In Zürich wird über den Erweiterungsbau fürs Kunsthaus abgestimmt. Widerstand gegen den 206 Millionen teuren Neubau regt sich erst seit kurzem – trotzdem bleibt man zuversichtlich, das Haus kurz nach dem Basler Kunstmuseums-Erweiterungsbau eröffnen zu können.
An der Kreuzung vor dem Basler Kunstmuseum sind die Bagger aufgefahren. Der Burghof wird ausgehöhlt und abgerissen, um dem Erweiterungsbau Platz zu machen. 2016 soll dieser für die Kunst bezugsbereit sein – bis dahin müssen sich die Verkehrsteilnehmer an den Baustellenabschrankungen stören.
Noch nicht ganz so weit ist man in Zürich. Hier, am Heimplatz, soll ab 2017 das «Museum des 21. Jahrhunderts» stehen, heisst es grossmundig.
Gross ist er sicherlich, der quaderförmige Bau, den der britische Star-Architekt David Chipperfield entworfen hat und der die aktuelle Ausstellungsfläche des Kunsthauses von 6400 auf 11’500 Quadratmeter vergrössern soll. Gross sind auch die Kosten dafür: 206 Millionen sind für den Neubau veranschlagt – das ist mehr als doppelt soviel wie für den Basler Erweiterungsbau des Architektenbüros Christ & Gantenbein, obwohl die dazu gewonnene Ausstellungsfläche in Basel um 3000 Quadratmeter grösser ist.
Plötzlich streitbar
Noch bis vor kurzem schien der Zürcher Erweiterungsbau unbestritten; die Volksabstimmung, die am 25. November ansteht, galt als reine Formsache. Nun aber wird doch noch Widerstand hörbar. Vielleicht, weil viele Wähler sich erst jetzt mit den Details auseinandersetzen. Aber vor allem, weil eine kleine Gruppe Anfang November eine Stimmrechtsbeschwerde eingereicht hat, aufbauend auf der Frage: Wie war das nochmal mit der Sammlung E. G. Bührle, für die der Chipperfield-Bau unter anderem gebaut werden soll, und dem Thema Raubkunst?
In den Medien und bei Experten jedoch herrscht trotzdem immer noch Zuversicht. Zürich brauche diesen Bau, so der bestimmende Tenor. Es würden mehr Touristen kommen, hofft die Stadtverwaltung. Nur mit dieser Erweiterung könne man künftig im Konzert der grossen europäischen Häuser mitspielen. Und Grund zur Hoffnung auf ein Ja besteht, denn immer wieder hat das Zürcher Kunsthaus in Abstimmungen Zustimmung erhalten, mehr als einmal ist der ursprüngliche Bau von Karl Moser aus dem Jahr 1910 erweitert worden.
Der zusätzliche Raum sei nötig, um der grossen Sammlung des Kunsthauses endlich gerecht zu werden. Tatsächlich verfügt das Kunsthaus aktuell nur über genügend Ausstellungsplatz für zirka zehn Prozent seiner Sammlung. Das, so ist der offiziellen Stellungnahme der Stadt zu entnehmen, liege weit unter dem internationalen Durchschnitt und erschwere es zudem, Sammlerinnen und Sammler zu motivieren, ihre Werke dem Kunsthaus anzuvertrauen. Einer dieser Sammler ist der Schweizer Unternehmer Hubert Looser, der im April 2012 seine hochkarätige Sammlung zeitgenössischer Kunst dem Kunsthaus versprochen hat – allerdings nur unter der Bedingung, dass der Neubau gebaut wird.
Sammlungshaus
Vornehmlich ein Sammlungshaus soll der Zürcher Erweiterungsbau also werden, wenn auch ein Teil für Wechselausstellungen vorgesehen ist. In Basel ist es genau umgekehrt: Hier wurde der Neubau vor allem initiiert, um genügend Platz für grosse Sonderausstellungen zu schaffen. Die Sammlung soll künftig verstärkt im Altbau gezeigt werden, ohne dass sie immer wieder temporär weggeräumt werden muss.
88 Millionen sollen die Stadtzürcher Steuerzahler nun einmalig lockermachen, um ihren Neubau zu ermöglichen, und dann weiter jährlich Betriebs- sowie Unterhaltsbeiträge von knapp 18 Millionen Franken – 7,5 Millionen mehr als bisher. Beim Basler Kunstmuseum ist man um eine Abstimmung herumgekommen. Kein Widerstand hatte sich nach dem Parlamentsbeschluss geregt, kein Referendum war ergriffen worden, obwohl der Kanton auch hier 50 Millionen zu tragen hat.
In Zürich hoffen Stadt und Museumsverantwortliche nun auf ein Ja. Ansonsten muss das Kunsthaus sich mit dem bestehenden Platz abfinden, und die Sammlungen Bührle und Looser bleiben – weitgehend der Öffentlichkeit vorenthalten – in ihren eigenen Häusern. Denn einen Plan B gibt es nicht.