Der Basler Künstler Michele Cordasco beweist mit seinem Werk «Licht-Einfall» am Kreisel Luzerner-/Wasgenring, dass Kunst am Bau weit mehr sein kann als dekoratives Element.
Kunst soll die Sinne stärken, zum Denken anregen. Sie kann dekorativ sein, witzig, provokativ oder verstörend. Und dann gibt es da noch die Kunst am Bau. Sie ist besonders beliebt bei Schulhausbauten und auf Verkehrskreiseln.
Ja diese Kreiselkunst. In Kunstfachkreisen gilt dieser Begriff beinahe schon als Schimpfwort. Allzu oft auch zurecht, wie man sich zum Beispiel auf der Internetseite www.kreiselkunst.ch überzeugen kann. Überdimensionierte Milchhäfen, Bleistifte, Schwäne und weitere Tiere sind da abgebildet. Auch abstraktere und weniger kitschige Werke, die aber meist nicht viel mehr sind, als dekorative Kirschen auf einem Verkehrskuchen.
Mehr als Kunst auf einem Kreisel
Der Basler Michele Cordasco hat nun mit seiner Plastik «Licht-Einfall» beim Kreisel Luzerner-/Wasgenring den «Gegenbeweis» angetreten, wie die Leiterin des Basler Kunstkredits, Katrin Grögel, an der feierlichen Eröffnung des Werks sagte. Den Gegenbeweis dafür, dass Kreiselkunst nur Kunst auf einem Kreisel ist.
Das offenbart sich nicht gleich auf den ersten Blick. Von der Strasse her betrachtet sieht man durch den Kreisverkehr hindurch erst einmal eine riesige Platte oder einen überdimensionierten Suppenteller mit einem rund einen Meter hohen Rand und einem Durchmesser von knapp 15 Metern. Eine durchaus ansprechende, minimalistische Plastik, könnte man meinen.
Kunst als Bau
Die wahren Ausmasse des Werks offenbaren sich aber erst, wenn man in den Untergrund hinabsteigt (oder sich auf die Attikaterrasse des Felix Platter-Spitals begibt). Das Besondere am neuen Kreisel Luzerner-/Wasgenring ist nämlich, dass er unter dem Boden von einer Unterführung für Fussgänger und Velofahrer durchschnitten wird. Diese für den Langsamverkehr eigentlich höchst angenehme und ungefährliche Direktverbindung hat aber auch einen Nachteil: Unterführungen sind Klaustrophobie erregende Unorte. Erst recht, wenn sie, wie in diesem Fall, über 50 Meter lang sind.
Der Auftrag im Rahmen des Kunstkredit-Wettbewerbs war also nicht nur, eine künstlerische Intervention am Bau zu schaffen, sondern auch ein Projekt zur Hebung der Aufenthaltsqualität. Und das ist dem Sieger des Wettbewerbs auf vorbildliche Art und Weise gelungen. Michele Cordasco hat seinen Teller an der Oberfläche gegen unten geöffnet, er lässt ihn zum Trichter auslaufen, der von der Unterführung durchschnitten wird. So wird Kunst am Bau zur Kunst als Bau.
Angenehmer Lichtfänger
«Licht-Einfall» nennt Cordasco sein Werk. Es ist aber mehr als das. Der Trichter oder Krater wird zum Lichtfänger. Die Mitte der Unterführung wird so zum angenehmen und auffallend hellen Platz, der einen unverstellten Blick in den Himmel ermöglicht und ihn, das ist ein erstaunlicher Effekt, vom Verkehrslärm des Kreisels abschirmt. So befindet man sich mitten im Verkehrsgetümmel, das man nicht sieht und nicht hört.
So schlüssig einfach, wie das Werk auf den ersten Blick wirkt, so knifflig war dessen Realisierung. Der riesige Trichter musste quasi freischwebend mit Spritzbeton geformt werden – eine Arbeit, die auf bauliches Neuland führte und entsprechend eine grosse Herausforderung darstellte, wie der Gesamtprojektleiter aus dem Basler Tiefbauamt, Thomas Weiss, sagte.
Für den Künstler hatte dies aber zur Folge, dass er während des Baus seines Werks nur noch ganz am Rand selber Hand anlegen konnte, dass er quasi zum Neben-Baumeister wurde. Cordasco schien dies aber nicht gestört zu haben. Er lobte an der Eröffnung die wunderbare Zusammenarbeit aller Beteiligten und gab sich so beschwingt, dass er zur musikalischen Begleitung durch das Fusion-Trio von Swiss Urban Ländler Passion spontan zum Tanz antrat.