The Beatles: Sie wollten nur spielen

«Eight Days a Week: The Touring Years» will den Millennials das Phänomen Beatles näher bringen – und verzichtet dabei grosszügig auf zwei Drittel von Sex & Drugs & Rock ’n‘ Roll.

Am Anfang war alles noch leicht, sagt Paul McCartney rückblickend, und diese Leichtigkeit hört und sieht man den Beatles bei ihren frühen Auftritten an.

«Yeah, yeah, yeah» schmettern die Buben ins schmachtende Publikum, verbeugen sich artig, und weiter geht der Eroberungszug durch die Herzen der Teenager. Von 1962 bis 1966 trat die Band aus Liverpool 815 Mal in 15 Ländern auf. Sie gab das erste Stadionkonzert überhaupt und stürmte weltweit die Charts – Fab Four indeed.

«Eight Days a Week» von Ron Howard («The Da Vinci Code») bringt die «Touring Years» der Beatles noch einmal als Dokumentarfilm auf die Leinwand, und es ist zuallererst einmal ein schönes Wiedersehen mit den charmantesten Anzugträgern des 20. Jahrhunderts. Und was für Musiker das erst waren!

Im Anschluss an den Dokumentarfilm wird der halbstündige Konzertmittschnitt «The Beatles at Shea Stadium» gezeigt, in dem die Band New York mit ihrer Spielfreude zur Raserei brachte. 

Im Panzerwagen zum Konzert

Aufgewachsen in den Bombenkratern des Zweiten Weltkrieges, fanden die vier Jugendlichen aus der Arbeiterklasse zu einer Ersatzfamilie zusammen, die der zahlreichen, aber vernachlässigten Generation der Babyboomer gab, was sie wollte: Love, love, love.

An Archivmaterial fehlt es dem ausdauerndsten Liebeswerben der Musikgeschichte nicht, zumal die Filmemacher über die sozialen Medien nach bislang unbekannten Aufnahmen forschten: Die Resonanz war so gross, dass eigens eine Telefonzentrale eingerichtet wurde.

«Eight Days a Week» dokumentiert beinahe lückenlos, wie die Musiker im Akkord Süssholz raspelten – und dabei den Spass verloren. Denn Lieder von innovativen Alben wie «Rubber Soul» oder «Revolver», deren Chart-Platzierungen im Film wie Fieberkurven in die Höhe schiessen, waren auf der Bühne nie zu hören: Die Raffinesse der Studio-Aufnahmen hatte vor einem kreischenden Publikum keine Chance.

Den traurigen Tiefpunkt bildete das letzte Live-Konzert in San Francisco vor 50 Jahren, als die Beatles nach dem Auftritt vor Zehntausenden von Zuschauern mit einem Panzerwagen aus dem Baseball-Stadion gekarrt wurden. Während die Fab Four in dem leeren Gefährt auf ihren Hosenböden herumschlitterten, fassten sie den Entschluss: Nie wieder.

Kaum Überraschungen 

«The band you know, the story you don’t», heisst es im Untertitel zu Ron Howards Dokumentarfilm. Das ist ziemlich vollmundig, bedenkt man die Flut an Publikationen, zu der etwa auch die erschöpfende Dokumentationsserie «Anthology» gehört, die 1995 erstmals im Fernsehen ausgestrahlt wurde: Wer sich für die Beatles interessiert, wird von «Eight Days a Week» kaum überrascht werden.

Dabei könnte die zeitliche Beschränkung auf die Tourneejahre der Beatles und besonders der Schwerpunkt auf die US-amerikanischen Schauplätze ein Vorteil sein: Die atemlose Berichterstattung des Fernsehreporters Larry Kane, der die Band während Monaten als «eingebetteter» Journalist durch den Fan-Belagerungszustand begleitete, unterstreicht die subversive Note der Beatlemania eindrücklich.



«One, two, three, four»: die Beatles.

Allerdings ist der Film von seiner maximalen Authentizität so bedröhnt, dass die Beatles erneut zu Gästen in ihrer eigenen Show zu werden drohen. Der Lärm zufälliger «Experten»-Interviews, in denen die Band etwa mit Mozart verglichen wird, hilft da nicht weiter.

Auffällig auch, was «Eight Days a Week» ausklammert: Bob Dylans Hasch-Zigaretten werden erwähnt, Aufputschmittel und LSD nicht; Ehefrauen ja, aber keine Groupies. Kein Wort zum Drogentod ihres Mentors und Produzenten Brian Epstein, kein Elvis, der die Beatles wegen «antiamerikanischer Umtriebe» anschwärzte. Viel Kumpanei, kaum Konflikte.

Die erste Boygroup der Welt

Man habe die Beatles den Millennials in Erinnerung rufen wollen, schreiben die Filmemacher im Presseheft: Als ob sich die Millennials nicht auch für Sex & Drugs & laute Musik interessierten. Zu sehen bekommen sie stattdessen die «erste Boygroup der Welt», die das Pech hatte, sich ihre Fans nicht mittels Facebook vom Leib halten zu können.

Dass da noch mehr war, weiss natürlich auch Ron Howard. Eine schwarze Historikerin beschreibt in «Eight Days a Week», wie sie dank den Fab Four erstmals mit Weissen ein Konzert in den Südstaaten besuchen durfte: Die Musiker hatten vertraglich festgelegt, dass sie nicht vor einem rassengetrennten Publikum auftreten würden.

«Wir wollten nur für Menschen spielen, das war alles», sagt George Harrison im Film. So haben die Beatles eben nicht nur Rekorde und Herzen beflügelt, sondern auch den Glauben an eine bessere Welt. Peace!  

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