Wenn Audio Dope seiner Grossmutter erklären will, was er macht, sagt er «Computermusik». Bei anderen Menschen holt er etwas weiter aus. Wir haben reingehört.
Mit der Musik ist es so eine Sache. Sie ist Klang und Klang hat keinen physischen Körper, nichts, wo man sich dran festhalten kann. Musik ist ja auch nicht zum Festhalten da, ganz im Gegenteil: Im besten Fall berührt sie, da, wo Anderes nicht hinkommt, wo Worte nicht hinreichen.
Eine, die genau das besonders gut kann, ist die Musik von Audio Dope: Die Tracks des Basler Produzenten schwingen sich ins Ohr und von da direkt ins Empfinden, geschmeidig und unaufdringlich, und klänge es nicht so spirituell, man würde sagen: vollkommen. Vollkommen, weil jeder Ton genau das macht, was man sich von ihm wünscht, weil er genau weiss, wo her hingehört und hinfliessen soll. Die Tracks von Audio Dope sind Wohltaten, nach dem Hören fühlt man sich angereichert und auf eine seltsame Art vervollständigt.
Klingt alles etwas aus der Luft gegriffen? Ist es ja auch. Die beste Musik ist die, deren Zauber sich nicht erklären lässt.
Wer kennenlernen will, muss hören
Und glücklicherweise steht ja immer noch ein Mensch dahinter, den man ausfragen kann. In diesem Fall Mischa N. 25 Jahre alt, Informatikstudent, Resident bei den «Mind the Gap»-Nächten in der Kaserne, Gewinner des diesjährigen M4Music-Awards für elektronische Musik und die eine kreative Hälfte hinter einem grossartigen Kurzfilm.
Mischa macht seit fast zehn Jahren elektronische Musik, manchmal in einem Studio, manchmal in seiner kleinen Mansarde am Münsterberg. Meistens allein, stundenlang vor dem Computer. Wie tickt so ein Mensch? Wir hörten rein – denn wer Mischa kennenlernen will, muss Audio Dope hören. Und umgekehrt:
«Es fing damit an, dass mir ein Freund dieses Programm zeigte: Fruity Loops. Damit konnte man recht einfach recht schnell Sound produzieren. Ich war schon immer ein Mensch, der gerne zuhause am Computer sass und an was rumbastelte. Und als ich an die Grenzen des Programms stiess, kam dann ziemlich schnell mal die Software Ableton Live, mit der ich heute noch arbeite. Damals hörte ich viel Instrumental Hip Hop, Pete Rock oder J Dilla, solche Sachen. Die waren meine ersten Inspirationsquellen.»
«Mein erstes Album habe ich als Maturarbeit rausgebracht. Ich nannte es ‹Beat Beast›, habe fünf Platten gepresst und die Musik auf Bandcamp veröffentlicht. Bandcamp ist wie Soundcloud, nur dass Leute für Songs bezahlen können. Also man stellt Musik von sich rein, entweder gratis zum Runterladen oder gegen einen freiwilligen Betrag. ‹Beat Beast› hatte unerwarteten Erfolg, vor allem in russischen Foren, da ging es ziemlich ab. Das war irgendwie crazy: Du sitzt vor deinem Computer in Basel und siehst, wie Leute in Russland deinen Sound feiern.»
«Ich weiss noch, wie ich einmal mit meiner Mutter in die Ferien geflogen bin. Im Flugzeug lag ein Heft auf, in dem verschiedene Berufe aufgelistet waren, und wie viel man mit ihnen verdient. Zuoberst stand ‹Unternehmer›. Da dachte ich: Du wirst mal Unternehmer, da verdienst du richtig viel Kohle. Kindisch, ich weiss, aber irgendwie blieb diese Vorstellung.»
«Nach Zivildienst und einem Sprachaufenthalt in London begann ich also ein Wirtschafts- und Kunstgeschichte-Studium. War dann aber doch nicht das Richtige. Jetzt bin ich im letzten Jahr vom Bachelor in Informatik, das ist um Einiges spannender und man hat danach auch interessantere Berufschancen. Was mit Musik zu studieren hab ich mir auch überlegt, aber die finanzielle Unsicherheit hat mich immer davon abgehalten.»
«Ich hab in erster Linie immer für mich Musik gemacht. Jeder will sich doch irgendwie ausdrücken, das ist bei Autoren oder Künstlern nicht anders. Und bei mir wars halt über die Musik. Mit der Zeit kam dann aber der Struggle – jetzt habe ich viel zu tun, mein Leben hat sich verändert und ich komme kaum noch dazu, so wie früher Musik zu machen. Da konnte ich mich einfach hinsetzen und Musik machen, heute geht es um Management, Labels, Präsenz gegen aussen. Das vermisse ich schon ein bisschen, diese unschuldige Zeit von damals. Die würde ich gerne wieder finden.»
«Wenn ich beruflich auf die Musik setze, dann schränkt das meine Kreativität ein. Das beschäftigt mich, da muss ich irgendwie lernen, eine gesunde Balance zu finden. Von Musik leben kann man schon, man muss einfach wissen, was man will. Ich könnte zum Beispiel als Produzent meine Beats verkaufen. Darauf hab ich aber selten Lust – mein Werk an jemanden geben, der dann sein eigenes Ding draus macht. Meine Songs stehen für sich allein.»
«Obwohl ich regelmässig auflege, produziere ich in erster Linie nicht mit der Absicht, Songs in Clubs zu spielen. Eher für alleine zuhause oder unterwegs mit Kopfhörern. Meine Musik hat oft was Melancholisches, keine Ahnung wieso. Meiner Grossmutter sage ich, ich mache Computermusik.»
«Wenn ich’s genauer beschreiben soll, sage ich immer, man solle sich eine Collage vorstellen. Ich habe jeweils ein bestimmtes Gefühl oder eine Stimmung, dann suche ich mir dazu Bilder aus, schneide sie auseinander und setze sie wieder neu zusammen, so lange, bis sie genau dieses Gefühl wiedergeben. Mit dem einzigen Unterschied, dass meine Bilder Töne sind. Ist aber im Endeffekt doch genau dasselbe.»