Picasso und andere Meister, wie Ernst Beyeler sie sah

Zurück zur ersten Stunde: Zum 20. Geburtstag präsentiert die Fondation Beyeler ihre Sammlung so, wie sie der Museumsstifter ursprünglich gehängt hatte. Diese erste von drei Sonderpräsentationen der Dauerausstellung erzählt viel über den grossen Kunstmenschen Ernst Beyeler.

(Bild: Dominique Spirgi © 2017)

Zurück zur ersten Stunde: Zum 20. Geburtstag präsentiert die Fondation Beyeler ihre Sammlung so, wie sie der Museumsstifter ursprünglich gehängt hatte. Diese erste von drei Sonderpräsentationen der Dauerausstellung erzählt viel über den grossen Kunstmenschen Ernst Beyeler.

Nicht dass Ernst Beyeler ihnen allen einen Ehrenplatz eingeräumt hätte. Aber man erkennt sie rasch, die Schlüsselwerke der Sammlung Beyeler. Natürlich Monets monumentaler Seerosenteich. Dieses Bild hat seinen Ehrenplatz, ja sogar seinen eigens konzipierten Raum mit freiem Blick durch die grosse Fensterfront auf den realen Seerosenteich im Park.

Einen Ehrenplatz hat auch Rousseaus Dschungelbild mit dem Löwen, der eine Antilope reisst. Genauer eine Wand für sich, eingerahmt von zwei afrikanischen Stammeskunstwerken. Ein wirkliches Schlüsselwerk für die Sammlung ist Rousseaus wunderbares Bild freilich nicht. Sondern ein solitäres Meisterwerk, das halt einen Platz braucht.

Chronologische Hängung mit Sinn für besondere Augenblicke

Das hatte sich Ernst Beyeler so ausgedacht, als er 1997 die erste Ausstellung in seinem neuen Museum einrichtete. Diese erste Ausstellung wurde nun zum 20. Geburtstag als Hommage an den Stifter der Fondation rekonstruiert. Die Ausstellung «Sammlung Beyeler. Das Original» erzählt viel über die Vorlieben, aber auch die grosse Fachkenntnis des Kunsthändlers, der sich mit dem Museum ein überragendes Denkmal erschaffen hat: Dominierend in der Sammlung ist die Klassische Moderne, allen voran Picasso. Kunsthistorisch eingerahmt wird das Ganze mit Cézanne und den Impressionisten auf der einen und der amerikanischen Moderne auf der anderen Seite.

Beyeler hatte seine Sammlung chronologisch gehängt. Gleichzeitig bewies er aber auch ein Gefühl für besondere Augen- und Einblicke. Der Monet zum Beispiel, Rousseau, aber auch die Gegenüberstellung zweier Meisterwerke der abstrakten Kunst: Mondrians magisches Rautenbild im Dialog mit Brancusis eleganter Vogelskulptur. Für den emeritierten Basler Kunstgeschichtsprofessor Gottfried Boehm, der Beyeler beim Aufbau der Sammlung begleitet hatte, ist der Dialog zwischen den beiden Werken einer der Höhepunkte der Sammlungspräsentation.

Vier Schlüsselwerke und ihre Geschichten

Doch zurück zu den Schlüsselwerken. Sie sagen viel über Beyelers Vorlieben, seinen Sachverstand als Kunstliebhaber und sein gutes Gespür als Kunsthändler aus. Wir wollen hier vier näher vorstellen (Abbildungen in der Bildstrecke oben):

  • Wassily Kandinsky: «Improvisation No 10» Das Bild hat eine Schlüsselfunktion in der Kunstgeschichte und in der Geschichte der Sammlung. Die Komposition markiert den Auftakt zur abstrakten Malerei, eines der Hauptereignisse in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Und es ist das erste Bild der Sammlung. Beyeler hatte das Werk bereits verkauft, fühlte sich ihm aber so nahe, dass er es 1955 zurückkaufte. Ende der Neunzigerjahre bescherte es Beyeler aber einen Rechtsstreit. Das Gemälde hatte zu einer von den Nazis enteigneten Werkgruppe aus dem Besitz von Sophie Küppers-Lissitzky gehört, die auf Restitution klagte. 2002 einigten sich beide Parteien gütlich.
  • Pablo Picasso: «Femme (Epoque des ‹Demoiselles d’Avignon›)» Das 1907 entstandene Werk «Les Demoiselles d’Avignon» (Museum of Modern Art, New York) ist eines der Schlüsselwerke der Kunstgeschichte überhaupt. Es gilt als Auftakt zum Kubismus. Die «Femme» ist eines der Werke, die Picasso rund um diese epochalen «Demoiselles» geschaffen hatte. Es gilt ebenfalls als eines der Leuchttürme im Werk des Künstlers, der so viel Herausragendes geschaffen hat. Dass es in der Sammlung blieb, soll Hildy Beyeler zu verdanken sein. Sie soll sich vehement gegen den Verkauf des Bildes gesträubt haben. In der Sammlung hat die «Femme» ihren besonderen Platz als Auftakt zum reichhaltigen Picasso-Konvolut, das die Hauptrolle in der Sammlung spielt.
  • Claude Monet: «Le Bassin aux Nymphéas» Das Seerosen-Triptychon hat einen herausragenden Platz in der Fondation Beyeler und einen extra für das Werk geschaffenen Raum. Dabei ist die Geschichte, wie das Werk in die Sammlung kam, eher banal. Der Monet war, was heute kaum mehr zu glauben ist, ein Ladenhüter in der Galerie Beyeler. Niemand wollte das grossformatige Werk, das in den engen Galerieräumlichkeiten an der Bäumleingasse viel Platz in Anspruch nahm. Mit der Zeit entwickelte das Sammlerpaar ein enges Verhältnis zu diesem Bild, ein Verkauf kam nicht mehr in Frage.
  • Paul Klee: «Zeichen in Gelb» Das kleinformatige abstrakte Bild fällt durch seine knalligen Gelbtöne auf im reichhaltigen Klee-Bestand der Fondation. Es ist auch ein gutes Beispiel für die zum Teil wagemutigen und zugleich herausragenden Coups im Kunsthandel. Als der Pittsburgher Stahlbaron David Thompson 1958 seine immense Klee-Sammlung mit über 100 Werken verkaufte, griff Beyeler zu. Er spekulierte wohl darauf, dass die neu gegründete und finanziell bestens bestückte Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf Werke des von den Nazis aus eben dieser Stadt vertriebenen Künstlers brauchen könnte. Der Kauf brachte Beyeler an den Rand des Ruins, aber seine Rechnung ging schliesslich auf. Das hübsche kleine Bild aus der Sammlung Thompson blieb in Basel.

_
Fondation Beyeler: «Sammlung Beyeler. Das Original». 5. Februar bis 7. Mai 2017.

Nächster Artikel