Olympia SM3 – zähe Begleiterin grosser Worte

Die Schreibmaschinen der Marke Olympia sind unverwüstlich. Patricia Highsmith schrieb fast ihr ganzes Lebenswerk auf einem der kleinen Ungetüme.

Unverwüstlich und schön: Die Olympia tippt und tippt und tippt...

(Bild: Nils Fisch)

Die Schreibmaschinen der Marke Olympia sind unverwüstlich. Patricia Highsmith schrieb fast ihr ganzes Lebenswerk auf einem der kleinen Ungetüme.

Als Patricia Highsmith am 4. Februar 1995 in Locarno starb, hatte die amerikanische Autorin 22 Romane und eine Vielzahl an Kurzgeschichten publiziert. Am berühmtesten wurde die von ihr erschaffene Figur des Tom Ripley, eines talentierten Hochstaplers und Mörders. Die teilweise autobiographische Geschichte «The Price of Salt» über eine lesbische Liebe erschien kurz vor Weihnachten 2015 in den Kinos. Der Titel: «Carol». In der Hauptrolle: Cate Blanchett.

Gute Geschichten, Vorlagen für Filme, all das schrieb Highsmith auf ihrer Olympia SM3, einer mechanischen Schreibmaschine aus den 1950ern. Highsmith war nicht die Einzige, die diesem Modell vertraute, auch Regisseur Woody Allen malträtierte die SM3. Ebenso Don DeLillo (u.a. «White Noise») und John Updike («Rabbit, Run» etc.). Die Olympia: Werkzeug grosser Worte, starker Sätze. Und ein Ausbund deutscher Ingenieurskunst: Olympia Werke, Wilhelmshaven, Germany Western Zone.

Schön ist am Anfang allerdings nur ihr Anblick. Der Akt des Schreibens, er kostet Kraft. Physisch. Wer seine Sätze sonst auf der leichtfingrigen Tastatur eines Laptops hinhastet, sie löscht und gleich wieder neu aufsetzt, für den ist das kleine Ungetüm vor allem eines: ein formidabler Bremsklotz.

Schön langsam. Satz für Satz. Gedanke für Gedanke.

Erst nach frühen kläglichen Vertippern zeigt sich die eigentliche Schönheit. Die Sinnlichkeit. Die Maschine riecht. Nach Tinte, Farbband, Bakelit und Metall. Der Geruch berauscht, er sagt dir: «Ich bin da.» Wie der Duft, der dich in der Schulterbeuge deiner Liebsten umfängt. Dann die Tasten, die Typen, die nach vorne schnellen, knallen, schellen. Kein flinkes Fingerspiel, eine Massage, kraftvoll und genau an den richtigen Stellen. Bis sie stöhnt, nein: klingelt. Am Ende der Zeile.

Das macht man nicht im Café. Keiner schleppt freiwillig einen kiloschweren Koffer mit sich und hämmert in der Menge herum. Das spleenige Liebemachen findet besser zu Hause statt, wo es auch hingehört. Schön langsam. Satz für Satz. Gedanke für Gedanke.

Zurück zu Frau Highsmith. Ihr Nachlass befindet sich heute im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern. Dort steht auch die kaffeebraune Olympia, die bis zuletzt an ihrer Seite war, in Tegna, Highsmiths letztem Wohnort im Tessin. Die Taste «E» abgewetzt vom vielen Gebrauch. Treue Begleiterin, und was gibt es Schöneres als eine Liebe, die dir nicht nur deine Fehler aufzeigt und sie akzeptiert, sondern dich auch herausfordert, es immer wieder besser tun zu wollen?

Nichts. Ausser den Duft, den warmen, betörenden, in der Schulterbeuge deiner Liebsten.

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Der Text entstand in mehreren Versionen auf der Olympia-Schreibmaschine. SM3 steht für Schreibmaschine mittelgross, die 3 gibt die Serie an. Sollten Sie nach der Lektüre Lust auf eine mechanische Schreibmaschine bekommen: Ja, es gibt sie noch. Und zwar nicht nur in teils leider stark ramponierter Verfassung in der nächsten Brocki.

Diverse hochwertige Occasion-Maschinen (mechanische oder elektronische) finden Sie in Basel im speziellen Fachhandel. Dort können Sie übrigens auch Ihre ramponierte Brocki-Maschine reparieren lassen:

  • W. Holderegger, Registrierkassen & Büromaschinen. St. Johanns-Vorstadt 49, 4056 Basel. Telefon 061 322 75 75
  • Olivetti Rüegg F., Olivetti, Büromaschinen und -möbel. Güterstrasse 155, 4053 Basel, tel. 061 361 59 59. 

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