Theater in deinem Körper

In Bernhard Mikeskas «Departure :: Basel SBB» gibt es keine Darbietung. Man selbst ist Akteur, ohne ein Wort zu sprechen. Das geht unter die Haut – denn das Theater ist im eigenen Körper.

Mitten im Getümmel des Bahnhofs demonstrativ herumstehen ist gewöhnungsbedürftig. Und tut sehr bald sehr gut. (Bild: Donata Ettlin)

In Bernhard Mikeskas «Departure :: Basel SBB» gibt es keine Darbietung. Man selbst ist Akteur, ohne ein Wort zu sprechen. Das geht unter die Haut – denn das Theater ist im eigenen Körper.

Böse Zungen würden sagen: Bühne war gestern. Warten, bis die Schauspieler auftreten. Erwartungsgemäss einen gesprochenen Text anhören. Zuschauer sein.

Anders bei Bernhard Mikeskas «Departure :: Basel SBB». Für die Tour durch den Bahnhof gibt es verschiedene Ausgangspunkte, die bei Reservation mitgeteilt werden. Man startet allein, zehn Minuten nach und vor dem nächsten, und übergibt sich 40 gleichermassen langen und vorbeirauschenden Minuten der Stimme aus einem Kopfhörer (Oriana Schrage und Wowo Habdank). An einem der Ausgangspunkte spricht sie einem ins Ohr: «Du siehst die gefalteten Servietten auf den Tischen. Du siehst die routinierte Arbeit der Bedienung. Du stehst auf, gehst durch die Tür. Du nimmst die Brücke über die Gleise. Erreichst die Mitte. Schaust hinunter und denkst für einen Augenblick die Möglichkeit von Tod.»

Schau!

Diese Form von freiem Theater ist nicht neu, schon gar nicht für die Kaserne Basel oder den regelmässig dort arbeitenden Mikeska. Trotzdem kann man fragen: Ist das Wort Theater passend? Mehr denn je. In ihm steckt das griechische «theomai», was «schauen» heisst. Und «Schau!» ist die Losung des Stückes. Bernhard Mikeska schickt uns durch den Bahnhof SBB, lenkt unsere Schritte, unseren Blick und unsere Gedanken.

Man wird Zuschauer seiner selbst, weil sich in der eigenen Person eine fremde Geschichte abspielt. Diese ist einfach: Am Morgen hat ein Date uns versetzt, jetzt brüten wir im Gefühl der Leere und streifen durch den Bahnhof auf der Suche nach irgendwas, von dem wir selber nichts wissen. Man legt seinen Körper in die Geschichte und die Geschichte legt sich in den Körper. Es gibt nichts zu deuten und nichts zu verstehen. Denn man hört die Geschichte nicht an, man probiert sie. Man bezieht sie nicht auf eigene Erfahrungen, man durchläuft sie.

Genug geredet. Das Einfache ist schwer zu bereden. Und die Einfachheit dieses «Theaters» ist der Clou. Einfach hingegehen.

Tipp: Das Stück bezieht sich auf den Kurzfilm «La Jetée» von Chris Marker, den man hier anschauen kann.

Tipp 2: Velo am Bahnhof abstellen. Der Weg ohne Kopfhörer zurück zum Ausgangspunkt ist öde. Ausser es sollte sich gefügt haben, dass man unterdessen eine Begleitung an der Seite hat.

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«Departure :: Basel SBB»: Noch bis Sonntag, 23. Februar. Start alle zehn Minuten zwischen 19 und 20:30 Uhr. Kurzentschlossene mögen sich direkt im Restaurant Bundesbähnli einfinden (Hochstrasse 59, 4053).
kaserne-basel.ch

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