Tessiner Firma stellt Schadenersatz-Forderung in Millionenhöhe an Basel-Stadt

Die Tessiner Firma Elektronorm, die am Theater Basel die Elektrosanierungen ausführte, will sich aus Basel zurückziehen. Sie fühlt sich von der lokalen Konkurrenz und deren Vertretern mit unfairen Mitteln aus dem Markt gedrängt. Jetzt soll der Kanton 3,5 Millionen Franken Entschädigung bezahlen.

Aus dem Markt gedrängt: Die Tessiner Firma Elektronorm, welche die Elektroarbeiten im Theater durchgeführt hat, zieht sich aus Basel zurück.

(Bild: Dominique Spirgi)

Die Tessiner Firma Elektronorm, die am Theater Basel die Elektrosanierungen ausführte, will sich aus Basel zurückziehen. Sie fühlt sich von der lokalen Konkurrenz und deren Vertretern mit unfairen Mitteln aus dem Markt gedrängt. Jetzt soll der Kanton 3,5 Millionen Franken Entschädigung bezahlen.

Es sind ungemütliche Wochen am Münsterplatz. Die Fachleute des Hochbauamts versuchen, die Sanierung des Basler Theaters wieder in Gang zu bringen. Mehrere Monate liegt man hinter dem Zeitplan zurück und längst sind noch nicht alle Probleme beseitigt, die der Wiederaufnahme der Arbeiten im Wege stehen. 

Noch immer verhandelt das Amt mit der Tessiner Firma Elektronorm über deren Ausstieg. Das Unternehmen war in den letzten beiden Jahren für die Elektroarbeiten zuständig, ein Grossauftrag mit einem Volumen von ursprünglich über 16 Millionen Franken. Das Hochbauamt will nach gravierenden Schwierigkeiten aus dem Vertrag mit Elektronorm aussteigen.

Die in Basel neue Firma musste nach dem Ausstieg des spanischen Partners Emte die Arbeiten alleine stemmen. Ungenügende Ressourcen und Streit mit den Partnern auf der Baustelle prägten die Arbeiten. Jetzt will der Kanton einen Schlussstrich ziehen – doch Elektronorm ist nicht bereit, kampflos aus Basel zu verschwinden. 

Auf dem Tisch von Thomas Blanckarts, dem Leiter des Hochbauamts, liegt eine Schadenersatzforderung von Elektronorm, auch dessen Vorgesetzter, Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels (SP), ist informiert. Elektronorm verlangt 1,4 Millionen Franken sowie eine Entschädigung für den entgangenen Gewinn über 2,1 Millionen Franken. Die Erfüllung dieser Forderung macht das Unternehmen zur Bedingung für einen Ausstieg aus dem laufenden Vertrag. 

Von der Baustelle verwiesen

Der Kanton will den Forderungen nach Informationen der TagesWoche nicht nachkommen. Blanckarts will sich dazu nicht äussern. Die Chaosgeschichte der Elektrosanierung im Theater Basel werden wohl die Gerichte abwickeln.

Im Fokus der Vorwürfe stehen vor allem die beiden vom Kanton beauftragten Planungsbüros, welche die Arbeiten koordinierten. Diesen hält Elektronorm vor, die Erstellung der Übersicht über die erbrachten Leistungen monatelang zurückgewiesen und verschleppt zu haben.

Diesen Sommer verwiesen Elektroplaner Scherler und Generalplaner Gruner die Arbeiter von Elektronorm von der Baustelle. Mängel an den bereits vollendeten Elektroinstallationen behob im Auftrag des Kantons eine andere Firma. Darin erkennt Elektronorm Vertragsbruch. 

Spätestes seit Februar 2016 kämpft Elektronorm um sein Geld, damals 1,7 Millionen Franken. Nach langem Hin und Her lag man zuletzt nur noch 250’000 Franken auseinander. Monatelang wartete das Unternehmen auf sein Geld.

Die Folgen waren für Elektronorm verheerend. So heisst es im Brief an Blanckarts und Wessels: «Elektronorm ist – als unmittelbare Folge dieser unhaltbaren Zahlungsverzögerungen – in finanzielle Schieflage geraten.» Lieferanten konnten nicht mehr bezahlt, Auftrage «infolge vieler Betreibungen» nicht vollendet werden.

Die Tessiner Firma Elektronorm fühlt sich von der lokalen Konkurrenz und deren Vertretern aus dem Markt gedrängt.

Die Hintergründe des monatelangen Hinhaltens, das zu den finanziellen Engpässen bei der Firma führte, sind umstritten. Kanton und Planer sprechen von nicht brauchbaren Dokumentationen der erbrachten Leistungen. Ohne korrekte Belege hätte kein Geld gesprochen werden können.

Elektronorm vermutet andere Gründe hinter der Blockade der Gelder: «Es manifestierte sich zunehmend der Eindruck, dass die General- und Fachplanerin nicht zeitnahe zu einem Ziel kommen wollten, sondern vielmehr darauf bauten, dass Elektronorm unter dem enormen finanziellen Druck zusammenbricht und damit aus der Nordwestschweiz verschwindet.»

Die Tessiner fühlen sich von der lokalen Konkurrenz und deren Vertretern aus dem Markt gedrängt: «Der entsprechende politische Druck in Basel, erzeugt durch die hiesigen Elektrounternehmen wie den instrumentalisierten Gewerbeverband war und ist denn auch nicht von der Hand zu weisen.»

Der Gewerbeverband weist diese Anschuldigungen zurück: «Wir haben kein Verständnis für diese haltlosen Vorwürfe. Das scheint ein Versuch zu sein, von den eigenen Verfehlungen abzulenken.» Scherler und Gruner reagierten nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme.

«Schwerwiegendste Reputationsschäden»

Tatsächlich sind die Tessiner Elektriker, die sich mit günstigen Angeboten mehrere Grossaufträge angelten, beim lokalen Gewerbe äusserst unbeliebt. Der Gewerbeverband und der Verband der Basler Elektroinstallateure führten in den letzten Monaten Gespräche mit dem Hochbauamt. Dabei wurde die Theater-Ausschreibung scharf kritisiert. Man einigte sich auf geeignetere Ausschreibungen – und die Möglichkeit fürs lokale Gewerbe, die Reissleine zu ziehen und eine nicht genehme Ausschreibung bei Bedarf abzubrechen.

Die lokale Konkurrenz hat unabhängig vom Ausgang des Streits um Schadenersatz gewonnen: Elektronorm will sich nach nur zwei Jahren aus Basel wieder zurückziehen. Fast das gesamte Personal in Basel wurde bereits entlassen. Ein Auftrag musste weitergegeben werden. Grund dafür soll vor allem das missglückte Engagement am Theater gewesen sein. «Die Reputation des Unternehmens hat in schwerwiegendster Weise Schaden genommen», heisst es in der Forderungsschrift an den Kanton.

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