18 trinationale Kulturprojekte werden 2013/2014 am Oberrhein realisiert. Die Pro Helvetia macht für den Kulturaustausch insgesamt 1,45 Millionen Franken locker, Basel-Stadt äufnet einen eigenen Fonds. Das Junge Theater, das Haus für Elektronische Künste oder auch der Gare du Nord sind bei der Grenzüberschreitung dabei.
Selbst bei binationalen Verhandlungen hat die Schweiz derzeit einen schweren Stand, wie zuletzt das Scheitern des Steuerabkommens mit Deutschland zeigte. Umso erfreulicher, wenn auf trinationaler Ebene eine Kooperation zustande kommt. Triptic heisst ein neues Label, das für einen Kulturaustausch am Oberrhein steht und in einem Jahr – so die hoffnungsvolle Absicht – in aller Ohren sein soll.
Zurückzuführen ist Triptic auf ein Signal, das unsere Grossregion von der Schweizer Eidgenossenschaft sehr selten erhält: Geld. Und zwar von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, die für die Organisation, Vermarktung und den Inhalt des Austauschprogramms 1,45 Millionen Franken zur Verfügung stellt. Eine Initiative, die bei der Präsentation im Basler Ackermannshof alle regionalen Partner zu Dankesworten hinriss – die Karlsruher Kulturdirektorin Susanne Asche ebenso wie ihren Strassburger Kollegen Yves Aubert und den Basler Kulturchef Philippe Bischof.
Zwar würden bilateral vereinzelte Projekte realisiert, für weitreichende Aktionen auf trinationaler Ebene fehle aber das Geld, sagten sie – und waren des Lobes voll für das Engagement der Pro Helvetia. Das war Andrew Holland, der bei der Kulturstiftung soeben die Nachfolge von Pius Knüsel angetreten hat, am Ende fast nicht recht. «Es ist nicht so, dass wir als einzige Geld reinstecken», relativierte er gegenüber der TagesWoche. «Unser Beitrag beläuft sich auf 40 Prozent der Kosten, die anderen 60 teilen sich die regionalen Partner auf. Die Beteiligung der Städte war eine Grundbedingung.»
Kulturelle Vernetzung
Ziel von Triptic ist es, kulturelle Institutionen aus dem Oberrheingebiet miteinander zu vernetzen und zu trinationalen Kooperationen zu animieren. Eine Ausschreibung führte zu 48 Projekteingaben, 18 wurden von einer fünfköpfigen Jury auserwählt und reichen von Theater und Tanz über visuelle Kunst bis Musik. «Es war eindeutig das Ziel, neue Experimente zu wagen», kommentierte Jurypräsidentin Felicity Lunn, Direktorin des Centre PasquArt in Biel, die getroffene Auswahl.
Experimentellen Charakter haben auch einige Projektbeschriebe, die erst in verdichteter Form bekannt sind und für Aussenstehende ziemlich abstrakt und akademisch wirken. Zum Beispiel das Projekt «motoco@dmc», an dem neun (!) Institutionen beteiligt sind, darunter auch das Hyperwerk, die Schule für Gestaltung, das Museum der Kulturen und die IBA aus Basel. Ziel sei es, das Potenzial des kulturellen trinationalen Grenzraums als Ressource der Kreativarbeit zu nutzen, erfährt man, und weiter: «Frankreich, die Schweiz und Deutschland unterscheiden sich in der Kultur des Designs wesentlich. motoco@dmc möchte diesen vielfältigen Raum nicht nur erkunden, sondern in einer ehemaligen Textilfabrik in Mulhouse auch einen idealen Ort der Zusammenarbeit schaffen, der der Produktion, Anwendung und Präsentation dient. Experten aus dem Bereich der Bildenden Kunst, dem Event-Management und dem Web-Design sollen dabei Anregungen geben.»
Vielleicht bezeichnend, dass an der Präsentation weniger Medienschaffende und mehrheitlich Vertreter der beteiligten Institutionen anwesend waren: Nachdem sie eine erste Hürde überwunden, sich nach Kooperationspartnern umgesehen und für Projekteingaben kurzgeschlossen haben, gilt es nun, die Vernetzung und die Umsetzung an die Hand zu nehmen.
Bereits existierende Projekte verzichten
Nebst den erwähnten Basler Institutionen sind auch das Haus für Elektronische Künste (gleich dreifach involviert), der Gare du Nord, die Kaserne, das Junge Theater oder der Verein Rumort mit von der Partie. Eher überraschend hingegen, dass regionale Player, die bereits dreigleisig fahren, fehlen: Allen voran das «Stimmen»-Festival, welches von Lörrach aus auch im Elsass (Kloster Guebwiller) und in der Schweiz (Riehen, Augusta Raurica) Spuren hinterlässt. Oder die Kunstausstellung «Regionale». Beide verzichteten dem Vernehmen nach auf Projekteingaben. Auch der Rockförderverein, die drei namhaften Orchester und die grossen Basler Kunsthäuser fehlen auf der Affiche.
Nebst Trinationalität und Experimentierfreude war für die Jury auch die Nachhaltigkeit von Bedeutung, wie Felicity Lunn betonte. Dies irritiert insofern, als dass die Projekte zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2014 realisiert werden. Und danach? Hat die Pro Helvetia bereits ein zweites Bündel zur Seite gelegt, um erfolgreichen Aktionen eine Fortsetzung zu ermöglichen? «Nein», sagt Andrew Holland. «Aber wir hoffen, dass diese Pilotprojekte zu weiteren Kooperationen führen.»
Die Pro Helvetia übernimmt mit ihrer Anschubfinanzierung von «Triptic» die Kosten für die Dachorganisation und Kommunikation. 800’000 Franken fliessen am Ende direkt in die 18 Programme, die auch von den beteiligten Städten und Kantonen unterstützt werden. Philippe Bischof, Leiter der baselstädtischen Kulturabteilung, sah sich dabei im Vorfeld vor ein Problem gestellt: Häuser, die bereits Subventionen erhalten, dürften aus dem Kulturbudget nicht zusätzlich unterstützt werden. Das Problem liess sich lösen, indem die Basler Regierung grünes Licht für die Äufnung eines neuen Fonds gab.
Was konkret aus Triptic resultiert – und inwiefern nach den Institutionen auch Kulturschaffende und das Publikum auf die grenzüberschreitende Reise miteinbezogen werden – zeigt sich in rund einem Jahr.