Sie nannten sich Fröschli und jetzt haben sie 15’000 davon

Tief in einem Münchensteiner Keller versteckt sich die grösste Froschsammlung der Welt. Begonnen hat sie mit romantischen Gesten von Rolf und Elfi Rindlisbacher.

Froschjäger Rolf und Elfi Rindlisbacher vor einem Dreissigstel ihrer Sammlung. Vielleicht ists auch ein Vierzigstel, bei der Menge kommts auch nicht mehr drauf an.

(Bild: Naomi Gregoris)

Tief in einem Münchensteiner Keller versteckt sich die grösste Froschsammlung der Welt. Begonnen hat sie mit romantischen Gesten von Rolf und Elfi Rindlisbacher.

Eigentlich sagt die Website schon alles. Ein grellgrüner Frosch zwinkert freundlich von einem Hintergrund, der bis auf drei Sprach-Optionen in Flaggenform jungfräulich leer ist. Man fühlt sich ans Internet aus Kindheitszeiten erinnert, an Websites ohne Ambitionen und Allüren, an Schlichtheit und Pragmatismus, an das Höchste der Gefühle, wenn sich ein Bild alle fünf Minuten mal marginal bewegte.

Bei uns brauchts keine fancy Überzeugungsmaschen, sagt uns diese Website, bei uns reichen die nötigsten Infos. Alles andere regelt die Nostalgie.  

Und wie sie das tut. Es beginnt bei dieser Website und zieht sich weiter, nach Münchenstein, wo man auf grauem Industriegelände steht und das Froschmuseum auf den metallenen Briefkästen sucht – da ist es, eingeklemmt zwischen einer Firma für Klimaanlagen und dem Flipperclub Basel (kommt Ihnen bekannt vor?). Einmal geklingelt und eingetreten, ein verblüffter Blick von einem Herrn mit Bauarbeiterhelm, dann rechts die Treppe runter.

Erste Lektion: Sei kein Frosch

Eine massive Tür, nicht unähnlich jenen, hinter denen wir früher jeweils «Bandprobe» «hatten» (Nostalgie!), steht da im winzigen Eingangsbereich, davor ein Korb mit kleinen Wachsplatten, bei dem man sich bedienen kann. Die Wachsplatten zeigen Frösche in allen Variationen und Metaphern. «Sei kein Frosch!», «Küss den Frosch» und «Frosch im Hals». Wir wählen «Sei kein Frosch» und nehmen es uns zu Herzen: Türklinke runter und rein ins Froschmuseum.

Die Website hat nicht zu viel versprochen.




(Bild: Naomi Gregoris)

Uns eröffnet sich ein Universum, so atemberaubend froschlastig, dass wir froh sind, eine Kamera dabeizuhaben. Diese Menge an Lurchgetier lässt sich kaum in Worte fassen, am ehesten tut es noch eine Aufzählung. Es gibt: Froschvasen, Froschposter, Froschtassen, Froschporzellan, Froschpins, Froschleggins, Froschschirme, Froschuhren, Froschteppiche, Froschmagnete, Froschstecker, Froschlampen, Froschpapierkörbe, Froschplüschtiere, Froscheieruhren, Froschbesteck, Froschbonbons, Froschzahnbürsten, Froschunterwäsche, Froschflugzeugkissen, Froschflaschenöffner, Froschpantoffeln und Froschgiesskannen. Es gibt Froschfeuerzeuge und Froschbrettspiele, Froschzierteller und Froschhosenträger, Froschrucksäcke und Froschtaucherbrillen und auch einen echten, beziehungsweise präparierten Frosch. Er hält einen Taktstock und sieht relativ unsensationell aus.

Der Zerstörer

Es gibt auch so Dinge, von denen man gar nicht wusste, dass sie existierten, geschweige denn wie jemand auf die irre Idee gekommen sein könnte, so etwas zu erfinden. Dinge wie der Frosch-Coladosen-Zerstörer:




(Bild: Naomi Gregoris)

«Cola-Fröschli!» kommentieren wir und Rolf Rindlisbacher lacht. Kein Froschwitz zu klein, nicht witzig zu sein. Seine Augen zwinkern wie die des Website-Frosches. Rindlisbacher ist der Mann hinter der Sammlung, ein hagerer grossgewachsener Inhaber einer Logistikfirma, der gut und gerne erzählt und manchmal fast selber verblüfft wirkt, ob dieser bemerkenswerten Anhäufung von Fröschen, die mit einem liebevollen Kosenamen begann.

