«Satisfaction» – der Pflasterstein unter den Sixties-Hynmen

Vor 50 Jahren veröffentlichten die Rolling Stones «(I Can’t Get No) Satisfaction» – zähneknirschend. Geplant war die Aufnahme nur als Demo, doch in den USA wurde der Song unbeabsichtigt ihr erster Nummer-eins-Hit. Und ihr grösster für alle Zeit.

Eigentlich als Demo gedacht, wurde «Satisfaction» der grösste Hit der Rolling Stones.

Vor 50 Jahren veröffentlichten die Rolling Stones «(I Can’t Get No) Satisfaction» – zähneknirschend. Geplant war die Aufnahme nur als Demo, doch in den USA wurde der Song unbeabsichtigt ihr erster Nummer-eins-Hit. Und ihr grösster für alle Zeit.



Eigentlich als Demo gedacht, wurde «Satisfaction» der grösste Hit der Rolling Stones.

Eigentlich als Demo gedacht, wurde «Satisfaction» der grösste Hit der Rolling Stones.

Manche sagen, mit diesem Song habe «1968» angefangen. Vor 50 Jahren tourten die Rolling Stones durch die USA – nicht zum ersten Mal, aber sie waren noch nicht die grosse Nummer, die sie bald werden sollten. Sie promoteten das Album «The Rolling Stones Now!», ihr drittes in Amerika, das wie der Vorgänger vor allem aus Coverversionen von Rhythm-’n‘-Blues-Hits bestand. Gerade hatten sie mit «The Last Time» ihren zweiten Hit in den amerikanischen Top Ten gelandet. Der nächste sollte der grösste ihrer Geschichte werden.

Am Morgen des 6. Mai 1965 hört sich Richards in einem Hotel in Florida eine kleine Melodie an, die er in der Nacht zuvor auf einem Kassettengerät neben dem Bett eingespielt hatte. 30 Sekunden Töne – und danach 45 Minuten Schnarchen. Richards vergass, den Rekorder abzustellen. Dennoch, die Idee konnte was werden, er lief damit zu Mick Jagger, bat ihn, die Worte dafür zu schreiben – und gab ihm gleich noch eine Textidee mit: Irgendwas mit «I don’t get satisfaction», wie es in einem Song des von Richards verehrten Chuck Berry hiess. Und Jagger schrieb.

Fuzz-Box statt Bläser

Schrieb von seinem Ekel, den er auf dieser Tour durch die USA empfand, von der totalen Kommerzialisierung, von der Bevormundung durch die Werbung und davon, wie er sich aus Frustration ein Mädchen schnappen wollte und sie ihn zurückwies: Er solle nächste Woche wiederkommen, wenn ihre Periode vorüber sei. «I can’t get no satisfaction», nicht von der Konsumindustrie und auch nicht im Bett, klagte, kläffte der Textschreiber.

Und so roh und hingeschnoddert wie seine Zeilen waren, spielte die Band wenige Tage darauf in einem Studio in Chicago diesen Song auch ein. Eigentlich nur ein Demo: Charlie Watts zeigte am Schlagzeug etwas mehr Muskeln als üblich, und Richards probierte erstmals eine Fuzz-Box aus, ein kratzender Verzerrerklang für seine Gitarre, um die zentrale Melodie zu markieren. Später, für die richtige Aufnahme, sollte diese Stelle eine Bläsersektion übernehmen, dachte sich Richards.

Anderer Meinung war der Manager der Band – er schickte die unfertige Aufnahme an die amerikanischen Radiosender, ohne die Autoren darüber zu informieren. Dort wurde der Song immer häufiger gespielt und wuchs immer grösser, bis ihn die amerikanische Plattenfirma der Stones im Juni 1965 als Single veröffentlichte. Einen Monat später stand «(I Can’t Get No) Satisfaction» zuoberst in den Billboard Charts – erst danach reagierte auch der Heimmarkt.

Ihre britische Plattenfirma plante gerade die Veröffentlichung einiger Live-Aufnahmen der Stones und versuchte, den überraschenden Hit aus den USA so weit wie möglich hinauszuschieben. Erst am 20. August 1965, vor 50 Jahren, war «Satisfaction» auch in Grossbritannien erhältlich. Drei Wochen später schepperte Richards Riff auch dort von der Spitzenposition. Es dauerte dennoch einige Jahre, bis die Stones sich mit dem Hit wider Willen anfreunden konnten und er Eingang fand ins Live-Repertoire der Band. Währenddessen ging «Satisfaction» um die Welt – als Hymne der Unzufriedenen und Aufbegehrenden, als Kontrapunkt zur schwärmerischen Entrückung der Hippie-Lieder.

Imitiert wurde dieser Pflasterstein der Sixties-Hymnen unzählige Male, manchmal hochklassig wie von Devo, manchmal kurios verunglückt wie bei Vanilla Ice. Für die von Richards gewünschten Bläser sorgte ein anderer: Otis Redding spielte den Song, kaum war er ein Hit, gleich nochmals ein, und stieg damit im selben Jahr wie das Original ebenfalls in die Charts ein. «Satisfaction» war der Auftakt zu den goldenen Jahren der Rolling Stones, in denen sie noch zahlreiche Klassiker hervorbringen sollten. An diese fünf Töne kam keiner von ihnen heran.

Nächster Artikel