Plonk! – der Nagel trifft auf den Kopf

Das Künstlerduo Plonk & Replonk gestaltet Postkarten, deren Botschaft oft erst auf den zweiten Blick ankommt.

«Uralte Konflikte mit Wesen aus einer entfernten Galaxie» (2014) (Bild: Plonk & Replonk)

Vater Rhein steigt aus: Mit einem urigen Bischofstab in der Hand watet ein zotteliger Riese auf das blumenumflorte Ufer zu, im Hintergrund recken sich die sandsteinfarbenen Türme des Basler Münsters in den Himmel. Ein Postkartenmotiv eigentlich, doch vom brütend-dumpfen Blick der «10’000 Jahre Geschichte» dürften Tourismusverantwortliche schlechte Träume bekommen.

Denn diese malerische Szene wirkt zu gebastelt, um unverbrüchlich schön zu sein: Im Cartoonmuseum Basel zeigen die Westschweizer Collage-Künstler Hubert und Jacques Froidevaux alias Plonk & Replonk skurrile Stadtansichten, die sie aus Bildbeständen des Staatsarchivs und eigenen Fundstücken zusammengesetzt haben.

Hier werden Besucher Zeugen eines waghalsigen Rennens zwischen zwei sonst doch eher behäbigen BVB-Trams, und das propere Basler Rathaus wird von «Wesen aus einer fernen Galaxie» attackiert: Die fliegenden Untertassen tragen Nummernschilder mit der Aufschrift «BL».

Farbenfrohe Bildmontagen

 «Die Welt nach Plonk & Replonk» heisst die hintersinnige Werkschau des Brüderpaares aus La-Chaux-de-Fonds, von der die Basler Kabinettstückchen nur einen kleinen Teil ausmachen. Seit nunmehr 17 Jahren stöbert das Künstlerduo auf Flohmärkten und in Brockenhäusern nach alten Fotos für seine nur auf den ersten Blick naiv anmutenden Bildmontagen. Die Unvereinbarkeit des Ausgangsmaterials und die absichtlich zur Schau gestellten Risse in diesen farbenfrohen Kuriositäten lenken den Blick auf die Doppelbödigkeit der Themen.

Damit befinden sich Plonk & Replonk in guter Gesellschaft, wie Museumsleiterin Anette Gehrig mit einem Verweis auf den Dadaismus erklärt, auch wenn das Werkzeug nicht mehr dasselbe ist: Griffen Dadaisten wie Max Ernst oder John Heartfield noch zu Leim und Schere, scannen die Gebrüder Froidevaux ihre Bilder, um sie am Computer digital zusammenzusetzen. Bildzeilen schaffen den nötigen Kontext. Die Ausstellung selbst ist in einzelne Themenfelder gegliedert, in denen die Brüder Froidevaux am Schweizer Selbstbild kratzen, das nur zu oft einem Postkartenidyll gleicht.

Unter «Die Arbeit: ein beständiger Wert» etwa blüht die Atomindustrie dank «angereichertem Geranium» auf, ein Passagierflugzeug mit den rotierenden Bürsten einer Strassenputzmaschine fegt Kondensstreifen vom Himmel. In «Armee und Heimat» prangt eine in Porzellanfarben betupfte Handgranate auf einem Zierdeckchen – so unheimlich heimelig ist bei Plonk & Replonk die viel beschworene Neutralität.

«Die Schweiz, zwischen Traum und Fiktion» schliesslich zeigt einen wehrhaften Gärtner, der von einer Salatschnecke bedroht wird, während zwei Zöllner im Boot den Röschtigraben bewachen, in den das Wasser des Neuenburgersees strömt.

Verspätete Postkarten

Mit «Die Welt nach Plonk & Replonk» überqueren die Froidevaux’ nun diesen Graben, um ihren anarchischen Bild- und Sprachwitz auch der Deutschschweiz näher zu bringen. Nicht dass sie noch entdeckt werden müssten: In der Romandie sind sie bestens bekannt, in Frankreich hat ihnen die Pariser Tageszeitung «Libération» ein eigenes Heft gewidmet. Doch manchmal braucht so eine Postkarte eben länger, bis sie ankommt.

«Plonk» macht es, wenn der Nagel auf den Kopf getroffen wird. Meist mit dem Ziselier-, manchmal auch mit dem Vorschlaghammer. Auf das «Replonk», das Echo im eigenen Kopf, darf das Basler Publikum gespannt sein.

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