Ein Fröschli fürs «Fröschli»

Es war Anfang der Achtzigerjahre und Rindlisbacher und seine Elfi nannten sich gegenseitig «Fröschli». Da lagen kleine Aufmerksamkeiten in Froschform nahe, mal ein Hemd mit Froschsujet, mal eine Froschfigur aus Zinn oder Porzellan.




(Bild: Naomi Gregoris)

Nach kurzer Zeit war keine Papeterie, keine Brockenstube und kein Kleiderladen mehr vor den beiden sicher. Das Paar machte Ausflüge mit dem Auto, stellte es irgendwo ab und graste dann die umliegenden Läden nach Froschsujets ab. «Wir wussten meist besser als die Verkäufer, ob ein Objekt mit Froschsujet im Sortiment war», erzählt Rindlisbacher lachend. Man entwickle ziemlich schnell ein Gespür für die grünen Tierchen.

Mehr Platz in der Wohnwand

Die Sammlung wurde immer grösser, aus Dutzenden wurden Hunderte und Rolf musste daheim die Wohnwand ausbauen. Als diese keinen freien Platz mehr bot, musste der Keller herhalten. Nun schenkten auch Freunde den beiden regelmässig Frosch-Objekte, Tassen, Schlüsselanhänger, Hausschuhe. Die Patentante strickte eine Froschpuppe. Zur Hochzeit gab es einen Zierteller mit einem Frosch-Brautpaar und eine Torte mit Frosch-Marzipanfiguren. Rolf trug ein Hemd mit aufgestickten tanzenden Fröschen, Elfi eine goldene Froschbrosche. 




(Bild: Naomi Gregoris)

1988 unternahm das Paar seine erste Reise nach Amerika. «Ins Froschmekka!» ruft Rindlisbacher und erzählt von den froschverrückten Amerikanern, die sie freundlich zu sich einluden und bei ihrer Sammeljagd unterstützten. Anekdoten aus Las Vegas und «Frogtown», einer Kleinstadt in Kalifornien, «in der sogar der Anwalt einen Frosch auf seiner Visitenkarte aufgedruckt hat», von internationalen Sammlertreffen unter Froschfreunden und dem Aufbau des ersten Froschmuseums Anfang der Neunzigerjahre auf 30 Quadratmetern in einem kleinen Raum im Kleinbasel.

Wer sammelt, der kann erzählen, und Rolf und Elfi Rindlisbacher haben Gesprächsstoff zu 15’000 Frosch-Objekten. «Wahrscheinlich sinds sogar etwas mehr.» Irgendwann höre man auf zu zählen.




(Bild: Naomi Gregoris)

Und auch auf zu sammeln. Nach über 30 Jahren Sammelwut, einem Umzug, zwei Wasserschäden, etlichen Sammlertreffen und Jubiläen, Führungen und Festen, einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde, einem Artikel im «China Daily» und Trudi Gerster an der Eröffnungsveranstaltung (sie erzählte den Froschkönig) ist die Froschjagd beendet.

Rolf und Elfi Rindlisbacher öffnen ihren Froschschatz noch einmal pro Monat, jeweils am ersten Sonntag. Mehr sei nicht nötig, meint Rolf. Und: Mehr müsse man den Menschen auch nicht aufdrängen. Keine fancy Überzeugungsmaschen. Es ist, was es ist. Nostalgie und Engagement und 15’000 Froschfiguren in einem Keller in Münchenstein.

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Froschmuseum, Grabenackerstrasse 8, Münchenstein. Geöffnet jeweils am ersten Sonntag des Monats, 14 bis 17 Uhr. Gemäss Website: Freier Eintritt, freiwilliger Austritt.

 

Skurrile Museen
In dieser Sommerserie richten wir die Scheinwerfer auf kleine regionale Museen, die im Schatten der grossen Leuchttürme stehen.

Bisher erschienen sind:

Das Boxmuseum an der Feldbergstrasse

Das Bestattungsmuseum am Friedhof Hörnli

Das Harmoniummuseum in Liestal

Das Kleiderbügelmuseum in Birsfelden

Das Velosolex-Museum in Waldenburg

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