Wenige haben der Rolle des Bassisten im Jazz derart den Stempel aufgedrückt wie Stanley Clarke. Am Montag spielt der «Bass Liberator» im Rahmen des Jazzfestivals Basel im Stadtcasino.
«School Days» war eine Blaupause für den Viersaiter. 1976 erschien diese Platte, die vierte unter Stanley Clarkes Namen, und auch wenn weitere Mitspieler wie John McLaughlin an der Gitarre oder Billy Cobham am Schlagzeug ebenfalls Entscheidendes zum Album beitrugen, machten Clarkes Slaptechnik und seine akrobatischen, mehrstimmigen Melodieläufe Schule. Clarke hob den Bass hinaus aus der hinteren Reihe einer Jazz-Combo und platzierte ihn als Leitinstrument an der Frontlinie. «Bass Liberation Movement» wurde diese Fusion aus Jazz und Rock genannt, die «School Days» auslöste, und das Titelstück war der Jingle dazu. Seither gehört das griffige Leitmotiv des Stücks in den Grundkurs jedes angehenden Bassisten.
40 Jahre später hat Clarke seinen Klassiker neu entdeckt. Auf seinem aktuellen Album «Up» findet sich eine überraschende Neuaufnahme von «School Days» – überraschend deshalb, weil das Stück sowieso seit den späten 1970ern bis in die aktuellen Zehnerjahre zu seinem Standardrepertoire gehört. Viel Neues hat Clarke zu seinem alten Hit nicht zu sagen, dennoch ist «Up» eine bemerkenswerte, hoch gelobte Platte geworden, die verdichtet, wofür Stanley Clarke die letzten 40 Jahre stand: für einen Jazz, der spielend Anschlüsse findet an andere Genres – den Rock, den Funk, den Soul und, vor allem in den letzten Jahren, die affirmativen Soundflächen für den Film.
Auf dem Weg in die Selbstständigkeit
Fusion also, und der 64-jährige Clarke hat die Freude an der Schmelze von einem der grössten Pioniere gelernt: Chick Corea. Nachdem Clarke als frischer Absolvent der Philadelphia Music Academy nach New York zog und früh bei einflussreichen Bandleadern wie Dave Brubeck, Dexter Gordon oder Stan Getz unterkam, stiess er 1972 zur neuen Formation von Chick Corea: Return To Forever.
Corea hatte in den 1960er-Jahren als Pianist bereits in der Band von Miles Davis mit dem epochalen «Bitches Brew» den Neuentwurf von Jazz und Rock mitgestaltet. Das selbstbetitelte Debüt von «Return To Forever» definierte den Fusion-Jazz durch die Integration von Latino-Elementen neu, inszenierte ihn klangästhetisch mit einem intimen kammermusikalischem Charme, zu dem Stanley Clarke wuchtige Fundamente am E- wie am Kontrabass lieferte. Clarke blieb Coreas Formation bis in die späten 70er-Jahre treu, als sich die Band zunehmend dem progressiven Rock zuwandte, aber seine Karriere als selbstständiger Bandleader war da bereits kräftig am Rollen. Über 20 Alben hat er mittlerweile unter eigenem Namen veröffentlicht, dazu kommen unzählige, die er als Gastmusiker mit seinem Spiel veredelte.
Dass er in den langen Jahren kaum an Relevanz verlor, bezeugt sein Palmarès an Grammy-Auszeichnungen: die letzten der vier Trophäen, die er als Solo-Act erhielt, kürte 2011 als «Best Contemporary Jazz Album» eine Platte, die sinnigerweise den schlichten Titel «The Stanley Clarke Band» trug. An der Award-Verleihung sagte er den demütigen Satz: «Es ist so erfüllend zu erleben, wie Jazz und Instrumental Music weiterhin so lebendige musikalische Genres bleiben.» Eine Leistung, zu der Clarke mit seinem Lebenswerk konstant beigetragen hat.
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Stanley Clarke Band «Up»: Stadtcasino, Basel. Montag, 20. April, 20 Uhr.