Steck dein Würstchen in mein Brötchen

Seth Rogens neuster Animationsfilm ist nichts für Kinder – und eigentlich auch nichts für Erwachsene. Wer dumme Witze und Perversitäten mag, wird aber voll auf seine Kosten kommen.

Wie die Wurst ins Brötchen: Brenda und Frank, das Liebespaar der «Sausage Party».

Seth Rogens neuster Animationsfilm ist nichts für Kinder – und eigentlich auch nichts für Erwachsene. Wer dumme Witze und Perversitäten mag, wird aber voll auf seine Kosten kommen.

Man hätte es eigentlich wissen sollen. Wenn man bereits beim Filmplakat die Augen verdreht, ist kaum was Brauchbares zu erwarten. Und bei diesem Filmplakat verdrehen sich die Augen wie von selbst:




Ein Würstchen, das sich nach oben biegt, dazu der Spruch «A hero will rise» – eigentlich wäre das der Moment, diesen Film all jenen Menschen zu überlassen, die auch mit knapp dreissig beim Wort «Vagina» losprusten, Family Guy nach 14 Staffeln noch lustig finden und ihren Sinn für Humor gerne mit der entsprechenden Emoji-Kombo unterstreichen: ? ? ? . Genau das müssen sich Master of Schenkelklopfer Seth Rogen und seine unterbezahlten Animatoren nämlich als Zielpublikum vorgestellt haben, als sie ihren neusten Streich «Sausage Party» ersannen.

Knacke-high werden sie auch gewesen sein müssen, anders kann eine solche Geschichte nämlich kaum zustande kommen: Alle Nahrungsmittel führen ein ödes Leben in einem Supermarkt. Viel mehr als zusammengepfercht auf den Regalen rumhängen, liegt nicht drin, sonst würden sie die Götter erzürnen. Und die sind der einzige Lichtblick ihrer bemitleidenswerten Existenzen: Grosse, schöne Geschöpfe, die sie in silberne Gefährte hieven um sie später über ein graues Band nach «The Great Beyond» zu transportieren.

Heisses Würstchen, williges Brötchen

Soweit auch die Auffassung von Protagonist Frank, einem Wienerli (Schenkelklöpfer?), das sich nichts sehnlicher wünscht als mit seiner geliebten Brenda aus dem Supermarkt zu kommen, damit er endlich «sein Ding in sie stecken kann».

Brenda ist ein Hotdogbrötchen mit einem riesigen schlitzartigen Mund, wie geschaffen für Würstchen Frank. Auch sie freut sich auf die Vereinigung. Und die scheint gar nicht so weit entfernt: Bald ist der 4. Juli, der Tag an dem sich alle Götter zusammentun, um Würstchen und Brötchen gleich massenweise ins Nirvana zu katapultieren.



Wie die Wurst ins Brötchen: Brenda und Frank, das Liebespaar der «Sausage Party».

Wie die Wurst ins Brötchen: Brenda und Frank, das Liebespaar der «Sausage Party».

Wäre da nur nicht der Honigsenf. Das unbeliebte Produkt wird am Tag der Erlösung von den Göttern zurück in den Supermarkt gebracht – und hat wenig Gutes vom Paradies zu berichten:

Verstümmelung!

Misshandlung!

Babymord!

und andere Arten grausamsten Genozids (was den Nahrungsmitteln ein Begriff ist, schliesslich wollte Sauerkraut-Hitler in einem dunklen Kapitel Supermarktgeschichte einmal die gesamte Population von «Juice» erledigen).

Natürlich glaubt ihm kaum jemand, wer glaubt schon einem Zwitter? Aber der erste Zweifel ist gesät und wird im Laufe von Frank und Brendas Odyssee immer stärker, bis letztlich die Wahrheit raus ist und sich alle Lebensmittel in einem rauschenden Fuckfest gegen die böse Aussenwelt vereinen. 

Foodporn mal anders

Richtig gehört. Nach der grossen Erleuchtung kopulieren alle mit allen, der lesbische Taco mit der heissen Chilisauce, der koschere Bagel mit dem Halal-Brot, das endlich verstanden hat, das im Paradies keine 72 Flaschen Extra Vergine-Olivenöl auf ihn warten. Foodporn auf einem ganz anderen Level. Und das im amerikanischen Film, wo 20 Sekunden blitzender Busen mehr Aufsehen erregen als zwei Stunden Blutrausch!

Liegt wohl an Seth Rogen. Alles, was der goldene Junge der amerikanischen Komödie anfasst, wird zum Kassenschlager. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn Rogen fährt in jedem seiner Filme die gleiche Schiene: Jede Art von Spruch ist erlaubt, solange er sich unter der Gürtellinie befindet.


Aber Marketing kann er.

Rogen weiss genau, wo er hinzielen muss: In die Herzen der oversexed and underfucked – jenem Grossteil der Amerikaner, der sich mit seiner frigiden Gesellschaft abzufinden versucht, indem er jede Art von sexueller Konnotation hysterisch überzeichnet. 

Selma Hayek als lesbischer Taco, geil!

Nun ist also auch der Animationsfilm auf diesen Zug aufgesprungen, nach animierten Erwachsenenserien wie «South Park» oder «BoJack Horseman» eigentlich nur noch eine Frage der Zeit. Anders als diese systemkritischen Serien aber thematisiert «Sausage Party» gesellschaftliche Probleme nur als Mittel zum Zweck.

Wenn also Selma Hayek als lesbischer Taco über die Leinwand trippelt, dann hat das weder was mit der Queer-, noch mit der Latino-Thematik in den Staaten zu tun, sondern war halt einfach eine lustige Idee: Ein muschileckender Taco mit spanischem Akzent, geil! Und bei so einer witzigen Kombination kommen die Sprüche gleich automatisch wie aus der Salsa-Tube geschossen: «I’m not a soft taco, I’m a hard, horny taco.» Oder noch besser: «Once you go taco, you’ll never go back-o.»

Als Besucherin greift man sich da mehr als einmal an den Kopf. Da hilft auch die seichte Religionskritik nicht, die sich mit dem ganzen Gestusse über Götter, Erlösung und das Paradies als ernstzunehmende Message im Film etablieren will. Am Ende läuft man unverdauter Dinge aus dem Kino, mit der Gewissheit: Der Film ist kacke. Wenigstens in dieser Hinsicht ist «Sausage Party» konsequent. 

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«Sausage Party», ab 6. Oktober im Kino.

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