam mit einer militärischen Sonderbewilligung ins Elsass. Im völlig zerstörten Hoenheim im Norden von Strassburg kam es zu einem eindrücklichen Freundschaftsspiel. Heute spielen die damaligen Red Stars als FC Schwarz-Weiss in der 3. Liga.

Der 2. Weltkrieg hatte den Fussball im noch jungen Fussballverband Nordwestschweiz auf eine harte Probe gestellt. Vielerorts kam der Spielbetrieb gänzlich zum Erliegen, andernorts wurden in sogenannten Mobilisations- und Kriegsmeisterschaften reduzierte Meisterschaften absolviert.

Fussballgeschichten aus der Region

Zum 75. Geburtstag des Fussballverbandes Nordwestschweiz kommt es zu einer ­Kooperation mit der Tages­Woche. Das Ziel: Online entsteht eine interaktive Geschichte des Fussballs in der Region, auf der die wichtigsten Ereignisse des regionalen Fussballs, Anekdoten und Erinnerungen auf einer Zeitleiste dargestellt werden. ­

Am 8. Mai 1945 war der Krieg zu Ende, die Schweiz war weitgehend verschont worden, doch in unmittelbarer Grenznähe wurden die Menschen hart getroffen. Auch jene im vollständig zerstörten Hoenheim im Norden Strassburgs im benachbarten Departement Haut-Rhin des Elsass.

Die Einwohner waren zu Beginn des Krieges nach Südfrankreich evakuiert worden, kehrten dann jedoch während der Besetzung durch die Nazis zurück. Dreimal wurden 1944 die Vororte von Strassburg von den Alliierten bombardiert, nach der Befreiung blieben Hoenheim und seine Umgebung unter Beschuss der deutschen Artillerie.

Mit Trikots im Gepäck

An Fussball war in jenen schweren Zeiten nicht zu denken – umso glücklicher waren die Elsässer, dass rund ein Jahr nach Kriegsende Besuch aus Basel kam. Der F.C. Red Star Bâle hatte sich bei der A.S. Hoenheim zum Freundschaftsspiel angemeldet.

Die Basler Fussballer waren am 19. August 1946 die erste Mannschaft aus der Nordwestschweiz, die mit einem speziellen Visum des französischen Militärkommandanten von St.-Louis über die Grenze reisen durfte. Diese Sonderbewilligung besorgte der damalige Clubpräsident René «Blöm» Bäumlin persönlich – und sorgte so für eine Wiederaufnahme der Beziehungen in Brunstatt.

Knapp einen Monat später, am 15. September 1946, folgte der Besuch in Hoenheim. Mit leeren Händen reisten die Red Stars nicht ins Elsass. Dank grosszügiger Spenden ihrer Mitglieder konnte der A.S. Hoenheim ein komplettes Dress übergeben werden. Die Rührung des Präsidenten soll in Tränen geendet haben.

Und auch die Basler Gäste waren beeindruckt. «Was uns diese schwergeprüfte Bevölkerung an Sympathie und Gastfreundschaft gab, war unvergesslich», heisst es in einer Jubiläumsschrift des FC Schwarz-Weiss aus dem Jahr 1980.

«Wahre Bewunderung»

Der lokale Presseberichterstatter war nach dem 2:0-Erfolg der Schweizer Gäste tief beeindruckt: «Die Basler stellten eine reife, homogene Elf, die ob ihrer technisch hochstehenden Spielart wahre Bewunderung hervorrief.»

Die jungen Hoenheimer hätten sich «entgegen der Prognostik anerkennungswert gut gehalten» und standen in der zweiten Halbzeit dem Anschlusstor mehrere Male sehr nahe. Doch der Fussball war an diesem Tag nur der eine Teil der Geschichte – der andere war der völkerverbindende und solidarische Aspekt dieser Aktion.

Spielbericht zum Spiel des FC Schwarz-Weiss im Elsass.

Spielbericht zum Spiel des FC Schwarz-Weiss im Elsass.

Die enge Verbindung zum Elsass war beim Club, der in Hoenheim als F.C. Red Star Bâle antrat, eigentlich aber seit 1939 neu FC Schwarz-Weiss hiess, historisch verankert.

1930 nämlich hatte Red Star an der Elsässischen Meisterschaft, der «Ligue Sportive d’Alsace» teilnehmen dürfen, die er auf Anhieb gewann. Der «Champion d’Alsace» der unteren Serien kam in jenem Jahr also aus Basel.

Es war der erste Erfolg eines noch jungen Clubs, der im selben Jahr erst gegründet worden war. Gebildet hatte er sich aus einigen Mitgliedern des Jünglingsvereins des TV St. Josef.

In einem Schreiben vom 25. Mai 1930 bitten die Initianten Albi Roos, Gusti Bochsler und Karl Zimmermann den Vorstand des Jünglingsvereins um das Einverständnis, dass «ein Fussballclub bestehen soll». Gleichzeitig wird um Benützung des Balles und des Clublokals gebeten. Am 1. Juli kommt es zur offiziellen Vereinsgründung.

Der Brief, in dem Albi Roos, Gusti Bochsler und Karl Zimmermann darum beten, «dass ein Fussbalclub bestehen soll».

Der Brief, in dem Albi Roos, Gusti Bochsler und Karl Zimmermann darum beten, «dass ein Fussbalclub bestehen soll».

1933 wurde der F.C. Red-Stars an einer ausserordentlichen Generalversammlung fest in den TV St. Josef integriert. Die Allianz hielt indes nicht lange, schon am 10. Februar 1936 trennte man sich und der Fussballclub wurde wieder eigenständig.

Die Basler Red Stars müssen sich den Zürchern beugen

Noch im selben Jahr erfolgte der Anschluss an den Baselstädtischen Fussballverband, der drei Jahre später im Regionalverband Nordwestschweiz des Schweizerischen Fussball- und Athletik-Verbands (SFAV) aufging. Mit diesem Wechsel kamen die Basler Red Stars als neues Mitglied des nationalen Verbandes in Konflikt mit den Zürcher Red Stars, die seit 1905 bestanden.

Zwei rote Sterne schien der Schweizer Fussballhimmel nicht zu vertragen – und so mussten sich die Basler fügen. Sie tauften sich schweren Herzens in FC Schwarz-Weiss um, traten aber bei besonderen (und inoffiziellen) Gelegenheiten, wie jenen Nachkriegsspielen im Elsass 1945, immer noch unter dem geliebten alten Namen an.

Krise und Blüte

Der FC Schwarz-Weiss blieb in der Folge bis in die heutige Tage bestehen – und stellte bis 1974 nur eine Mannschaft. Später kamen ein zweites Team und Senioren dazu, doch um die Jahrtausendwende rutschte man in eine veritable Krise. Die erste Mannschaft löste sich auf, der Club bestand vorübergehend nurmehr aus einem Veteranenteam.

2005, der Club feierte sein 75-Jahr-Jubiläum, wurde vom FC Telegraph eine Junioren-D-Mannschaft übernommen, 2006 siedelte die zweite Mannschaft des FC Concordia als neues Fanionteam zum FC Schwarz-Weiss über.

Seit der Saison 2008/2009 spielt das Team erstmals – und sehr beständig – in der 3. Liga. Die Saison 2014/2015 bestreitet der FC Schwarz-Weiss mit vier Aktivmannschaften (zwei in der 3. Liga, zwei in der 5. Liga) und einem Frauenteam.



Ein Team des FC Schwarz-Weiss im Jahr 2014.

Ein Team des FC Schwarz-Weiss im Jahr 2014.

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