Marie-Paule Jungblut wird Nachfolgerin von Burkhard von Roda als Direktorin des Historischen Museums Basel. Sie tritt ihre Stelle im August an.
Das Präsidialdepartement des Kantons Basel-Stadt hat am Donnerstagmorgen die neue Leitung des Historischen Museums bekannt gegeben: Marie-Paule Jungblut wird auf Burkhard von Roda folgen, der Ende Juni in Pension geht. Die 48-Jährige wurde in Fribourg geboren, verbrachte aber ihr ganzes Leben in Luxemburg, wo sie im Moment als stellvertretende Direktorin und Kuratorin am Historischen Museum Luxemburg arbeitet.
Für Guy Morin war eines klar: Der Regierungspräsident wollte für den frei werdenden Posten am Historischen Museum einen Historiker oder eine Historikerin als Ersatz für den Kunsthistoriker von Roda. Zu oft waren dessen auf Ästhetik bedachte Ausstellungen auch kritisch beäugt, der fehlende Einbezug der Zeitgeschichte bemängelt worden. Mit Marie-Paule Jungblut hat die Museumskommission Morin einstimmig die auf den ersten Blick ideale Kandidatin vorgeschlagen: Sie ist Historikerin und ihr Curriculum zeichnet sich durch zeit- und sozialgeschichtliche Ausstellungen aus. Dass sie im Nebenfach auch noch Kunstgeschichte studiert hat, mag aber auch die andere Seite versöhnen, die nun befürchtet, die Schätze des Museums würden künftig im Keller eingelagert.
Kulturerbe vs. Publikumswirksamkeit
Jungblut zerstreute an der Medienkonferenz diese Zweifel auch sofort, indem sie die Wichtigkeit des Kulturerbes betonte. Die neu eingerichtete Dauerausstellung zähle zu den schönsten, die sie je gesehen habe, erklärte sie. Gleichzeitig aber bekräftigte sie auch ihre Absicht, die Sprache der Zeit sprechen zu wollen. Es sei durchaus möglich, in eine reiche Tradition auch Innovation hereinzubringen, meinte sie, und populär sei für sie kein negativ konnotiertes Wort. «Ein Stadtmuseum soll ein Ort der Begegnung und Auseinandersetzung sein», erläuterte sie ihre Absichten, mit ihren künftigen Ausstellungen die gesamte Bevölkerung ansprechen zu wollen. Und weiter: «Eine Ausstellung ist für mich dann ein Erfolg, wenn man damit Menschen ins Museum bringt, die sonst nicht kommen.»
Jungblut hat schon einige Ausstellungen kuratiert, die unter das Label «populär» eingeordnet werden könnten. Das jüngste Beispiel ist die Ausstellung «Mord und Totschlag. Eine Ausstellung über das Leben», die aktuell im Historischen Museum Bern zu sehen ist. «Eine Ausstellung sollte manchmal auch etwas provokativ sein, um interessante Konfrontationen zu schaffen», so Jungblut. Damit liegt sie offenbar genau auf der Linie von Morin und auch Philippe Bischof, dem Leiter Ressort Kultur Basel-Stadt.
Neupositionierung des Hauses
Jungblut wird sich ab August durch ihre Ausstellungen beweisen müssen – vorher ist eine Bewertung ihrer Arbeit nicht möglich. Doch nicht nur in diesem Bereich kommt eine Herausforderung auf sie zu. Mit der Renovation des Hauses zum Kirschgarten muss auch über die Ausrichtung des Hauses neu entschieden werden. Jungblut wird dies gemeinsam mit Morin und dem Kulturressort in Angriff nehmen. Spruchreif ist hier aber noch gar nichts.
Ausschlaggebend für Jungbluts Wahl auf den Posten war laut Morin unter anderem auch deswegen ihre Erfahrung im administrativen Museumsbereich. Eine rein kuratorisch bewanderte Person anzustellen, sei eigentlich keine Option gewesen, sagte er. Jungblut wird ihren Posten im August antreten – einen Monat, nachdem Burkhard von Roda seinen Schreibtisch geräumt hat. Das Historische Museum wird dann von einer vierköpfigen, rein weiblichen Geschäftsleitung geführt. Auch das klingt schon nach ziemlich viel frischem Wind.
Fakten zur Person:
Marie-Paule Jungblut ist Historikerin, Kuratorin und Ausstellungsmacherin und seit rund 20 Jahren im Museumsbereich tätig. Seit 2007 arbeitete sie als stellvertretende Direktorin am Musée d’Histoire de la Ville de Luxembourg. Seit 2010 ist sie auch für das neu eröffnete Kunstmuseum der Stadt Luxemburg, die Villa Vauban, zuständig. Mehrere von ihr kuratierte Sonderausstellungen sind in grossen europäischen Museen gezeigt worden, zuletzt im Historischen Museum Bern «Mord und Totschlag. Eine Ausstellung über das Leben.» Ein Auswahl Ihrer Publikationen findet sich bei Wikipedia.
Zudem bekleidete sie zahlreiche internationale Ämter: Unter anderem war sie von 2004 bis 2010 Präsidentin der Association Internationale des Musées d’Histoire (AIMH) und des ICOM-Komitees für Archäologie- und Geschichtsmuseen (ICMAH). Marie-Paule Jungblut hat zahlreiche Ausstellungskataloge herausgegeben und wissenschaftliche Beiträge zu historischen und museologischen Themen publiziert. Neben ihrer Muttersprache Luxemburgisch spricht sie fliessend Deutsch, Französisch und Englisch. Sie ist Mutter einer 17-jährigen Tochter und eines 12-jährigen Sohnes.