PRODUKTION: Lichtspiele: Reise zum goldenen Käfig

Regisseur Diego Quemada-Diez ging einst bei Ken Loach in die Filmschule. Das sieht man seinem hervorragenden Flüchtlingsdrama «La jaula de oro» an.

Auf dem Weg ins gelobte Land Amerika: die jugendlichen Flüchtlinge Juan und Chauk. (Bild: zVg)

Regisseur Diego Quemada-Diez ging einst bei Ken Loach in die Filmschule. Das sieht man seinem hervorragenden Flüchtlingsdrama «La jaula de oro» an.

In der mexikanischen Wellblechgasse heisst jeder zweite Juan: Alle wollen sie hier weg. Sara schneidet sich die Haare kurz, damit auch sie sich den Juans anschliessen kann. Sie wollen nach Norden. Die Gefahren schrecken die Jugendlichen nicht ab: Was vor ihnen liegt, kann schrecklicher nicht sein als das, was hinter ihnen liegt.

Was der spanische Regisseur Diego Quemada-Diez einst bei Ken Loach als Kameraassistent lernte, macht ihn heute zum Meister der Authentizität: Er filmt an Unorten, wie sie selbst der beste Setdesigner nicht erfinden könnte. Er entlarvt ohne Parteinahme für die Schwachen die Schwächen der Menschen. Wer einfach nur die brillante Fotografie der postindustriellen Dekadenz geniessen möchte, die Maria Secco gemacht hat, der hätte schon einen hübschen Ausstellungsnachmittag.

Reise der Hoffnung und Liebesgeschichte

Auf einem Geleisekörper, der in den letzten Zügen liegt, lässt Diego Quemada-Diez die Jugendlichen durch das mexikanische Hinterland ziehen. Bald geht das Quartett in einem Schwarm von Völkerwanderern auf, die mit auf die Züge springen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas Schreckliches geschieht. Wenn auch Juan seinem Indio-Freund Chauk hierbei das Leben rettet – vor dem Tod kann er ihn nicht bewahren. Die Geschichte wird von Quemada-Diez in jeder Hinsicht zu Ende gedacht, ohne jeden Kitsch.

Dabei spart der Film nicht mit überraschenden Bildern: Nachdem die Züge in Wirklichkeit schon mehrere Brücken überquert haben, sehen wir einen Traumzug im Schaufenster. In der Märklinwelt der Reichen, da schneit es.

«La jaula de oro» erzählt mit jedem Bild die Ankunft in einer wuchtigen Unwirklichkeit. «La jaula de oro» ist aber mehr als eine Reise der Hoffnung: Es ist eine keusche Liebesgeschichte. Selbst die Bilder aus dem Schlachthaus im gelobten Land sind rückblickend nur ein Kommentar auf das Gemetzel während der Flucht, das uns zum Glück erspart wird.

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Der Film läuft zurzeit in den Kult-Kinos.

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