Mit seinem zweiten Streich wird Sarrazin zwar nicht so polarisieren können wie mit dem Erstling «Deutschland schafft sich ab», ein Bestseller ist dieses Buch trotzdem jetzt schon. Der umstrittene Autor legt sein Augenmerk diesmal auf die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Eurozone.
Schon nur der Titel stösst auf offene Ohren, ist die These vom unbrauchbaren Euro doch so neu auch wieder nicht. Der offensiv-provokante Ton des Vorgängers ist einem (weitgehend) bewusst analytischen gewichen. Viele Ausführungen leuchten ein, auch weil man das eine oder andere schon anderweitig gelesen hat.
Das Buch fasst zusammen, wie die Einheitswährung entstand, sich entwickelte und wo sie zurzeit steht. Wenn man sich weniger mit Wirtschaft beschäftigt und etwas zur Entstehung der Krise lesen möchte, hilft dieses Buch durchaus. Problematisch ist nur, dass schlussendlich Sarrazins politische Gesinnung doch ein wenig durchscheint, wenn auch dezent.
Da kratze ich mich zum Beispiel am Kopf, wenn ich lese, dass gewisse südeuropäische Staaten aufgrund ihrer natürlichen Mentalität und kulturellen Entwicklung nicht vernünftig mit ihren Staatsbudgets umgehen können. Würde man diese Passagen weglassen, hätte man ein informatives und eingängiges Buch.
Insgesamt jedoch enttäuscht Sarrazin «seine» Leserschaft sicherlich, denn populistisches Gepolter lässt er diesmal fast vollständig aussen vor, während er für das Lager der Kritiker wiederum zu wenig Tiefe bietet, um dieses verstummen zu lassen. Wodurch der Titel dann eben doch zu einem gewissen Grad polarisiert.
Thilo Sarrazin – Europa braucht den Euro nicht
ISBN 9783421045621
Erhältlich bei Thalia Bücher, Freie Strasse 32, Basel